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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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blaue Lampe bewegte und in die Eingangstür des tukul gestellt wurde. »So kann niemand hineinsehen«, erklärte McKenzie. »Es gibt hier Leute, die rund um die Uhr tukuls beobachten. Möchten Sie eine Cola?« Er reichte ihr eine mit ausgestrecktem Arm. »Sarah sagt, Sie sind vertrauenswürdig, Ghita. Das genügt mir. Tessa und Arnold haben in dieser Sache keinem Menschen vertraut, nur sich selbst. Und mir, weil ihnen nichts anderes übrig blieb. Ich selbst arbeite am liebsten auch so. Wie ich höre, sind Sie hier, um sich über das Thema Hilfe zur Selbsthilfe zu informieren.« Das war als Frage gemeint.
    »Das Treffen der Schwerpunktgruppe war nur ein Vorwand. Justin hat mich in einem Brief gebeten, herauszufinden, was Tessa und Arnold hier in Loki gemacht haben, kurz bevor Tessa gestorben ist. An die Geschichte mit dem Geschlechterrollen-Workshop glaubt er nicht.«
    »Da hat er verdammt Recht. Haben Sie seinen Brief dabei?«
    Mein Ausweis, dachte sie. Mein Beglaubigungsschreiben als Justins Abgesandte. Sie gab ihm den Brief und beobachtete, wie er aufstand, eine Brille mit schlichter Metallfassung aufsetzte und sich so in den Lichtschein der blauen Lampe stellte, dass er von draußen nicht zu sehen war.
    Er gab ihr den Brief zurück. »Also, hören Sie zu«, sagte er.
    Aber vorher schaltete er noch das Radio ein und bemühte sich, eine, wie er es nannte, akzeptable Lautstärke zu finden.
    ***
    Ghita lag unter einer dünnen Decke auf ihrem Bett. Die Nacht war nicht kühler als der Tag. Durch das Moskitonetz sah sie das rote Glühen der Moskitospirale. Sie hatte die Vorhänge zugezogen, aber die waren fast durchsichtig. Immer wieder kamen Schritte und Stimmen an ihrem Fenster vorbei, und am liebsten wäre sie jedes Mal aus dem Bett gesprungen und hätte »Hallo!«, gerufen. Ihre Gedanken wanderten zu Gloria, die sie in der vergangenen Woche mit einer Einladung zu einem Tennismatch in ihrem Klub überrascht hatte.
    »Sagen Sie mal, meine Liebe«, hatte Gloria gefragt, nachdem sie Ghita in drei Sätzen mit jeweils sechs zu zwei geschlagen hatte und nun untergehakt mit ihr zum Klubhaus ging. »War Tessa eigentlich in Sandy verknallt, oder war es andersrum?«
    Und Ghita, so sehr sie sich sonst für die Wahrheit engagierte, hatte ihr offen ins Gesicht hinein mit einer Lüge geantwortet, ohne auch nur rot zu werden. »Ich bin mir absolut sicher, dass da nichts dergleichen war, auf keiner Seite«, hatte sie tugendhaft erklärt. »Wie kommen Sie denn auf so was, Gloria?«
    »Nur so, Schätzchen. Einfach nur so. Vielleicht, weil er bei der Beerdigung so ein Gesicht gemacht hat.«
    Und von Gloria wanderten Ghitas Gedanken wieder zu Captain McKenzie.
    »Es gibt da so einen verrückten Buren, der fünf Meilen westlich einer kleinen Ortschaft namens Mayan eine Versorgungsstation betreibt«, hatte er gesagt und darauf geachtet, dass seine Stimme nicht lauter wurde als die von Pavarotti. »Ziemlich gottesfürchtiger Mensch.«

ACHTZEHNTES KAPITEL
    S ein Gesicht war finsterer geworden, die Falten tiefer. Nicht einmal das weiße Licht des endlosen Himmels von Saskatchewan konnte die Schatten darin vertreiben. Die kleine Stadt machte einen verlorenen Eindruck: Drei Eisenbahnstunden von Winnipeg entfernt, lag sie mitten in einem tausend Meilen weiten Schneefeld. Den Blicken der vereinzelten Passanten ausweichend, schritt Justin entschlossen durch die Straßen. Auch der Wind, der das ganze Jahr hindurch vom Yukon oder aus der Arktis kommend über die flache Prärie fegte, den Schnee zu Eis werden ließ, den Weizen knickte und an Straßenschildern und Strommasten rüttelte, vermochte keine Farbe auf seine hohlen Wangen zu bringen. Die eisige Kälte – zwanzig Grad und mehr unter null – trieb seinen schmerzenden Körper nur noch schneller voran. In Winnipeg hatte er, bevor er den Zug nach hier bestieg, eine gefütterte Jacke, eine Pelzmütze und Handschuhe gekauft. Die Wut steckte in ihm wie ein Stachel. In seiner Brieftasche ruhte ein Bogen einfachen Briefpapiers: GEH NACH HAUSE UND VERHALTE DICH RUHIG, SONST FOLGST DU DEINER FRAU.
    * **
    Aber es war ja gerade seine Frau, die ihn hierher gebracht hatte.
    Sie hatte ihm die Fesseln von den Händen genommen und ihn von der Kapuze befreit. Sie hatte ihm neben dem Bett auf die Knie geholfen und ihn etappenweise ins Bad geschleppt. Angefeuert von ihr, hatte er sich an der Badewanne halb aufgerichtet, die Dusche angedreht und sein Gesicht, das Hemd und den Kragen seines Jacketts abgespült,

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