Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
einzuklinken.«
»Konnte ihm denn nicht Candi oder eine der anderen in dieser Richtung… aushelfen?«
»Du liebe Güte, nein. Warum denn?«
»Genau das ist mir unverständlich. Warum denn nicht? Ich meine, alle Frauen wussten doch, dass er mit diesen Jills loszog.«
»Das war sein Freizeitvergnügen. Ich glaube nicht, dass er unglücklich dabei war.« Ich schob die Schale beiseite und schenkte mir etwas Sake nach. »Außerdem ist es ein Eindringen in die Privatsphäre in kosmischem Ausmaß. Wann immer Carolyn und ich zusammen gewesen waren und wieder in unsere Gruppe einklinkten, erfuhren acht Leute aus jeweils zwei Perspektiven, was wir gemacht hatten. Sie wussten, was Carolyn wobei empfunden hatte und umgekehrt, und wir kriegten den Feedback ab, den solches Wissen erzeugt. Man geht eine solche Beziehung nicht beiläufig ein.«
Sie gab nicht nach. »Es bleibt mir dennoch unverständlich. Ihr seid doch daran gewöhnt, dass jeder alles über den anderen weiß. Mein Gott, ihr kennt euch in- und auswendig! Ein wenig Sex unter Freunden wäre doch nichts Weltbewegendes.«
Ich wusste, dass mein Ärger unberechtigt war, aber er entsprang im Grunde auch nicht ihren Fragen. »Würde es dir vielleicht Spaß machen, wenn die ganze Freitag-Clique bei uns im Schlafzimmer versammelt wäre und alles fühlen könnte, was wir fühlen?«
Sie lächelte. »Es wäre mir egal. Ist das ein Unterschied zwischen Männern und Frauen oder nur zwischen dir und mir?«
»Ich glaube, es ist ein Unterschied zwischen dir und einigermaßen normalen Menschen.« Mein Lächeln war vielleicht nicht ganz überzeugend. »Es geht genau genommen nicht um die Sinneseindrücke. Von Details abgesehen empfinden Männer wie Männer und Frauen wie Frauen. Dieses Teilen von Gefühlen spielt keine große Rolle mehr, sobald der Reiz des Neuen vorbei ist. Was die Sache schwierig und peinlich macht, ist das, was die anderen darüber denken.«
Sie trug die leeren Schalen zur Anrichte. »Das klingt in den Kontaktanzeigen aber ganz anders.« Sie senkte die Stimme: »›Ergründen Sie das letzte Geheimnis zwischen Mann und Frau!‹«
»Hmm. Viele Leute, die sich einen Kontakt implantieren lassen, tun es aus sexueller Neugier. Oder aus einem inneren Zwang, wenn sie sich in den falschen Körper eingesperrt fühlen und eine Geschlechtsumwandlung vermeiden möchten.« Ich schauderte. »Verständlich.«
»Ach was, das ist längst Routine.« Sie lachte, weil sie meine Einstellung dazu genau kannte. »Außerdem weniger gefährlich als das Einsetzen eines Kontakts. Und es lässt sich rückgängig machen.«
»Rückgängig! Du kriegst den Schwanz eines anderen!«
»Männer und ihre Schwänze. Es ist im Großen und Ganzen dein eigenes Gewebe.«
»Das wäre früher undenkbar gewesen.« Karen war bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr ein Mann gewesen. Dann hatte sie beim Nationalen Gesundheitsdienst ein Gesuch auf Umwandlung gestellt. Sie musste ein paar Tests mitmachen, die eine Operation sinnvoll erscheinen ließen.
Die erste Umwandlung ist kostenlos. Danach musste man bezahlen. Zwei der Jills, die Ralph regelmäßig besucht hatte, waren Ex-Männer, die ihre Schwänze wieder haben wollten und durch Prostitution das Geld für die Operation zusammenkratzten. Was für eine wunderbare Welt!
auch leute, die nicht im Staatsdienst arbeiteten, konnten Geld verdienen, allerdings selten so viel wie Prostituierte. Akademiker setzten hier und da Stipendien aus, größere für die Lehre, kleine für die Forschung. Marty leitete ein Institut und galt weltweit als führende Kapazität auf dem Sektor der Gehirn-Maschine- und Gehirn-Gehirn-Interfaces – aber er verdiente weniger als ein Uni-Assistent wie Julian. Er verdiente weniger als die Greaseball-Kids, die im Saturday Night Special die Drinks servierten. Und wie die meisten Menschen in seiner Lage setzte Marty einen perversen Stolz darein, ständig pleite zu sein: Er war viel zu beschäftigt, um Geld zu verdienen. Und außerdem brauchte er ohnehin kaum etwas von dem Plunder, den man mit Geld kaufen konnte.
Man konnte mit Geld Exklusives aus dem Bereich von Kunsthandwerk oder echter Kunst erstehen. Auch Dienstleistungen kosteten Geld: Butler, Masseur, Prostituierte. Aber die meisten Leute gaben ihr Geld für rationierte Dinge aus – Dinge, die von der Regierung zur Verfügung gestellt wurden, aber nie in ausreichender Menge vorhanden waren.
Jeder Bürger erhielt beispielsweise drei Unterhaltungspunkte pro Tag. Ein Punkt war
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