Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
derselben Stelle.
Die Rauchschlange bog sich zurück. Ich war sicher, daß sie es auf eines meiner Augen abgesehen hatte, und hob die Hand, um mich zu schützen. Ohne die Schlange zu sehen, hätte ich leicht glauben können, daß sie gar nicht existierte, außer in meiner Einbildung. Sie war so gut wie gewichtslos. Aber sie hielt mich fest.
Ich hörte, wie von Bek ein lautes Brüllen ausstieß. In dem Glauben, das Geschöpf hätte ihn an einer lebensgefährlichen Stelle verletzt, warf ich mich, immer noch mit geschlossenen Augen, nach vorn, obwohl ich wußte, daß ich ihn nicht würde retten können. Aber es hatte einigen Wert, so dachte ich damals, bei einem solchen Versuch zu sterben. Für manche Seelen gibt es immer einen Trost, selbst in dem Augenblick eines höchst abscheulichen und gewaltsamen Todes.
Dann spürte ich, wie zwei Arme mich umfaßten. Ich öffnete die Augen. Die Windungen der Rauchschlange lagen nicht mehr um von Beks Körper. Ich fragte mich, ob er und ich bereits tot waren. Ob dies nur eine lindernde Illusion war, während unser Blut den Körper unseres Feindes aufblähte.
»Herr Daker!«
Ich hörte von Bek einigermaßen verblüfft sagen: »Er scheint ohnmächtig zu sein, Mylady.«
Ich lag auf dem Boden. Ich sah meine Freunde auf mich herabschauen. In ihren Gesichtern stand sowohl Belustigung als auch Angst. Ich schaute sie an. Ungeheuer erleichtert, daß sie noch lebten. Und ich spürte wieder diesen erniedrigenden Stich der Eifersucht, als ich sah, wie ihre Köpfe sich dicht nebeneinander über mich neigten. »Nein«, flüsterte ich. »Du musst Ermizhad sein. Sei Ermizhad, wenn auch nur für den Augenblick, während ich sterbe .«
»Den Namen hat er schon einmal gesagt«, meinte Alisaard.
Sie schienen mir nicht sehr betroffen darüber zu sein, daß ihr Freund im Sterben lag. Waren sie bereits tot?
»Es ist der Name einer Frau aus der Rasse der Alten, wie Ihr selbst«, klärte von Bek sie auf. »Er liebt sie. Er suchte sie in allen Zeitläufen; suchte sie in so vielen Reichen. Er behauptet, Ihr seid dieser Frau sehr ähnlich.«
Ihre Züge wurden weicher. Sie zog einen Handschuh aus und berührte mein Gesicht. Ich bewegte die Lippen und sagte ein zweites Mal: »Ermizhad, bevor ich sterbe .« Aber meine Benommenheit war schon im Schwinden begriffen, und ich wußte, ich befand mich an der Grenze zur Schauspielerei, nur um diesen Moment zu verlängern, dieses Gefühl, mit wohlmeinender und aufrichtiger Sympathie bedacht zu werden, wie sie einst Ermizhad mir entgegenbrachte und wie ich sie ihr, hoffte ich, zurückgegeben hatte. Dann riß ich mich gewaltsam aus dieser unwürdigen Stimmung und sagte fest: »Vergebt mir, Mylady. Ich habe mich erholt und bin wieder ganz bei Sinnen. Vielleicht würdet Ihr so gut sein, mir zu berichten, wie es möglich ist, daß von Bek und
ich noch unter den Lebenden weilen!«
Von Bek half mir, mich aufzusetzen. Der Nebel erschien jetzt weniger dicht. Ich glaubte, ein Stück weit den Berg hinabsehen zu können, wo eine große, silberne Wasserfläche uns erwartete.
Alisaard hatte sich auf einen Stein gesetzt. Vor ihren Füßen lag etwas Kleines und Häßliches auf einem flachen Felssplitter. Auch dieses Ding schien tausend Schlingen zu haben, aber hier waren sie winzig und stellten keine Bedrohung dar, es sei denn, sie enthielten ein Gift. Sie stocherte mit der Messerspitze in dem kleinen schwarzen Etwas. Es schien völlig leblos zu sein und begann unter der Berührung zu zerfallen. Teile davon verwandelten sich umgehend in feinen, schwarzen Staub.
Ungläubig sagte ich: »Das können doch nicht die Überreste der Rauchschlange sein?«
Sie schaute zu mir auf, die Unterlippe zwischen den Zähnen, die Augenbrauen hochgezogen. Sie nickte.
Von Bek starrte auf die versteinerten Bruchstücke. »Sie wurde durch die gewöhnlichste aller Substanzen in der Hand einer höchst ungewöhnlichen Frau vernichtet.«
Sein Lob freute sie. »Ich kannte nur einen Weg, eine Rauchschlange zu töten. Man muß ihren Mittelpunkt finden. Zerschneidet man ihn, entstehen so viele neue Geschöpfe, wie es Teile gibt. Also muß man dafür sorgen, daß sie blutet, und sie töten, bevor sie sich teilen kann. Durch die blutende Wunde kann das Mittel eindringen, das man benutzt, sie zu vernichten. Glücklicherweise erinnerte ich mich daran. Glücklicherweise reise ich mit meinen eigenen Vorräten, wie alle Gheestenheemer.«
»Aber was hat sie denn jetzt getötet, Lady Alisaard? Wie gelang es
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