Der ewige Gaertner
Und woher weiß ich das? »Ungefähr«, ergänzte er.
»Sie sah aus wie achtzehn. Justin, der arme Kerl, mit seinen Blumen …«
»Ich weiß«, sagte Woodrow wieder.
»Weiß Ghita Bescheid?«
»Zum Teil.«
»Was zum Teufel wird er jetzt bloß machen? Er hat ja nicht mal beruflich Aussichten. Die wollten ihn doch rauswerfen, sobald der Dienst hier vorbei war. Hätte Tessa ihr Baby nicht verloren, hätten sie ihn längst vor die Tür gesetzt.« Des Stillstehens müde, stapfte Coleridge in einen anderen Teil des Zimmers. »Rosie hat letzten Samstag eine zwei Pfund schwere Forelle gefangen«, trompetete er vorwurfsvoll. »Was sagt man dazu? «
Coleridge hatte die Angewohnheit, mit überraschenden Wendungen Zeit zu schinden.
»Großartig«, murmelte Woodrow beflissen.
»Tessa wäre total begeistert gewesen. Hat immer gesagt, dass Rosie es schaffen würde. Und Rosie hat sie angebetet.«
»Ganz bestimmt.«
»Wollte den Fisch allerdings nicht essen. Das ganze Wochenende mussten wir das Ding am Leben halten. Haben es schließlich im Garten begraben.« Das Straffen der Schultern zeigte an, dass es jetzt wieder zur Sache ging. »Die Angelegenheit hat einen Hintergrund, Sandy. Einen verdammt schmutzigen.«
»Das ist mir völlig klar.«
»Dieser Scheißer Pellegrin hat schon angerufen und was von Schadensbegrenzung geblökt.« – Sir Bernard Pellegrin, Apparatschik im Außenministerium mit besonderer Zuständigkeit für Afrika, war Coleridges Erzfeind. »Wie zum Teufel sollen wir den Schaden begrenzen, wenn wir noch nicht mal wissen, was da für ein verdammter Schaden angerichtet wurde? Hat ihm seine Tennisstunde versaut, schätze ich.«
»Sie war vor ihrem Tod vier Tage und Nächte mit Bluhm zusammen.« Mit einem raschen Blick überzeugte sich Woodrow, dass die Tür richtig zu war. »Soweit zum möglichen Schaden. Die beiden waren in Loki, dann am Turkanasee. Sie haben eine Hütte und weiß der Himmel was noch miteinander geteilt. ’ne Menge Leute haben sie zusammen gesehen.«
»Danke. Vielen Dank. Genau das hatte mir noch gefehlt.« Coleridge stopfte die Hände tief in seine ausladenden Hosentaschen und schritt unruhig auf und ab. »Wo zum Teufel ist Bluhm überhaupt?«
»Es heißt, es wird überall nach ihm gesucht. Zuletzt gesehen wurde er an Tessas Seite im Jeep bei der Abfahrt zur Leakey-Grabung.«
Coleridge schritt zum Schreibtisch, ließ sich auf den Stuhl fallen und lehnte sich mit weit ausgebreiteten Armen zurück. »Dann war es also der Butler«, stellte er fest. »Bluhm hat seine gute Erziehung vergessen, ist durchgedreht, hat die beiden ’nen Kopf kürzer gemacht und Noahs gleich als Souvenir eingesteckt. Dann hat er den Jeep auf die Seite gekippt, ihn abgeschlossen und ist getürmt. Na sicher, würden wir doch alle tun. Scheiße .«
»Sie kennen ihn so gut wie ich.«
»Nein, tu ich nicht. Ich halte mich von ihm fern. Ich mag keine Filmstars bei Hilfsorganisationen. Wo zum Teufel ist er hin? Wo ist er jetzt?«
Vor Woodrows innerem Auge flackerten Bilder auf. Bluhm, der Vorzeigeafrikaner für die westliche Welt, der bärtige Apollon der Cocktailpartys von Nairobi, charismatisch, witzig, attraktiv. Bluhm und Tessa Seite an Seite, den Gästen die Hände schüttelnd, während Justin, der Schwarm aller alternden Debütantinnen, mit breitem Strahlen die Drinks verteilt. Dr. med. Arnold Bluhm, ehemaliger Held des Algerienkriegs, sitzt im Vortragssaal der Vereinten Nationen auf dem Podium und hält eine Rede über medizinische Sofortmaßnahmen in Katastrophensituationen. Bluhm, kurz vor Ende der Party zusammengesunken auf einem Stuhl; er wirkt verloren und erschöpft, hat alles, was es wert wäre über ihn zu wissen, klaftertief in sich vergraben.
»Ich konnte die beiden nicht nach Hause schicken, Sandy«, sagte Coleridge mit der festen Stimme eines Mannes, der sein Gewissen befragt und dort Bestätigung gefunden hat. »Ich habe es nie als meine Aufgabe angesehen, die Karriere eines Mannes zu zerstören, nur weil seine Frau gern die Beine breit macht. Wir haben ein neues Jahrtausend. Es muss den Leuten gestattet sein, ihr Leben zu ruinieren, wie sie es für richtig halten.«
»Selbstverständlich.«
»Sie hat verdammt gute Arbeit geleistet da draußen in den Slums, egal, was man im Muthaiga Club über sie sagt. Sie mag Mois Leuten ziemlich auf den Wecker gegangen sein, aber die Afrikaner, auf die es ankommt, haben sie geliebt. Alle.«
»Ohne Frage«, stimmte Woodrow zu.
»Gut, sie ist auf diesen
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