Der ewige Gaertner
welcher Teil eines jeden Dollars eines einzelnen Geberlands tatsächlich sein Ziel erreicht, und wie viel verlustreiche Überschneidungen und unnütze Konkurrenz es zwischen den Organisationen vor Ort gibt. Dafür muss sich das Komitee, wie leider Gottes wir alle, mit den drei großen Rs der Entwicklungshilfe herumschlagen: Reduplikation, Rivalität und Rationalisierung. Es wägt Gemeinkosten gegen Produktivität ab und« – mit dem Lächeln eines Weisen, der andere an seiner Weisheit teilhaben lässt – »gibt die eine oder andere zaghafte Empfehlung ab, vor dem Hintergrund, dass es – anders als ihr Burschen – über keinerlei Exekutivgewalt verfügt und keine Möglichkeit zur Durchsetzung seiner Vorschläge hat.« Ein liebenswürdiges Neigen des Kopfes kündigte eine kleine Vertraulichkeit an: »Unter uns, ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich die beste Idee aller Zeiten war. Aber sie stammt von unserem eigenen hochverehrten Außenminister, und sie ließ sich gut vereinbaren mit aktuellen Forderungen nach größerer Transparenz, einer moralisch fundierten Außenpolitik und anderen fragwürdigen Patentrezepten. Also haben wir das Komitee nach Kräften gefördert. Manche sagen zwar, die UNO solle den Job erledigen. Andere behaupten dagegen, die UNO tue das bereits. Und wieder andere meinen, die UNO sei Teil der Krankheit. Sie haben die Wahl.« Ein vornehmes Schulterzucken bekräftigte diese Einladung.
»Teil welcher Krankheit?«, fragte Rob.
»EADEC hat keine Befugnis, Untersuchungen vor Ort anzustellen. Trotzdem bleibt Korruption einer der Hauptfaktoren und muss ins Kalkül einbezogen werden, wenn man Ausgaben und Erfolg in Beziehung setzen will. Man sollte Korruption nicht mit natürlichem Schwund und Inkompetenz verwechseln, obwohl sie durchaus verwandt sind.« Er suchte nach einer allgemein verständlichen Analogie. »Nehmen Sie die gute alte britische Wasserversorgung, angelegt so um 1890. Wasser verlässt das Reservoir. Einiges davon kommt, wenn Sie Glück haben, sogar aus Ihrem Wasserhahn. Aber es gibt ein paar ziemlich undichte Leitungen auf dem Weg. Wenn jetzt dieses Wasser von der Allgemeinheit großherzig gespendet wurde, dann kann man nicht zulassen, dass es einfach so versickert, oder? Schon gar nicht, wenn Ihr Job von den unberechenbaren Launen der Wähler abhängt.«
»Mit wem bringt ihn diese Komiteetätigkeit in Kontakt?«, fragte Rob.
»Mit ranghohen Diplomaten der internationalen Gemeinschaft hier in Nairobi. Überwiegend Botschaftsräte oder darüber. Hier und da ein Erster Sekretär, aber eher selten.« Er schien anzunehmen, dies bedürfe einer Erklärung. »EADEC musste bewusst hoch angesiedelt werden, meiner Einschätzung nach. Mit dem Kopf in den Wolken sozusagen. Sobald es sich auf das Niveau praktischer Notwendigkeiten hinabbegeben würde, würde es schnell zu einer Art Super-NGO – für Sie: Nicht-Regierungsorganisation, Rob – und an den eigenen Maßstäben gemessen werden. Ich habe diesen Standpunkt mit großer Entschiedenheit vertreten. Sicher: EADEC muss hier in Nairobi sitzen und Bodenkontakt haben, über die örtlichen Gegebenheiten Bescheid wissen. Völlig klar. Aber das Komitee fungiert dennoch in erster Linie als Denkfabrik. Es muss leidenschaftslos den Überblick bewahren. Es ist unbedingt notwendig, dass es – Sie erlauben, dass ich mich selbst zitiere – eine emotionsfreie Zone bleibt. Und Justin ist der Schriftführer des Komitees. Nicht sein eigenes Verdienst: Wir waren turnusmäßig an der Reihe. Er führt Protokoll, stellt das Forschungsmaterial zusammen und entwirft die vierzehntägigen Berichte.«
»Tessa war keine emotionsfreie Zone«, wandte Rob nach kurzem Nachdenken ein. »Tessa war Emotion pur, nach allem, was wir hören.«
»Ich fürchte, Sie haben zu viel Zeitung gelesen, Rob.«
»Nein, gar nicht. Ich habe mir ihre Arbeitsberichte angesehen. Sie war voller Elan dabei. Bis über die Ohren in der Scheiße, Tag und Nacht.«
»Und alles mehr als notwendig, kein Zweifel. Sehr löblich. Aber kaum jener Objektivität förderlich, zu der das Komitee als internationales beratendes Organ unbedingt verpflichtet ist«, sagte Woodrow liebenswürdig und ignorierte Robs Abstieg in die Gossensprache – wie er es auch, selbstverständlich auf einem ganz anderen Niveau, im Falle des Hochkommissars tat.
»Sie sind also getrennte Wege gegangen«, folgerte Rob, der sich zurücklehnte und mit dem Bleistift gegen seine Zähne klopfte. »Er war objektiv, sie
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