Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
von kriegerischen Männern und heroischer Dummheit, von ihren eigenen tiefsten Empfindungen, von ihrem romantischen Idealismus. Ich träumte von hundert Frauen. Und ich kannte jede einzelne beim Namen. Ich hatte jede von ihnen geliebt. Und jede war Ermizhad. Und alle hatte ich verloren.
Am Morgen erwachte ich, um zu sehen, daß sich ein kleines Stück über dem Horizont des Sees die Wolken geteilt hatten und große, rotgoldene Wellen von Sonnenlicht durch die Öffnung strömten, die eine Bahn über das Wasser zeichneten. Dieser Schwall von Helligkeit stand in scharfem Kontrast zu dem Schwarz und Grau der umliegenden Berge und Gewässer und verlieh ihnen eine zusätzliche dramatische Ausstrahlung. Beinahe rechnete ich damit, Musik zu hören, die Bewohner des Flußtales in den Morgen hinauseilen zu sehen, um den herrlichen Sonnenaufgang jubelnd zu begrüßen. Aber die einzigen Geräusche aus der Ansiedlung unter uns bestanden aus dem Klappern von Kochtöpfen, dem Kläffen eines Tieres, einer dünnen Stimme.
Ich vermochte immer noch nichts von der Stadt selbst zu sehen. Mir blieb nur die Vermutung, daß diese Leute Höhlenbewohner waren, die den Zugang zu ihren Behausungen tarnten. Das war ein durchaus häufiger Brauch in all den Reichen des Multiversums, die ich besucht hatte. Trotzdem war ich etwas überrascht, daß die Kaufleute, die das Wagnis einer Reise durch die Säulen des Paradieses nicht scheuten, um mit den benachbarten Reichen Handel zu treiben, nicht in - nach meinen Maßstäben - etwas zivilisierteren Umständen lebten.
Alisaard lächelte, als ich meine Verwunderung in Worte kleidete. Sie nahm mich beim Arm und schaute mir ins Gesicht. Sie wirkte jugendlicher als Ermizhad, und ihre Augen waren von etwas anderer Farbe, wie auch ihr Haar, aber auch diesmal war es beinahe schmerzhaft, ihr so nahe zu sein. »Alle Geheimnisse werden sich in Adelstane auflösen«, versprach sie. Dann hakte sie sich bei von Bek unter, und wie ein Schulmädchen bei einem Picknick führte sie uns den grasbewachsenen Hügel hinab zu der Ansiedlung. Ich zögerte einen Moment, bevor ich ihnen folgte. Für einen Augenblick hatte ich jede Vorstellung verloren, wo ich war, oder sogar, wer ich war. Ich glaubte, Zigarrenrauch zu riechen. Ich glaubte, einen Doppeldeckerbus in der nächsten Straße zu hören. Ich zwang mich, in den goldenen Sonnenaufgang zu starren, auf die gewaltig übereinandergetürmten Wolken am anderen Ufer des Sees. Dann endlich klärten sich meine Gedanken. Ich erinnerte mich an den Namen Flamadin. Ich erinnerte mich an Sharadim. Es durchfuhr mich wie ein kleiner elektrischer Schlag. Und dann, soweit es meinen
gegenwärtigen Zweck betraf, war ich wieder voll da.
Ich holte meine Freunde ein, als sie beinahe am Fuß des Berges ein Tor in einer niedrigen Mauer durchschritten und sich umschauten, als wäre ihnen erst jetzt aufgefallen, daß ich nicht bei ihnen war.
Zusammen folgten wir einem gewundenen Weg zu einer Stelle, wo das Wasser so seicht war, daß es eine Furt bildete. Ich konnte jetzt sehen, daß es sich um ein künstliches Wehr handelte, das man gebaut hatte, um auf eine Brücke verzichten zu können, die von oben leicht zu erkennen gewesen wäre. Ich wunderte mich über diese seltsame Vorsichtsmaßnahme, während wir durch das kalte, klare Wasser wateten und schließlich am anderen Ufer vor einer Anzahl gewaltiger Öffnungen in der Felswand standen, von denen jede geschickt befestigt und dann hergerichtet worden war wie natürliches Gestein. Ich fing an zu begreifen, daß es diesen Leuten nicht an architektonischen oder baulichen Fähigkeiten mangelte.
Alisaard hatte ihren Helm wieder aufgesetzt. Jetzt legte sie die Hände an den Mund und rief zu den Öffnungen hinauf. »Freundlich gesinnte Besucher hier, um sich der Gnade von Adelstane und seinen Herren zu unterwerfen!«
Es folgte eine plötzliche Stille. Selbst die leisen Geräusche der Essenszubereitung waren verstummt.
»Wir bringen Nachrichten von allgemeinem Interesse«, rief Alisaard. »Wir haben keine Waffen, noch dienen oder folgen wir einem eurer Feinde.«
Das hörte sich nach einer formellen Erklärung an; einer notwendigen Höflichkeit, vermutete ich, um von diesen Höhlenbewohnern empfangen zu werden.
Ganz unvermittelt wurde die Stille von einem dumpfen Schlag unterbrochen. Dann noch einem. Dann ein lauteres Geräusch, wie von Metall auf Metall. Schließlich rollte das langgezogene Dröhnen eines Gongs von den höhergelegenen Eingängen
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