Der ewige Gaertner
wegen der Sprache natürlich, es redet ja doch niemand mehr, wie er es beigebracht bekommen hat, das würde sich ja keiner trauen . Aber die bewegt sich völlig selbstverständlich in deinem Salon, sehr gelassen und selbstbewusst, und fühlt sich offenbar wohl . Sie hat ein nettes warmes Lächeln und schon ein paar graue Strähnen im Haar, die sie vernünftigerweise so lässt, und ein, wie Sandy es nennt, angenehmes Schweigen , so dass man nicht andauernd Konversation zu machen braucht, wenn sie mal eine Pause einlegen, damit der arme Justin sich ausruhen kann. Schade war nur, dass Gloria absolut keine Ahnung hatte, was zwischen ihnen allen eigentlich vorging, weil sie sich ja kaum den ganzen Tag an die Durchreiche in der Küche stellen und lauschen konnte, na und erst recht nicht, wenn die Diener sie beobachteten. Also, das konnte ich doch nicht, oder, El?
War Gloria schon der Gegenstand der Gespräche zwischen Justin und den beiden Polizeibeamten verborgen geblieben, so wusste sie noch weniger über deren Fühlungnahme mit ihrem Ehemann – aus dem einfachen Grund, weil dieser es unterließ, ihr davon zu erzählen.
***
Der erste Wortwechsel zwischen Woodrow und den beiden Beamten war geprägt von ausgesuchter Höflichkeit. Die Beamten versicherten, sie seien sich der heiklen Natur ihrer Aufgabe bewusst, und es liege nicht in ihrer Absicht, die weiße Gemeinde von Nairobi bloßzustellen et cetera. Woodrow wiederum sagte Unterstützung von Seiten seiner Mitarbeiter und aller in Frage kommenden Einrichtungen zu. Amen. Die Beamten versprachen, Woodrow über ihre Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten, soweit es sich mit den Anweisungen vereinbaren lasse, die sie von Scotland Yard erhielten. Woodrow wies leutselig darauf hin, sie dienten alle derselben Königin, und wenn Vornamen gut genug für Ihre Majestät seien, dann doch wohl auch für uns.
»Wie lässt sich denn eigentlich Justins Tätigkeit hier im Hochkommissariat beschreiben, Mr Woodrow?«, fragte Rob, der junge Mann, höflich und ignorierte die Aufforderung zur vertraulicheren Anrede.
Rob war ein Londoner Marathonläufer und schien nur aus Ohren und Knien, Ellbogen und Schneid zu bestehen. Lesley, die seine klügere ältere Schwester hätte sein können, trug eine praktische große Tasche bei sich, die, so amüsierte sich Woodrow im Stillen, alles aufnehmen konnte, was Rob zum Laufen brauchte – Jod, Salztabletten, Ersatzschnürsenkel für die Laufschuhe –, die aber in Wirklichkeit, soweit er sehen konnte, nichts weiter enthielt als ein Aufnahmegerät, Kassetten und eine bunte Sammlung von Stenoblöcken und Notizbüchern.
Woodrow tat, als müsse er nachdenken. Er legte die Stirn in angemessene Falten, was den wahren Profi verriet. »Nun, zunächst einmal ist er unser interner Eton-Mann«, sagte er, und alle hatten ihre Freude an diesem trefflichen Scherz. »Also, grundsätzlich , Rob, ist er unser britischer Vertreter im East African Donors’ Effectiveness Committee, besser bekannt unter dem Akronym EADEC«, fuhr er fort, sich einer Deutlichkeit befleißigend, die Robs beschränkter Intelligenz entgegenkam. »Das zweite E stand ursprünglich für ›Efficacy‹, ›Effizienz‹, aber das ist ein Wort, mit dem nicht allzu viele Leute hier vertraut sind, daher haben wir es gegen ›Effectiveness‹, ›Effektivität‹ ausgetauscht, was ein wenig benutzerfreundlicher ist.«
»Was hat es für eine Aufgabe, dieses Komitee?«
»EADEC ist ein relativ neues beratendes Organ, Rob, das seinen Sitz hier in Nairobi hat. Es setzt sich aus Vertretern aller Geberländer zusammen, die Entwicklungshilfe leisten und sich auch sonst in Ostafrika sozial engagieren, in welcher Form auch immer. Seine Mitglieder werden von den Botschaften und Hochkommissariaten der jeweiligen Geberländer entsandt. Das Komitee tritt einmal wöchentlich zusammen und erstattet alle zwei Wochen Bericht.«
»An wen?«, fragte Rob, der Woodrows Antworten mitschrieb.
»Alle Mitgliedsländer natürlich.«
»Worüber?«
»Über das, was der Name sagt«, erklärte Woodrow geduldig und übte Nachsicht mit den Manieren des jungen Mannes. »Es geht um Effizienz , besser gesagt, die Effektivität der Hilfsmaßnahmen. In der Entwicklungshilfe ist Effektivität sozusagen der Goldstandard. Mitgefühl versteht sich von selbst«, fügte er mit einem entwaffnenden Lächeln hinzu, das ausdrücken sollte, wir sind schließlich alle mitfühlende Menschen. »EADEC befasst sich mit der heiklen Frage,
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