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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ganzen feministischen Mist abgefahren. Recht so. Gebt Afrika den Frauen, und vielleicht läuft der Laden dann sogar.«
    Mildren kam herein, ohne anzuklopfen.
    »Anruf vom Protokoll, Sir. Tessas Leiche ist soeben in der Leichenhalle des Krankenhauses eingetroffen. Man bittet um sofortige Identifizierung. Und die Presseagenturen schreien nach einer offiziellen Erklärung.«
    »Wie zum Teufel haben sie es geschafft, sie so schnell nach Nairobi zu bringen?«
    »Geflogen.« Woodrow erinnerte sich an Wolfgangs abstoßende Bemerkung, man müsse die Leiche wohl in Stücke schneiden, um sie in einen Laderaum zu bekommen.
    »Wir geben keine Erklärung ab, bevor sie nicht identifiziert ist«, schnauzte Coleridge.
    ***
    Woodrow und Justin machten sich gemeinsam auf den Weg. Nebeneinander hockten sie auf der Holzbank des gesandschaftseigenen VW-Transporters mit den getönten Scheiben. Livingstone fuhr, sein wuchtiger Kikuyu-Partner Jackson hatte sich neben ihn auf den Vordersitz gezwängt, um gegebenenfalls seine Körperkraft zum Einsatz zu bringen. Der Verkehrswahnsinn befand sich auf dem Höhepunkt. Überfüllte Matutu-Kleinbusse preschten an beiden Seiten laut hupend an ihnen vorbei, stießen Abgaswolken aus und wirbelten Sand und Staub auf. Livingstone gelang die Durchfahrt durch einen Kreisverkehr, dann hielt er vor einem gemauerten Eingangstor, um das Gruppen von Männern und Frauen standen, die sich singend hin- und herwiegten. Woodrow hielt sie zunächst für Demonstranten und wollte schon seinem Ärger Luft machen, als ihm aufging, dass es sich um Trauernde handelte, die darauf warteten, die Leichen ihrer Angehörigen in Empfang nehmen zu können. Rostige Transporter und Autos mit roten Trauerbändern parkten erwartungsvoll am Straßenrand.
    »Es ist wirklich nicht nötig, dass Sie mitkommen, Sandy«, sagte Justin.
    »Selbstverständlich ist es das«, erwiderte der Soldatensohn edelmütig.
    Ein Pulk von Polizisten und Männern in bespritzten weißen Overalls, denen der Arztberuf anzusehen war, wartete an der Tür, um sie zu begrüßen. Sie alle hatten nur ein einziges Ziel: einen guten Eindruck zu machen. Einer stellte sich als Inspektor Muramba vor und schüttelte entzückt lächelnd den beiden vornehmen Herren vom britischen Hochkommissariat die Hand. Ein Asiate im schwarzen Anzug erwies sich als der Stabsarzt Dr. Banda Singh, stets zu Ihren Diensten. Rohrleitungen an den Decken begleiteten sie auf ihrem Weg durch einen feuchten Betonkorridor, der von überquellenden Papierkörben gesäumt war. Über die Rohre werden die Kühlfächer mit Strom versorgt, überlegte Woodrow, aber die Kühlfächer funktionieren nicht, weil der Strom ausgefallen ist und die Leichenhalle keinen eigenen Generator hat. Dr. Banda ging voran, aber Woodrow hätte sich auch allein zurechtgefunden. Links abbiegen, und der Geruch verliert sich, rechts herum, und er wird stärker. Der gefühllose Teil von ihm hatte wieder die Oberhand gewonnen. Soldatenpflicht ist es, Flagge zu zeigen, nicht Gefühle. Pflicht . Warum hat sie mich immer an meine Pflicht erinnert? Woodrow fragte sich, was nach altem Aberglauben mit einem Möchtegern-Ehebrecher geschah, der die Leiche jener Frau betrachtet, die er begehrt hat. Dr. Banda führte sie eine kleine Treppe hinauf, und sie betraten eine unbelüftete Empfangshalle, wo der Geruch des Todes alles zu durchdringen schien.
    Vor einer rostigen Stahltür blieben sie stehen. Dr. Banda klopfte gebieterisch. Vier-, fünfmal hämmerte er in regelmäßigen Abständen an die Tür, als müsse er sich an einen Code halten, und wippte dabei auf den Fersen. Mit lautem Quietschen öffnete sich die Tür ein Stück weit, und dahinter kamen die abgespannten, besorgten Gesichter dreier junger Männer zum Vorschein. Beim Anblick des Stabsarztes aber wichen sie zurück, so dass dieser an ihnen vorbeischlüpfen konnte. Woodrow, der noch in der stinkenden Halle stand, wurde die höllische Vision zuteil, man hätte den Schlafsaal seines Internats mit sämtlichen Aidstoten der Geschichte belegt. Ausgezehrte Leichen lagen paarweise auf den Betten und mehr noch auf dem Fußboden dazwischen, einige von ihnen bekleidet, andere nackt, manche auf dem Rücken, andere auf der Seite. Wieder andere hatten die Knie angezogen im vergeblichen Versuch, sich selbst zu schützen, oder den Kopf wie aus Protest zurückgeworfen. Über ihnen hingen in einem wabernden, trüben Nebel Trauben von Fliegen, alle in derselben Tonlage schnarchend.
    In der

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