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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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nun, Sie kommen nach oben, wann immer Ihnen danach ist, nicht wahr, mein Lieber? Abendessen ist um acht, theoretisch jedenfalls. Ein kleiner Drink vorher, wenn Sie Lust haben. Tun Sie einfach, was Sie möchten. Oder auch gar nichts. Weiß der Himmel , wann Sandy zurück sein wird.« Dankbar begab sie sich nach oben in ihr Schlafzimmer, duschte, zog sich um und erneuerte ihr Make-up, bevor sie bei den Jungen vorbeischaute, die über ihren Hausaufgaben saßen. Eingeschüchtert von der Gegenwart des Todes, waren sie eifrig bei der Arbeit, oder taten jedenfalls so.
    »Sieht er schrecklich traurig aus?«, fragte Harry, der Jüngere.
    »Ihr werdet ihn morgen sehen. Seid höflich und ernst in seiner Gegenwart, verstanden? Mathilda macht euch ein paar Hamburger. Ihr esst sie im Spielzimmer, nicht in der Küche, klar?« Ein P.S. platzte aus ihr heraus, unwillkürlich, ohne dass sie darüber nachgedacht hatte: »Er ist ein feiner, sehr tapferer Mann, und ihr müsst ihn mit großem Respekt behandeln.«
    Als sie hinunter in den Salon kam, war sie überrascht, Justin bereits dort vorzufinden. Er hatte nichts gegen einen ordentlichen Whisky-Soda einzuwenden; sich selbst schenkte sie ein Glas Weißwein ein und ließ sich in einem der Sessel nieder, Sandys Sessel eigentlich, aber sie konnte jetzt nicht an Sandy denken. Für Minuten – sie hatte keine Ahnung, wie viele es in Echtzeit waren – sprachen beide kein Wort, doch das Schweigen knüpfte ein Band zwischen ihnen, das Gloria umso deutlicher empfand, je länger es andauerte. Justin nippte an seinem Whisky, und sie bemerkte mit Erleichterung, dass er nicht Sandys enervierende neue Angewohnheit aufgegriffen hatte, die Augen zu schließen und die Lippen zu schürzen, als wolle er den Whisky verkosten. Mit dem Glas in der Hand trat er ans große Flügelfenster, schaute hinaus in den lichtdurchfluteten Garten – zwanzig 150-Watt-Birnen waren an den Hausgenerator angeschlossen und ließen eine Hälfte seines Gesichts hell aufleuchten.
    »Das ist es vielleicht, was alle denken«, bemerkte er plötzlich, an eine Unterhaltung anknüpfend, die sie nicht geführt hatten.
    »Was denn, mein Lieber?« Gloria war nicht sicher, ob sie sich angesprochen fühlen durfte, fragte aber dennoch, da er offensichtlich jemanden zum Reden brauchte.
    »Dass man als jemand geliebt wurde, der man gar nicht war. Dass man eine Art Betrüger ist. Ein Liebesdieb.«
    Gloria hatte keine Ahnung, ob es das war, was alle dachten; für sie stand jedoch außer Zweifel, dass niemand so denken sollte. »Natürlich sind Sie kein Betrüger, Justin«, sagte sie entschieden. »Sie sind einer der aufrichtigsten Menschen, die ich kenne, und das sind Sie immer gewesen. Tessa hat Sie angebetet, und zwar völlig zu Recht. Sie durfte sich wirklich sehr glücklich schätzen.« Und was den Liebesdiebstahl angeht, dachte sie – na, dreimal darf man raten, wer bei den beiden der Liebesdieb gewesen ist!
    Justin reagierte nicht auf dieses eilfertig vorgebrachte Lob, jedenfalls nicht soweit sie erkennen konnte, und für eine Weile war nichts weiter zu hören als eine Kettenreaktion bellender Hunde – einer fing an, dann fielen nacheinander alle anderen entlang Muthaigas goldener Meile ein.
    »Sie waren immer so gut zu ihr, Justin, das wissen Sie doch selbst. Sie dürfen sich nicht für Untaten geißeln, die Sie gar nicht begangen haben. Viele Menschen tun das, wenn sie jemanden verloren haben, und sie tun sich selber Unrecht. Wir können doch nicht hergehen und alle Leute so behandeln, als würden sie jeden Moment tot umfallen, wo würden wir da hinkommen. Na, ist doch wahr! Sie haben immer zu ihr gestanden. Immer«, beteuerte sie, als wolle sie nebenbei andeuten, dass man das von Tessa nicht gerade sagen konnte. Und diese Andeutung war ihm nicht entgangen, dessen war sie sicher: Er war kurz davor, diesen unseligen Arnold Bluhm zur Sprache zu bringen, als Gloria zu ihrem Verdruss den Schlüssel ihres Gatten in der Tür rumoren hörte und wusste, dass damit der Zauber verflogen war.
    »Justin, armer Junge, wie geht es Ihnen?«, grüßte Woodrow und goss sich eine ungewöhnlich bescheidene Menge Wein in ein Glas, bevor er sich auf das Sofa fallen ließ. »Es gibt leider nichts Neues. Weder Gutes noch Schlechtes. Keine Hinweise, keine Verdächtigen bisher. Keine Spur von Arnold. Die Belgier stellen einen Hubschrauber zur Verfügung, London noch einen zweiten. Tja, das liebe Geld, unser aller Fluch. Aber schließlich ist er belgischer

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