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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Köpfe Elektrozäune verordnet, die nicht nur mit Stacheldrahtrollen aufgerüstet waren, sondern auch mit leistungsstarken Scheinwerfern, die die ganze Nacht hindurch strahlten. In Muthaiga gibt es eine Hackordnung in Fragen der Sicherheit, wie in vielen anderen Fragen auch. Die bescheidensten Häuser haben Flaschenscherben auf den Mauern, die mittelprächtigen immerhin Stacheldraht. Die Sicherheit des diplomatischen Adels aber ist allein durch Eisentore, elektrische Zäune, Bewegungsmelder und grelle Scheinwerfer zu gewährleisten.
    Das Haus der Woodrows war dreigeschossig. Die zwei oberen Stockwerke bildeten den von den Sicherheitsdiensten so genannten sicheren Hafen, der durch ein Stahlfaltgitter auf dem ersten Treppenabsatz geschützt wurde, für das nur die Eltern Woodrow einen Schlüssel besaßen. Und in der Gästesuite im Erdgeschoss – die Woodrows bezeichneten es wegen der Hanglage des Hauses als Untergeschoss – befand sich ein weiteres Gitter zur Gartenseite hin, um den Woodrows Schutz vor der eigenen Dienerschaft zu bieten. Das Untergeschoss hatte zwei Räume, die, streng weiß getüncht und mit Gittern vor den Gartenfenstern, entschieden an ein Gefängnis erinnerten. Gloria hatte sie jedoch in Erwartung ihres Gasts mit Rosen aus dem Garten und einer Leselampe aus Sandys Ankleidezimmer herausgeputzt. Den Fernsehapparat und das Radiogerät der Bediensteten hatte sie dazugestellt; denen tat es sicher gut, mal eine Weile darauf zu verzichten. Zwar war es dadurch noch immer kein Fünf-Sterne- Hotel – wie sie ihrer Busenfreundin Elena, der englischen Gattin eines butterweichen griechischen Beamten bei den Vereinten Nationen, anvertraute –, doch wenigstens würde der arme Mann die Tür hinter sich zumachen können, wenn ihm danach war, und das war doch das Mindeste , wenn man so einen Verlust zu beklagen hatte, nicht wahr, El, und Gloria selbst war es genauso gegangen, als Mami starb, aber andererseits haben Tessa und Justin eine – nun ja, eine wirklich unkonventionelle Ehe geführt, wenn man es so nennen kann – obwohl ihrer, Glorias, bescheidenen Ansicht nach nicht bezweifelt werden konnte, dass echte Zuneigung im Spiel war, von Justins Seite jedenfalls, was es allerdings von Tessas Seite war – also ganz ehrlich, El, das weiß Gott allein, wir werden es jedenfalls nie erfahren.
    Worauf Elena, mehrfach geschieden und weltgewandt – beides im Gegensatz zu Gloria –, bemerkte: »Na, dann nimm mal lieber dich und deinen süßen kleinen Arsch in acht, Liebes. Frisch verwitwete Playboys können nämlich ganz schön scharf sein.«
    ***
    Gloria Woodrow war eine jener vorbildlichen Diplomatengattinnen, die entschlossen sind, stets die gute Seite der Dinge zu sehen. Und war einmal keine gute Seite in Sicht, lachte sie herzlich auf und sagte: »Tja, da haben wir’s!« – was das Signal für alle Betroffenen sein sollte, zusammenzuhalten und die Unannehmlichkeiten des Lebens ohne Klage auf sich zu nehmen. Sie war ein loyales Produkt der Privatschulen, die sie besucht hatte und die sie regelmäßig über ihr Fortkommen im Leben auf dem Laufenden hielt. Ebenso begierig verschlang sie jede Neuigkeit über ihre Klassenkameradinnen. Zu jedem Schuljubiläum schickte sie ein humorvolles Glückwunschtelegramm, oder auch, in jüngerer Zeit, eine humorige E-Mail, meistens in Versform, damit nur ja nicht in Vergessenheit geriet, dass sie einst den Lyrikpreis der Schule gewonnen hatte. Sie war auf eine geradlinige Art attraktiv und berühmt für ihre Redseligkeit, zumal in Situationen, in denen es nicht viel zu sagen gab. Und sie hatte diesen eigentümlich eirigen, hässlichen Gang, wie ihn sonst nur die Damen des englischen Hochadels kultivieren.
    Dennoch war Gloria Woodrow nicht von Natur aus dumm. An der Universität von Edinburgh hatte man sie vor achtzehn Jahren zu den Begabteren ihres Jahrgangs gezählt, und es hieß, sie hätte, wäre sie nicht so sehr von Woodrow vereinnahmt worden, einen sehr anständigen Abschluss in Politik und Philosophie hinlegen können. In den Jahren darauf freilich hatten Ehe, Mutterschaft und die Unstetigkeit des Diplomatenlebens alle Ambitionen verschüttet, die sie noch gehegt haben mochte. Manchmal schien es zu Woodrows geheimem Kummer so, als hätte sie ihren Verstand bewusst zur Ruhe gebettet, um ihre Rolle als Ehefrau um so perfekter auszufüllen. Gleichzeitig war er ihr dankbar für dieses Opfer und fand es beruhigend, dass sie von seinen geheimen Gedanken nicht die geringste

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