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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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befand sich keinerlei Krankenhauspersonal im Zimmer.«
    Die frisch erlangte Muße gab Rob alle Zeit, über diese Antwort nachzudenken und seine Reaktion darauf abzuwägen. »Wie steht’s mit anderem Personal?«
    »Nicht in meiner Anwesenheit.«
    »Und in Ihrer Abwesenheit?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Von Tessa. Von dem, was Tessa Ihnen in ihren klaren Momenten erzählt hat«, erläuterte Rob und grinste breit; seine gute Laune wirkte langsam beunruhigend, wie der Vorbote eines Witzes, der noch gar nicht erzählt worden ist. »Wurde die kranke Frau in Tessas Krankenzimmer – deren Baby sie gestillt hat – laut Tessa von irgendjemandem medizinisch versorgt?«, fragte er geduldig und wählte seine Worte sorgfältig, als gehorchte er den Regeln eines nicht näher bezeichneten Gesellschaftsspiels. »Erhielt die kranke Frau Besuch, wurde sie untersucht oder beobachtet oder behandelt – von wem auch immer: männlich oder weiblich, schwarz oder weiß, Arzt oder Nichtarzt, Krankenschwester, Außenstehender, Insider, Reinigungspersonal, Besucher oder einfach irgendjemand?« Er lehnte sich zurück: Jetzt sieh zu, wie du dich da wieder rauswindest.
    Woodrow wurde allmählich das ganze Ausmaß seiner Zwangslage deutlich. Was wussten sie noch alles, von dem sie bisher nichts hatten verlauten lassen? Der Name Lorbeer hatte in seinem Kopf wie Totengeläut gedröhnt. Was würden sie ihm noch für Namen an den Kopf werfen? Was konnte er abstreiten, ohne einzuknicken? Was hatte Coleridge ihnen erzählt? Warum verweigerte er ihm jeglichen Rückhalt, jegliche Kooperation? Plauderte er womöglich hinter Woodrows Rücken alles aus?
    »Da war diese Geschichte, die Tessa erzählt hat, der zufolge war die Frau von kleinen Männern in weißen Kitteln besucht worden«, sagte er herablassend. »Ich nahm an, dass sie es geträumt hatte. Oder träumte, während sie es erzählte. Ich habe dem keinerlei Bedeutung beigemessen.« Und das solltet ihr auch nicht, schien er damit sagen zu wollen.
    »Warum haben die Weißkittel sie besucht? In Tessas Geschichte. In ihrem Traum, wie Sie es nennen.«
    »Weil die Männer in den weißen Kitteln die Frau umgebracht haben. Zwischendurch hat Tessa die Männer auch Zufälle genannt.« Er hatte sich dafür entschieden, bei der Wahrheit zu bleiben, sie aber ins Lächerliche zu ziehen. »Ich glaube, sie hat sie auch als gierig bezeichnet. Sie hätten sie heilen wollen, waren dazu aber nicht in der Lage. Das Ganze war nichts als Humbug.«
    »In welcher Weise heilen?«
    »Das hat sie nicht verraten.«
    »Und wie haben die sie umgebracht?«
    »Das ist leider genauso unklar geblieben.«
    »Hat Tessa irgendwas davon aufgeschrieben?«
    »Von dieser Geschichte? Wie sollte sie?«
    »Hat sie sich Notizen gemacht? Hat sie Ihnen aus irgendwelchen Aufzeichnungen vorgelesen?«
    »Ich hab’s Ihnen doch gesagt. Meines Wissens hatte sie kein Notizbuch.«
    Rob neigte den Kopf zur Seite, als wolle er Woodrow aus einem anderen, womöglich aufschlussreicheren Blickwinkel betrachten. »Arnold Bluhm glaubt nicht, dass die Geschichte nichts als Humbug ist. Er findet nicht, dass sie keinen Sinn ergibt. Arnold ist der Ansicht, dass Tessa mit allem, was sie gesagt hat, voll ins Schwarze getroffen hat. Stimmt’s, Les?«
    ***
    Alles Blut war aus Woodrows Gesicht gewichen, er konnte es fühlen. Doch selbst als ihre erschütternden Worte in ihm nachbebten, blieb er so standfest wie nur je ein erfahrener Diplomat, der die Stellung halten musste. Irgendwie, irgendwo entdeckte er die Stimme. Und die Entrüstung. »Entschuldigung. Soll das heißen, Sie haben Bluhm gefunden? Das ist ja eine Ungeheuerlichkeit!«
    »Sie meinen, Sie möchten gar nicht, dass wir ihn finden?«, fragte Rob verblüfft.
    »Nichts dergleichen. Ich meine, dass Sie unter bestimmten Voraussetzungen hier sind und die klare Verpflichtung haben, das Hochkommissariat zu unterrichten, sobald Sie Bluhm gefunden oder mit ihm gesprochen haben.«
    Aber Rob schüttelte bereits den Kopf. »Wir haben ihn nicht gefunden, Sir. Wünschte, es wäre so. Wir haben jedoch ein paar Unterlagen von ihm gefunden. Allerlei nützliche Notizen, könnte man sagen, die in seiner Wohnung herumlagen. Nichts Sensationelles, leider. Aufzeichnungen zu Krankheitsfällen, die bestimmt für irgendjemanden von Interesse sein könnten, schätze ich. Kopien von einigen unhöflichen Briefen, die der Doktor an diese oder jene Firma, an Laboratorien oder Unikliniken in aller Welt geschickt hat. Das

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