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Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
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später war Marcel Rabelais bei der ersten Hälfte der dritten Flasche Wodka angelangt. In den siebzig Minuten seit dem abrupten Chatausstieg „Vince Vegas“ hatte er Angst in einem Maße gehabt, die er niemals für möglich gehalten hätte. Der Wodka hatte nur ansatzweise geholfen, sie etwas abzufedern. Er taumelte vom Sofa zu seinem ungemachten Bett und brach darauf zusammen. Die Flasche entfiel seiner Hand und rollte über das abgetretene Linoleum; farbloser Fusel bildete eine scharf riechende Lache. Seine selbstgedrehte Kippe verglomm zum Glück bei seinem Sturz ins Alkoholkoma, ehe sie größeren Schaden anrichten konnte.
    Der Mann im Auto sah auf die Digitalanzeige vor ihm am Armaturenbrett: 08:49. Zeit, mit Fronzac Kontakt aufzunehmen. Er wandte sich wieder seinem Laptop zu und fuhr Mozilla Thunder-bird, sein Mailprogramm, hoch.
    Maxime Fronzacs dienstliche E-Mail-Adresse war in seinem Adressbuch gespeichert, er klickte sie an. Er wartete eine volle Minute, die er der Vorfreude auf seinen nächsten Schachzug und dem innerlichen Frohlocken widmete. Dann verfasste er eine Mail an den Commissaire.
    BETREFF: ZOË
    WERTER COMMISSAIRE FRONZAC (ODER DARF ICH „MAFRO“ SAGEN? ICH FÜHLE MICH IHNEN SO NAHE!), ICH HABE NUN MADEMOISELLE IONESCO EBENSO IN MEINER GEWALT WIE DIESE FOTZE KAHN. ICH DENKE, DAS DÜRFTE SIE UND DIE FRAU DOKTOR AUS DEUTSCHLAND MOTIVIEREN, MICH, MEIN ANLIEGEN UND MEINE GOTTGEGEBENE MISSION ENDLICH IN ANGEMESSENER WEISE ERNST ZU NEHMEN.
    MEIN IST DIE RACHE.
    VINCE VEGA
    Dann startete er den Wagen und fuhr in den Märchenwald. Er hatte einen Menschen zu töten.

    18.2.2011, 10:11
    Préfecture de Police
    Rue de la Cité, Paris
    „Wir haben ihm vier große Becher Kaffee eingeflößt, dazu drei Aspirin, drei Croissants und eine Banane“, sagte der Berber zu Mafro. Khalil lehnte an der Wand in dem offenen, abgedunkelten Bereich, von dem insgesamt drei Verhörräume abgingen. Nur einer davon war im Augenblick besetzt. Alle drei waren über Einwegfenster von diesem Zuschauerbereich her einsehbar und über eine Gegensprechanlage mit diesem verbunden. „Aber meinst du, der Kerl würde jetzt langsam mal nüchterner werden?“
    Marcel Rabelais lag auf dem Tisch im mittleren Verhörraum, den Kopf auf den Unterarmen.
    Auf der anderen Seite des Tisches saß Geza Wolf, ein Musterbild konzentrierter Aufmerksamkeit. Ihre Stimme drang klar und kühl über den Lautsprecher nach draußen. „Monsieur Rabelais, würden Sie bitte den Kopf heben und mich ansehen? Ich muss Ihnen einige Fragen stellen.“
    Marcel Rabelais rührte sich nicht. Die Wölfin blätterte in seiner Akte. Schule geschmissen, Jugendarrest, Vorstrafe wegen Körperverletzung. Einmal Trunkenheit am Steuer; er besaß derzeit keinen Führerschein. War durch die Fürsprache eines Bekannten seines Vaters in der privaten Bewachungsfirma gelandet. Viele Fehlzeiten, eine Abmahnung, weil er im Dienst getrunken hatte. Unmäßiger Raucher. Im Grunde eine klassische Suchtkarriere.
    „Wenn wir den Typen schnappen, er sich einen guten Anwalt nimmt und der diesen Rabelais vor Gericht in die Mangel nimmt, gebe ich ihm keine zehn Minuten, dann bricht er zusammen. Ein Säufer …” Der Berber zuckte die Achseln. „Wenn alles von seiner Zeugenaussage abhängt, brauchen wir diesen Typen gar nicht erst vor Gericht zu stellen.“
    „So weit sind wir noch lange nicht“, knurrte Mafro. „Um unsere Strategie vor Gericht kümmern wir uns zusammen mit der Staatsanwaltschaft, wenn wir dieses Schwein gefasst haben.“ Er trat dicht an Khalil heran und legte dem Kollegen mit der milchkaffeefarbenen Haut die Hand auf die Schulter. „Khalil, er hat möglicherweise Zoë in seiner Gewalt, und uns läuft die Zeit weg. Bitte hilf mir.“
    Khalil schaute über den Kopf seines etwas kleineren Kollegen in den Verhörraum hinein. Er verstand Mafros bodenlose, grenzenlose Angst, aber gleichzeitig war sie ihm peinlich – er wollte nicht die mühsam zurückgehaltenen Tränen in Fronzacs Gesicht sehen.
    Marcel Rabelais hatte den Kopf gehoben und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht.
    „Monsieur Rabelais, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit …“, drängte sie sanft.
    Ein uniformierter Polizist trat ein. „Commissaire Fronzac, haben Sie einen Augenblick?“
    Mafro nickte und folgte ihm aus dem Vorraum des Verhörbereiches auf den Gang hinaus.
    „Schießen Sie los, Fabregas“, drängt Mafro. „Waren Sie nochmal bei Mademoiselle Ionesco zuhause?“
    Nach dem Eingang der

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