Der ewige Gaertner
hoch kommt. Sandy hat das Zeug mir geschickt. Gemeinsam verfasst und als vertraulich gekennzeichnet. Nicht von Sandy. Von Tessa und Bluhm. Diese Helden der Entwicklungshilfe widern mich übrigens an, falls Sie mal Dampf ablassen wollen. Reines Teddybärenpicknick, Beschäftigungstherapie für die internationale Bürokratengemeinde. Bin abgeschweift. Entschuldigung.«
»Und was haben Sie damit gemacht? Um Gottes willen, Bernard!«
Ich bin der betrogene Witwer, am Ende meiner Weisheit. Ich bin die gekränkte Unschuld, allerdings nicht ganz so unschuldig, wie ich klinge. Ich bin der gedemütigte Ehemann, vorgeführt von seiner treulosen Frau und ihrem Liebhaber. »Kann mir bitte endlich mal jemand verraten, worum es hier eigentlich geht?«, fuhr er in gereiztem Ton fort. »Eine halbe Ewigkeit bin ich Sandys unfreiwilliger Gast gewesen. Er hat kein Sterbenswörtchen gesagt von einem geheimen Rendezvous mit Tessa oder Arnold oder sonst jemandem. Was für eine Streitschrift? Und worüber? « Er ließ nicht locker.
Pellegrin lächelte wieder. Einmal. Zweimal. »Dann ist das alles neu für Sie. Sehr gut.«
»Allerdings. Und ich blicke da einfach nicht durch.«
»Eine Frau wie Tessa, halb so alt wie Sie, widerspenstig, zieht ihr eigenes Ding durch – ist es Ihnen da nie in den Sinn gekommen, sie mal zu fragen, was zum Teufel sie treibt?«
Der gute Pellegrin ist sauer, bemerkte Justin. Genau wie Landsbury. Wie ich. Wir alle sind sauer und tun alles, es zu verbergen.
»Nein, ist es nicht. Und sie war keineswegs halb so alt wie ich.«
»Nie einen Blick in ihr Tagebuch geworfen, nie mal ganz aus Versehen absichtlich an den Nebenapparat gegangen. Nie ihre Post gelesen oder heimlich in ihren Computer reingesehen. Absolut nichts.«
»Nichts von alledem.«
Pellegrin dachte laut, den Blick auf Justin gerichtet. »Ist also nichts zu Ihnen durchgedrungen. Nichts Böses gehört, nichts Böses gesehen. Erstaunlich.« Er hatte Mühe, seinen Sarkasmus im Zaum zu halten.
»Sie war Juristin, Bernard. Kein kleines Mädchen. Sie war eine qualifizierte, sehr gewiefte Anwältin. Das scheinen Sie zu vergessen.«
»Ach ja? Da bin ich mir nicht so sicher.« Pellegrin setzte seine Lesebrille auf, um sich zur unteren Hälfte seiner Seezunge vorzuarbeiten. Nachdem er die Rückengräte freigelegt hatte, hielt er sie mit Messer und Gabel hoch und schaute sich wie ein hilfloser Invalide nach einem Ober um, der ihm einen Teller bringen könnte. »Hoffe nur, dass sie sich darauf beschränkt hat, Sandy Woodrow ihr Anliegen vorzutragen, das ist alles. Der Hauptperson ist sie jedenfalls ordentlich auf die Nerven gegangen, so viel steht fest.«
»Welcher Hauptperson? Meinen Sie sich selber?«
»Curtiss. Kenny K. höchstpersönlich.« Ein Teller wurde gereicht, und Pellegrin legte die Gräte darauf. »Wundert mich, dass sie sich nicht vor seine verdammten Rennpferde geworfen hat. Warum gehst du nicht gleich damit nach Brüssel? Zur UNO? Trittst im Fernsehen damit auf. Wenn so ein Mädel es sich erst in den Kopf gesetzt hat, die Welt zu retten, dann wendet sie sich an wen auch immer, und die Folgen sind ihm scheißegal.«
»Das ist überhaupt nicht wahr«, sagte Justin, der gleichermaßen gegen seine Verwunderung und die ernsthafte Wut ankämpfen musste, die in ihm hochstieg.
»Wie bitte?«
»Tessa hat alles getan, um mich zu schützen. Und auch ihr Land.«
»Indem sie Schlamm aufwühlte? Indem sie aus ’ner Mücke einen Elefanten machte? Indem sie den Chef ihres Mannes belästigte? Sich mit Bluhm am Arm auf überarbeitete Firmenmanager stürzte? Ist nicht gerade, was ich mir unter den eigenen Mann schützen vorstelle. Wenn Sie mich fragen, sieht das mehr nach einer todsicheren Methode aus, dem armen Burschen sämtliche Aussichten kaputtzumachen. Nicht dass Ihre beruflichen Aussichten zu dem Zeitpunkt noch allzu rosig waren, wenn wir mal ehrlich sein wollen.« Zwischendurch ein Schluck Mineralwasser. »Ah, jetzt hab ich’s. Jetzt kann ich mir vorstellen, wie es abgelaufen ist.« Zweifaches Lächeln. »Sie wissen wirklich nichts über die Hintergründe. Dabei bleiben Sie.«
»Ja, ich bin vollkommen durcheinander. Erst fragt die Polizei mich, dann Alison, nun Sie – war ich wirklich so ahnungslos? Die Antwort ist: Ja, ich war es, und ja, ich bin es immer noch.«
Pellegrin schüttelte bereits ungläubig und belustigt den Kopf. »Wie wär’s hiermit, alter Junge? Hören Sie mal zu. Damit könnte ich leben. Und Alison auch. Sie sind zu Ihnen
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