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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ihm die Stereoanlage und die in Augenhöhe eingebaute multifunktionale Supermikrowelle vor und wies mit derselben schmerzlichen Gleichgültigkeit auf die Stelle jenseits des Zauns, wo die Organy zu parken pflegten, wenn sie sie beobachteten; das täten sie nahezu täglich, sagte sie, gewöhnlich von etwa acht Uhr morgens an, das hänge vom Wetter ab, bis zum Einbruch der Dunkelheit, falls nicht gerade ein wichtiges Eishockeyspiel anstünde, dann verschwänden sie früher. Sie zeigte ihm den grotesken Nachthimmel in ihrem Schlafzimmer, die weiß getünchte Kuppel, in der winzige Strahler die Sterne ersetzten, und den Dimmer, mit dem die Nutzer des großen runden Bettes sie nach Lust und Laune heller oder dunkler stellen konnten. Und es gab einen Augenblick, den Lara und Justin beide kommen und gehen sahen, als es möglich schien, dass sie selbst die Nutzer des Bettes werden könnten – zwei Ausgestoßene, die einander trösteten: Konnte es denn etwas Vernünftigeres geben? Aber dann trat Tessas Schatten zwischen sie, und der Augenblick verrann, ohne dass einer von ihnen etwas dazu gesagt hätte. Stattdessen machte Justin eine Bemerkung über die Ikonen. Lara besaß fast ein halbes Dutzend davon: Andreas, Paulus, Simon Petrus, Johannes und die Heilige Jungfrau, mit winzigen Heiligenscheinen und spitz zulaufenden Händen, die zum Gebet gefaltet oder segnend erhoben waren oder das Zeichen der Dreifaltigkeit machten.
    »Ich nehme an, die hat Markus Ihnen geschenkt«, sagte Justin, verwirrt angesichts dieser neuerlichen Zurschaustellung unerwarteter Religiosität.
    Lara setzte ihre finsterste Miene auf. »Ich habe eine streng wissenschaftliche Einstellung dazu. Wenn Gott existiert, wird er dankbar sein. Wenn nicht, ist es sowieso egal.« Und sie wurde rot, als er lachte, und fiel dann ein.
    Das Gästezimmer befand sich im Souterrain. Das vergitterte Fenster zum Garten erinnerte Justin an Glorias Untergeschoss. Er schlief bis fünf, schrieb eine Stunde lang an Hams Tante, zog sich an und schlich nach oben; er wollte Lara einen Zettel hinlegen und dann versuchen, irgendwie in die Stadt zu kommen. Sie saß am Fenster und rauchte, in denselben Kleidern, die sie am Abend zuvor getragen hatte. Der Aschenbecher neben ihr war voll.
    »Sie können mit dem Bus zum Bahnhof fahren. Die Haltestelle ist nicht weit«, sagte sie. »Er fährt in einer Stunde.«
    Lara machte ihm Kaffee, und er setzte sich damit an den Küchentisch. Sie beide schienen nicht aufgelegt, über die Ereignisse der letzten Nacht zu reden.
    »Wahrscheinlich nur ein Haufen verrückt gewordener Straßenräuber«, sagte er einmal, aber sie blieb in ihre eigenen Betrachtungen versunken.
    Ein andermal fragte er sie nach ihren Plänen. »Wie lange können Sie hier noch wohnen?«
    Ein paar Tage, antwortete sie zerstreut. Vielleicht eine Woche.
    »Und was dann?«
    Das komme drauf an, antwortete sie. Das sei nicht wichtig. Sie werde schon nicht verhungern.
    »Gehen Sie jetzt«, sagte sie plötzlich. »Es ist besser, wenn Sie an der Haltestelle warten.«
    Als er ging, stand sie mit dem Rücken zu ihm und hatte den Kopf leicht geneigt, als lauschte sie angestrengt einem verdächtigen Geräusch.
    »Sie werden gnädig mit Lorbeer umgehen«, verkündete sie.
    Aber ob dies eine Vorhersage oder eine Aufforderung sein sollte, hätte er nicht zu sagen gewusst.

ZWANZIGSTES KAPITEL
    W as zum Teufel bildet Ihr Mr Quayle sich eigentlich ein, Tim?«, schnaubte Curtiss; er schwenkte seinen massigen Leib herum und sah Donohue herausfordernd an, quer durch den hallenden Raum, der die Größe einer ausgewachsenen Kapelle hatte, mit Deckenbalken aus Eiche, Gefängnistüren in schweren Angeln und Blockhauswänden, geschmückt mit Stammesschilden.
    » Er gehört nicht zu uns, Kenny. Hat er noch nie«, gab Donohue stoisch zurück. »Er ist ganz normal dem Außenministerium unterstellt.«
    »Normal? Was soll denn an dem normal sein? Das ist der mieseste Hund, von dem ich je gehört hab. Warum kommt er nicht zu mir, wenn mein Medikament ihm Sorgen bereitet? Die Tür steht weit offen. Ich bin doch kein Ungeheuer! Was will er? Geld?«
    »Nein, Kenny. Das glaube ich kaum. An Geld denkt er dabei bestimmt nicht.«
    Diese Stimme, dachte Donohue, während er darauf wartete, endlich zu erfahren, weshalb man ihn hatte kommen lassen. Die werde ich nie mehr los. Einschüchternd und schmeichlerisch. Verlogen und voller Selbstmitleid. Vorzugsweise jedoch einschüchternd. Seift einen ein, ist mit allen

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