Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)

Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)

Titel: Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hoffmann
Vom Netzwerk:
Per­so­nal­ak­te gibt es einen hand­schrift­li­chen Ver­merk Ih­res Dienst­vor­ge­setzten aus je­ner Zeit. Er er­wähnt einen ‚Ab­sturz‘. Um was ging es da?“
    „Ich wur­de nicht fer­tig mit dem, was mit ei­nem Freund ge­sche­hen war. Ge­nau­er ge­sagt mit mei­nem bes­ten Freund. Mit mei­nem to­ten bes­ten Freund. Mit Kyl.“
    „Ja, Kyl“, sag­te sie und hat­te plötz­lich von ir­gend­wo­her ein in schwar­zes Le­der ge­bun­de­nes No­tiz­buch und einen Füll­fe­der­hal­ter in der Hand, der wie al­les an ihr sünd­haft teu­er aus­sah.
    „Ge­nau. Also ei­gent­lich hieß er Ky­li­an Brous­se. Er wur­de nur 29 Jah­re alt. Er ar­bei­te­te nicht nur in mei­nem Team, er war mein bes­ter Freund. In je­ner Nacht im Au­gust rief er mich an, sag­te, ich müss­te drin­gend ins 8. Ar­ron­dis­se­ment kom­men, ihn auf den Champs Elysées tref­fen. Er hät­te eine ganz hei­ße Spur in un­se­rem ak­tu­el­len Fall. Ich also hin, par­ke vor dem Adi­das Sto­re und gehe die paar Schrit­te. Er woll­te vor dem
The Tra­vel­lers
auf mich war­ten, das ist ein Ho­tel dort. Ich sah ihn, rief ihn an und ging auf ihn zu, doch dann zisch­te eine Ku­gel knapp an mei­nem Kopf vor­bei und traf Kyl an der Schlä­fe.“
    „An was für ei­nem Fall wa­ren Sie bei­de da­mals dran?“, frag­te sei­ne Be­su­che­rin. Die Spit­ze ih­res Fül­lers flog über die ka­rier­ten No­tiz­buch­sei­ten.
    „Das pas­sier­te während ei­ner Er­mitt­lungs­ar­beit an ei­nem bes­tia­li­schen Mord­fall“, ant­wor­te­te Mafro. „Si­cher ha­ben Sie da­von ge­le­sen – je­mand hat­te im Früh­jahr in den Ka­ta­kom­ben eine Stu­den­tin zu Tode ge­stei­nigt und mit Blut einen Bi­bel­vers auf ih­ren Kör­per ge­schrie­ben. Wir ha­ben mo­na­te­lang er­mit­telt, ohne eine brauch­ba­re Spur zu fin­den. Sie kön­nen sich vors­tel­len, wie auf­ge­regt ich war, als Kyl am Te­le­fon sag­te, er habe einen Durch­bruch er­zielt … und dann jäh ein ge­dämpf­ter Knall aus der Fer­ne, und plötz­lich war an Kyls rech­ter Kopf­hälf­te über­all Blut, und noch be­vor der Ret­tungs­wa­gen kam, ver­blu­te­te er in mei­nen Ar­men.“
    Mafro hielt inne. Dann sag­te er:„ Kyl war sie­ben Jah­re jün­ger als ich. Im Sep­tem­ber wäre er dreißig ge­wor­den.“
    Die Frau sah zu ihm her­über, doch er nahm sie gar nicht wahr. In sei­nem Kopf war Mafro wie­der vor dem
Tra­vel­lers
, in je­ner Nacht, und hielt den ster­ben­den Kyl in den Ar­men. Kyls letztes Wort hat­te sich in Mafros Ge­dächt­nis ein­ge­brannt wie Stig­ma­ta, je­nes letzte, ge­hauch­te Wort, das Kyl noch hat­te spre­chen kön­nen, während er Mafro mit lee­ren Au­gen an­sah und dann das Be­wusst­sein ver­lor: „Dan­ke.“
    Dan­ke – ein tol­les Wort. Es öff­net Türen und Schran­ken, ge­nau­so wich­tig wie „bit­te“, das hat­te Mafro schon in sei­ner frühen Kind­heit und während sei­ner gut-bür­ger­li­chen Er­zie­hung ge­lernt, aber seit je­ner Som­mer­nacht hass­te er die­ses Wort. Er hass­te es, das Wort zu hören, und er hass­te es, das Wort zu sag­ten. Also hör­te er weg, wenn je­mand das Wort ver­wen­de­te, und er selbst hat­te das Syn­onym des Grau­ens seit je­ner un­se­li­gen Nacht aus sei­nem Wort­schatz ge­stri­chen – was die Be­zie­hung zu sei­ner Freun­din und das Le­ben ge­ne­rell nicht un­be­dingt er­leich­tert hat­te.
    Mafro stand auf und blick­te aus den großen Bal­kon­fens­tern hin­aus ins „große Ge­lau­sche“, wie sie es ge­nannt hat­te, die Hän­de in den Ta­schen sei­ner Jeans zu Fäus­ten ge­ballt. Der Schnee fiel jetzt so dicht, dass sich auf dem Bal­kon schon eine ve­ri­ta­ble Schnee­decke ge­bil­det hat­te und die lee­ren Fla­schen drau­ßen kal­te wei­ße Zip­fel­müt­zen tru­gen. Er kehr­te zum Couch­tisch zu­rück, trank den Côtes du Rhô­ne in ei­nem Zug aus und goss den Rest der Fla­sche in sein da­nach rand­vol­les Glas, ohne den ge­rings­ten Ge­dan­ken auf Höf­lich­keit oder Gast­freund­schaft zu ver­schwen­den.
    Er wuss­te es ja: Wenn er nur ge­nug trank, wenn er Al­ko­hol aus­rei­chend schnell in sich hin­ein­schüt­te­te, dann gin­gen die Bil­der weg, zu­min­dest für eine Wei­le. Die im­mer wie­der­keh­ren­den Bil­der … er

Weitere Kostenlose Bücher