Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
eine Kinokarte wert, eine Achterbahnfahrt, eine Stunde ›echtes‹ Autofahren auf einer Rennstrecke oder den Eintritt in ein Lokal wie das Saturday Night Special.
War man erst drinnen, konnte man den ganzen Abend bleiben. Speisen und Getränke kosteten allerdings extra. Die Preise bewegten sich zwischen einem Punkt und dreißig Punkten, je nachdem, wieviel Arbeit in der Zubereitung steckte. Daneben war der Dollarwert angegeben, für den Fall, dass man alle Unterhaltungspunkte verbraucht hatte, aber noch Geld besaß.
Alkohol gab es nicht für Geld, außer man trug eine Uniform. Die Alkohol-Zuteilung betrug eine Unze pro Tag, und der Regierung war es egal, ob man diese Ration allabendlich in Form von zwei kleinen Gläsern Wein oder in einem einmaligen Besäufnis mit zwei Flaschen Wodka zu sich nahm.
Aus diesem Grund waren Abstinenzler und Militärs in Zecherkreisen hoch willkommen. Wie nicht anders zu erwarten, nahm die Zahl der Alkoholiker durch die Rationierung kaum ab. Leute, die den Stoff brauchten, fanden Mittel und Wege, ihn zu kaufen, zu schnorren oder selbst herzustellen.
Illegale Dienstleistungen waren natürlich auch für Geld zu haben; sie machten in der Tat den größten Prozentsatz der Dollar-Wirtschaft aus. Bei Kleinkram wie Schwarzbrennen oder illegale Prostitution drückten die Behörden gegen geringe Bestechungssummen meist ein Auge zu. Aber es gab auch die großen Bosse, die durch harte Drogen oder Auftragsmorde zu Reichtum und Macht gelangten.
Medizinische Spezialgebiete wie Kontakt-Implantation, Schönheitschirurgie oder Geschlechtsumwandlungen wurden zwar theoretisch durch den Nationalen Gesundheitsdienst abgedeckt, aber es gab kaum qualifizierte Kräfte. Vor dem Krieg waren Nicaragua und Costa Rica die Zentren der ›schwarzen Medizin‹ gewesen. Inzwischen gab es die besten Kliniken in Mexiko, obwohl viele der Ärzte noch mit Nicaragua- oder Costa-Rica-Akzent sprachen.
schwarze medizin war auch das Thema beim nächsten Freitagstreffen. Ray hatte sich zu einem Kurzurlaub nach Mexiko begeben. Es war kein Geheimnis, dass er die Reise unternahm, um sich ein paar Dutzend Pfund Fett absaugen zu lassen.
»Ich gehe davon aus, dass die medizinischen Vorteile das Risiko überwiegen«, meinte Marty.
»Musstest du ihm den Urlaub genehmigen?« fragte Julian.
»Pro forma«, erwiderte Marty. »Schade, dass er dafür keine Kur genehmigt bekam. Ich glaube, er hat bisher keinen einzigen seiner Krankentage beansprucht.«
»Reine Eitelkeit«, warf Belda mit zittriger Stimme ein. »Männliche Eitelkeit. Mir hat er gut gefallen, trotz seines Übergewichts.«
»Deinetwegen nimmt er auch nicht ab, meine Liebe«, sagte Marty lachend.
»Sein Pech.« Die greise Professorin zupfte kokett ihre Frisur zurecht.
Der Kellner war ein mürrischer Jüngling, der aussah, als sei er einem Kinoplakat entsprungen. »Letzte Runde.«
»Es ist doch erst elf«, protestierte Marty.
»Na gut, dann vielleicht die vorletzte.«
»Nochmal das gleiche für alle?« fragte Julian. Alle bejahten, mit Ausnahme von Belda, die einen Blick auf ihre Uhr warf und sich hastig verabschiedete.
Da es zum Monatsende hin ging, übernahm Julian alle Getränke auf seine Karte, und die anderen schoben ihm unter dem Tisch Bargeld zu, um Rationspunkte zu sparen. Er hatte ihnen angeboten, das immer so zu handhaben, aber in der Regel lehnten sie ab, weil es eigentlich verboten war. Bis auf Reza, der im Club grundsätzlich über Julian bezahlte.
»Ich frage mich, wie fett man sein muss, damit der Gesundheitsdienst die Absaugung übernimmt«, meinte Reza.
»Wenn sie einen Kran brauchen, um dich aus dem Sessel zu hieven«, entgegnete Julian. »Wenn deine Masse die Bahnen der benachbarten Planeten verändert.«
»Er hat einen Antrag gestellt«, berichtete Marty. »Aber weder der Blutdruck noch das Cholesterin waren hoch genug.«
»Du machst dir Sorgen um ihn?« fragte Amelia.
»Natürlich, Blaze. Mal abgesehen davon, dass er mein Freund ist – wenn er ausfällt, hänge ich mit drei Aufträgen in der Luft. Vor allem mit unserem neuen Empathie-Projekt. Das führt er im Moment mehr oder weniger allein durch.«
»Wie kommt ihr damit voran?« wollte Julian wissen. Marty hob die Hand und schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, ich wollte dich nicht…«
»Nun gut, eines kann ich dir vielleicht verraten. Wir haben auch ein Mädchen aus deiner Einheit untersucht. Du wirst es ohnehin erfahren, sobald du das nächste Mal Kontakt mit ihr aufnimmst.«
Reza
Weitere Kostenlose Bücher