Der ewige Gaertner
– belassen wir es dabei.«
***
Damals hatte er ihr gehorcht. Nun aber nicht mehr. Wieso doppelt? , fragte er sich.
Einfaches Risiko bedeutet Arnolds Ehebruch. Aber doppelt? Worauf bezieht sich das? Auf seine Rasse? Arnold wird diskriminiert wegen seines angeblichen Ehebruchs und wegen seiner Rasse? Also eine doppelte Diskriminierung?
Möglich.
Es sei denn.
Es sei denn, hier spricht einmal mehr die scharfäugige Anwältin in ihr: die Anwältin, die eher eine Todesdrohung ignorierte, als dass sie ihr Streben nach Gerechtigkeit aufgab.
Es sei denn, das erste Vorurteil richtete sich nicht gegen einen Schwarzen, der angeblich mit einer verheirateten Weißen schlief, sondern allgemein gegen Homosexuelle, zu denen Bluhm – auch wenn seine Gegner das nicht wussten – gehörte .
In einem solchen Fall hätte die scharfäugige, warmherzige Anwältin wie folgt argumentiert:
Risiko Nummer eins : Arnold ist homosexuell, aber die hiesigen Vorurteile erlauben ihm nicht, das einzugestehen. Würde er es eingestehen, könnte er sein soziales Engagement nicht fortsetzen, da Moi Nicht-Regierungsorganisationen ebenso verabscheut wie er Homosexuelle hasst, und Arnold im günstigsten Fall aus dem Land werfen würde.
Risiko Nummer zwei : Arnold ist gezwungen, ein Leben im Verborgenen zu führen (siehe den unfertigen Zeitungsartikel von?). Statt sich zu seiner Sexualität zu bekennen, muss er die Rolle des Playboys spielen und zieht so die für rassenüberschreitenden Ehebruch reservierte Kritik auf sich.
Folglich: doppeltes Risiko.
Und warum, fragte er den Ölraum, kann Tessa auch dieses Geheimnis ihrem geliebten Ehemann nicht anvertrauen, warum überlässt sie ihn stattdessen seinen Zweifeln, ehrenrührigen Verdächtigungen, die er weder zugeben will noch kann, noch darf, nicht einmal sich selbst gegenüber?
Ihm fiel der Name des indischen Restaurants ein, das sie so sehr gemocht hatte. Haandi.
* **
Die Wogen der Eifersucht, die Justin so lange zurückgehalten hatte, schlugen plötzlich über ihm zusammen, verschlangen ihn. Aber es war eine neue Art von Eifersucht: Eifersucht, dass Tessa und Arnold auch noch dieses Geheimnis vor ihm gehabt hatten, zusammen mit all ihren anderen Geheimnissen; dass sie ihn bewusst von ihrem heiß geliebten Zweierzirkel ausgeschlossen hatten, sodass er ihnen nur nachstarren konnte wie ein verzweifelter Voyeur, ohne – trotz all ihrer Beteuerungen – je sicher zu sein, dass es dort gar nichts zu sehen gab und nie etwas zu sehen geben würde; dass zwischen ihnen, wie Ghita Rob und Lesley hatte erklären wollen, ehe sie dann davor zurückschreckte, niemals Funken fliegen würden; dass ihre Beziehung nichts anderes war als genau die Art geschwisterlicher Freundschaft, von der Justin Ham gegenüber gesprochen hatte, ohne im Grunde seines Herzens vollkommen davon überzeugt zu sein.
Ein perfekter Mann – so hatte Tessa Bluhm einmal genannt. Selbst Justin, der Skeptiker, hatte nie anders über ihn gedacht. Ein Mann, der den homoerotischen Nerv in uns allen berührt, hatte er Tessa gegenüber einmal unschuldig bemerkt. Schön und gewinnend. Höflich zu Freunden wie Fremden. Schön von seiner rauchigen Stimme bis zu dem wohlgerundeten, eisengrauen Bart und den großen afrikanischen Augen, die nie umherwanderten, wenn er mit jemandem sprach. Schön in den sparsamen, aber präzisen Gesten, die seine einleuchtenden, trefflich vorgetragenen, intelligenten Ansichten unterstrichen. Schön von den wohlgeformten Knöcheln bis zu dem federleichten, graziösen Körper, fit und geschmeidig wie der eines Tänzers und ebenso diszipliniert in seiner Körperbeherrschung. Nie aufdringlich, nie unvorbereitet, nie harsch, obwohl er auf jeder Party und jeder Versammlung mit Leuten aus der westlichen Welt zusammentraf, die so unwissend waren, dass Justin sich an ihrer Stelle für sie schämte. Sogar die alten Herrschaften im Muthaiga sagten es: Dieser Bluhm, mein Gott, Schwarze wie ihn hat es zu unserer Zeit nicht gegeben, kein Wunder, dass Justins junge Frau für ihn entflammt ist.
Warum also im Namen von allem, was heilig ist, hast du mich nicht von meinen Qualen erlöst?, herrschte er sie wütend an.
Weil ich dir vertraut und von dir ebensolches Vertrauen erwartet habe .
Warum hast du mir nichts gesagt, wenn du mir vertraut hast?
Weil ich das Vertrauen von Freunden nicht missbrauche und von dir verlange , dass du das respektierst und mich dafür bewunderst . Grenzenlos und allezeit .
Weil ich Anwältin bin .
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