Der ewige Gaertner
Staatsbürger, warum also nicht? Wie reizend du heute Abend wieder aussiehst, Schatz. Was gibt’s denn zum Abendessen?«
Er hat getrunken, dachte Gloria angewidert. Er tut so, als müsste er länger arbeiten, und trinkt sich im Büro einen, während ich dafür sorge, dass die Jungen ihre Schularbeiten machen. Sie nahm eine Bewegung am Fenster wahr und sah zu ihrer Bestürzung, dass Justin im Begriff war, sich zurückzuziehen – zweifellos abgeschreckt von der ungeheuren Trampeligkeit ihres Mannes.
»Wie, nichts essen?«, protestierte Woodrow. »Müssen doch bei Kräften bleiben, alter Junge.«
»Ich weiß, Sie meinen es gut, aber ich fürchte, ich habe keinen Appetit. Gloria, nochmals vielen Dank. Gute Nacht, Sandy.«
»Und Pellegrin lässt sein allerherzlichstes Beileid aus London ausrichten. Das ganze Außenministerium ist niedergeschmettert, sagt er. Wollte sich nicht persönlich aufdrängen.«
»Bernard ist ein sehr taktvoller Mensch.«
Sie sah die Tür zugehen, sie hörte, wie sich seine Schritte auf der Betontreppe entfernten, sie sah sein leeres Glas, das er auf dem Bambustisch neben dem Flügelfenster abgestellt hatte, und für einen kurzen, erschreckenden Moment war sie überzeugt, sie würde ihn nie mehr wieder sehen.
Woodrow schlang, anders als sonst, sein Essen hinunter, ohne es zu genießen. Gloria, die wie Justin keinen Appetit hatte, sah ihm zu. Juma, der Hausdiener, schlich auf Zehenspitzen um sie herum und beobachtete ihn ebenfalls.
»Wie ist’s gegangen?«, murmelte Woodrow verschwörerisch, wobei er seine Stimme demonstrativ dämpfte und Gloria mit einer Handbewegung bedeutete, das Gleiche zu tun.
»Ganz gut«, sagte sie, auf sein Spiel eingehend. »Wenn man bedenkt.« Was machst du dort unten, fragte sie sich. Liegst du im Dunkeln auf dem Bett und quälst dich? Oder starrst du durch die Gitterstäbe in den Garten und sprichst mit ihrem Geist?
»Irgendwas von Bedeutung dabei rausgekommen?«, fragte Woodrow mit leichtem Nuscheln, nicht ohne Probleme bei der Artikulation, aber weiterhin darauf bedacht, die Unterhaltung Jumas wegen nur in Andeutungen zu führen.
»Was denn zum Beispiel?«
»Über unseren Lover-Boy.« Anzüglich grinsend zeigte er mit dem Daumen auf die Begonien und flüsterte affektiert: »Blu’m«, worauf Juma loseilte, einen Wasserkrug zu holen.
Gloria lag stundenlang wach neben ihrem schnarchenden Ehemann. Als sie unten ein Geräusch zu hören glaubte, schlich sie zum Treppenabsatz und spähte aus dem Fenster. Die Stromsperre war vorbei. Ein orangefarbener Schimmer erhob sich über der Stadt bis hinauf zu den Sternen. Aber im erleuchteten Garten lauerte keine Tessa, und auch kein Justin. Gloria kehrte ins Schlafzimmer zurück und fand Harry, der schräg in ihrem Bett lag, den Daumen im Mund und einen Arm über die Brust seines Vaters gestreckt.
***
Die Familie war wie immer früh auf den Beinen, doch Justin war ihnen noch zuvorgekommen und drückte sich in seinem zerknitterten Anzug bereits im Haus herum. Er sah erhitzt aus, befand Gloria, ein wenig hektisch, zu viel Farbe unter den braunen Augen. Die Jungen schüttelten ihm ernsthaft wie befohlen die Hand, und Justin erwiderte gewissenhaft ihren Gruß.
»Oh, Sandy, ja, guten Morgen«, sagte er, als Woodrow erschien. »Ob wir uns kurz unterhalten könnten?«
Die beiden Männer zogen sich ins sonnige Esszimmer zurück.
»Es geht um mein Haus«, begann Justin, sobald sie allein waren.
»Haus hier oder Haus in London?«, gab Woodrow den Ball zurück, törichterweise um Aufgeräumtheit bemüht. Und Gloria, die an der Durchreiche zur Küche jedes Wort verfolgte, hätte ihm den Schädel einschlagen können.
»Hier in Nairobi. Tessas private Unterlagen, Korrespondenz mit dem Anwalt. Alles, was mit dem Familienvermögen zusammenhängt. Dokumente, die uns beiden teuer sind. Ich möchte auch nicht, dass ihre Privatbriefe herumliegen und die kenianische Polizei sich nach Belieben bedienen kann.«
»Und was haben Sie sich da überlegt, alter Junge?«
»Ich möchte hin. Jetzt gleich.«
So entschlossen!, schwärmte Gloria. So energisch, trotz allem.
»Lieber Freund, das ist unmöglich. Die Pressefritzen würden wie die Hyänen über Sie herfallen.«
»Ach, das glaube ich eigentlich nicht. Sie werden sicherlich versuchen, mich zu fotografieren. Oder mir etwas zurufen. Aber wenn ich nicht antworte, ist das so ziemlich alles, was sie tun können. Überrumpeln wir sie also, solange sie noch beim Rasieren sind.«
Gloria
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