Der Esper und die Stadt
Möwe geschlossen hatte. Ich kletterte an den steilen Trägern abwärts und ging dabei vorsichtig zu Werke. Ich tastete mit Fingern und Zehen und fand eine Eisenleiter, die an der Turmecke angebracht war. Ich kletterte auf dem schnellsten Weg nach unten und gelangte an einen Farbenschrank und ein Telefon. Etwa drei Meter oberhalb der Fahrbahn sah ich den Radfahrern und Fußgängern zu, als ich die Rettungsbrigade anwählte und Judd Oslow verlangte.
„Chef, ich hab’s satt, Urlaub zu machen.“
„Heute morgen sahen sie wie eine Leiche aus. Wie lange haben Sie gestern nacht gearbeitet?“
„Halb vier.“
„Irgendwas über Carl Hodges rausgekriegt?“
„Kaum was.“ Ich sah den summenden Hubschraubern und Flugzeugen zu, die hoch über mir am Himmel kreuzten. Ich war nicht sonderlich wild darauf, über mein Versagen in der letzten Nacht zu reden.
„Wo sind Sie jetzt?“
„In einem Anstreicher-Krähennest auf der George-Washington-Brücke.“
„Ist das Ihre Art von Ausruhen – eine Brücke zu besteigen?“
„Ich bin weg von den Leuten. Ich klettere gern.“
„Okay, Ihre Sache. Sie sind in der Nähe des Presbyterian Medical Center. Melden Sie sich dort auf dem Büro der Brigade und füllen Sie die Berichte für die letzte Woche aus. Für ein paar Dinge, die Sie erledigt haben, würden wir Sie möglicherweise gerne bezahlen. Die Auskunftsdame wird Ihnen beim Ausfüllen der Formulare helfen. Sie wird Ihnen sicher gefallen, George. Sie hat nichts gegen Bürokram. Geben Sie ihr die Chance, Ihnen zu helfen.“
Die hübsche Sekretärin mit dem rundlichen Gesicht und dem lockigen Haar freute sich gar nicht, mich wiederzusehen. Sie hörte auf zu lächeln und beendete ihr Gespräch mit den anderen Büroleuten. Dann war sie nur noch geschäftsmäßig. „Ja? Was kann ich für Sie tun, Mr. Sandford?“
Nach dem gestrigen Wirrwarr wollte ich gern, daß sie besser von mir dachte. „Ich schreibe mich S-a-n-f-o-r-d. Meine Postadresse ist die Karmische Bruderschaft auf der Neunten Avenue, zwischen der 17. und 18. Straße. Ich möchte einen Bericht machen, und zwar über eine Arbeit, die ich gestern erledigte, nachdem ich hier war.“
Sie füllte flink den Kopf eines Standardformulars aus und wirkte richtig glücklich. Man muß einem Mädel nur etwas geben, das es für einen erledigen kann.
„Was haben Sie für einen Dienstgrad?“
„Spezialist, Kategorie J. Berater. Bei der Rettungsbrigade.“
„Wen beraten Sie?“
„Ahmed Kosvakatats, nehme ich an. Ich habe für ihn gearbeitet, um ihn aufzuspüren, aber ich konnte nicht mit ihm reden. Er war vermißt.“
Sie hörte mit dem Tippen auf und sah mich unerbittlich an. „Wer erteilte Ihnen den Auftrag zu dieser Tätigkeit, Mr. Sanford?“
„Judd Oslow, der Chef der Rettungsbrigade. Aber ich habe ihn angerufen. Ich rief ihn um zehn Uhr an, und da erzählte er mir, daß Ahmed vermißt wurde. Da fing ich an. Ich war fertig gegen vier.“
Sie tippte überhaupt nichts davon nieder. Sie wurde blaß, biß sich auf die Oberlippe und strahlte schlechte Vibrationen aus. Ich glaube, sie hatte Angst davor, so wütend zu werden, wie sie gerne geworden wäre. Dann sagte sie mit roboterhafter Stimme: „Wen haben Sie zwischen zehn und vier Uhr beraten – oder von wem wurden Sie in dieser Zeit konsultiert?“
Da versuchte ich ihr Tatsachen zu geben, und nichts davon schien in die blöden kleinen Spalten ihrer Vordrucke hineinzupassen. „Ich bin eine Menge herumgelaufen und habe nachgedacht; dann hatte ich allerhand zu klettern. Ich mußte auch eine Zeitlang warten. Dann fesselte ich eine Geisel, Akbar Hisham; später mußte ich ihn schleppen und wieder klettern. All das war Schwerarbeit; Arbeit für die Rettungsbrigade. Aber der
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