Der Facebook-Killer
Stimme aus der Gegensprechanlage. „He, Psychofrau! Ich habe nichts getan! Ich will jetzt heimgehen!”
Geza seufzte. Sie öffnete die Tür wieder. „Ich weiß, Monsieur Rabelais, ich weiß“, sagte sie begütigend.
Er weinte. „Ich will heim.“ Völlig kraftlos sackte er in seinen Stuhl.
Geza schloss die Tür wieder. „Fronzac, ich glaube, mehr kriegen wir für den Augenblick nicht aus ihm heraus.“
Rabelais war wieder vorwärts auf den Tisch gesackt. Er schien eingeschlafen zu sein.
Geza sah Mafro eindringlich an. „Der Typ ist fertig. Er kann nicht mehr.”
Mafro wusste, er musste dieser unschönen Tatsache ins Auge sehen. „Stecken wir ihn in eine Ausnüchterungszelle“, schlug er vor.
„Oder wir geben ihm ein paar Kurze, dann kriegt er kurzzeitig wieder die Kurve“, warf Khalil ungerührt ein.
„Ich ziehe einen Arzt hinzu“, sagte die Wölfin. „Er kommt über Nacht in ein Krankenhaus, medizinische Entgiftung und so, und morgen früh um acht machen wir weiter. Ob es etwas bringen wird, ist eine andere Frage. Vielleicht gibt er uns morgen mehr.”
Sie begegnete Khalils Blick, der sagte, was sie dachte: „Oder auch nicht.“
Mafro nickte zögernd und sah auf die Uhr. 14:08. Sein Magen knurrte. Er war ohne Frühstück hergekommen und hatte bisher nichts zu Mittag gegessen.
Fronzac sehnte sich nach einem Essen bei seinem Lieblingsinder und einer Massage bei seinem Kumpel Eugène, der Physiotherapeut war. Sein Nacken fühlte sich bretthart an. „Gut, morgen um acht.” Geza nickte und zückte ihr Handy.
Dann ließ sie es noch einmal sinken und sah Mafro an. Schmetterlingsleicht berührten ihre Finger seine Schulter. „Wir holen Zoë da raus, Mafro. Zoë und Danielle.”
„Wir müssen unbedingt gut auf Rabelais aufpassen“, schaltete sich Khalil ein. „Er ist unser einziger Zeuge, egal wie vage seine Angaben bisher waren.“ Mafro nickt erneut; unwillkürlich zuckten Bilder von Kyls Leichnam vor seinem inneren Auge auf.
„Wir sollten ihn unter Polizeischutz stellen“, stimmte auch Geza zu. „Mafro – sprechen Sie am besten persönlich zwei uniformierte Kollegen an, denen Sie trauen und weisen Sie sie an, Rabelais bis morgen früh keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Ihm darf nichts zustoßen.”
In diesem Augenblick flog die Tür auf. Atemlos kam Fabregas herein geschnauft. „Äh, Commissaire Fronzac, Commissaire Larbi …“, keuchte er. „Ich glaube, Sie sollten besser sofort raus ins Foyer kommen.“
Khalil sah ihn alarmiert an. „Was ist los?“
„Einer der Kollegen hat mich gerade angefunkt. Dr. Eude steht auf der Treppe vor dem Gebäude und gibt eine improvisierte Pressekonferenz.“
„Wie bitte?“, fragte Khalil.
Mafro war bereits losgerannt. Bisher hatten er und Dr. Wolf auf strenge Informationskontrolle, ja im Falle seines Fernsehinterviews sogar auf Manipulation dessen, was an die Medien ging, gesetzt. Ungesteuertes Faktenstreuen war so ungefähr das Letzte, was sie jetzt brauchten. Am Klacken ihrer Absätze hörte er, dass Geza ihm dicht auf den Fersen war.
Er bog scharf links ab, ließ die Telefonzentrale rechts liegen und stürmte durch das kühle, steinerne Foyer des alten Präfekturgebäudes. Der rechte Flügel der Eingangstür war festgestellt. Mafro sah Dr. Eudes Rücken und jenseits davon ein Kamerateam.
Wenn die Psychologin Rabelais auch nur mit einer Silbe erwähnte, konnte sie ebenso gut ins Verhörzimmer gehen und ihn selbst erschießen.
Dann hörte er ihre schneidende, klare Stimme.
„Wir wissen inzwischen, dass der Täter seine Opfer auf Facebook findet. Derzeit verhören wir einen Zeugen, der ihn gesehen hat und gehen davon aus, dass seine Personenbeschreibung unmittelbar zu einer Identifikation und Festnahme des Facebook-Killers führen wird.”
Facebook-Killer? War sie von allen guten Geistern verlassen?
„Oh, Scheiße”, hörte er Geza hinter sich halblaut sagen. Er hätte es nicht besser zusammenfassen können.
Mit zwei Schritten war Mafro an Dr. Eudes Seite. Klar, er hatte gespürt, dass Gezas zentrale Rolle bei diesem Fall schwer an ihrer Ehre gekratzt hatte, aber das hier musste sofort aufhören.
„Wie gesagt“, fuhr Dr. Eude fort, „wir haben einen Augenzeugen. Seine detaillierte Personenbeschreibung wird meine Theorie …“
„Danke, meine Herrschaften, das war’s.“ Während Mafro das laut und klar in den frühen Nachmittag posaunte, umfasste er Dr. Eudes Oberarm mit einem schraubstockartigen Griff. Dann schob er
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