Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)
rieseln. Dann kippt man Wasser darüber, die Erbsen quellen auf – und mit einem schönen ›Knack‹ sprengen die aufquellenden Erbsen alle Fontanellen sauber auf. Sehr lehrreich.«
»Sehr kalorienreich. Wenn ich daran denke, was ich pro Woche auf meiner Lebensmittelkarte an Marken habe, dann hätte ich die Erbsen nötiger als dieser Knochenmann.«
»Sie hatten auch gut ausgebildete Ärzte nötig. Ist noch gar nicht lange her.«
»Also haben Sie Ihre Zeit mit Erbsen und Studenten verbracht. Soll ich morgen noch einmal wiederkommen?«
»Ein paar Dinge habe ich zwischendurch schon bei unserem Freund untersucht. Oberinspektor Dönnecke besteht auf einem Bericht.«
»Er will die Akte schließen.«
»Er hielt es nicht für nötig, mir zu sagen, warum er den Bericht so dringend haben will. Ich habe mir die Leiche in aller Eile angesehen und ein paar Zeilen heruntergerasselt. Dann habe ich den Körper für später aus dem Weg geräumt.«
»Könnte es sein, dass Sie einen Durchschlag Ihres Berichtes haben?«
»Habe ich, aber nicht für Sie. Nichts für ungut, aber ich möchte nicht, dass der werte Kollege irgendwann bei Ihnen ein Dokument von mir entdeckt, das er gar nicht bei Ihnen finden dürfte.«
»Verstehe«, murmelt Stave und zückt sein zerfleddertes Notizbuch.
Czrisini lächelt. »Das Opfer ist schon sehr lange tot. Wie lange, kann man kaum schätzen. Die Zerstörung des Reimershofes ist etwa fünf Jahre her. Das könnte zum Befund passen, sagen wir also als Hypothese: seit fünf Jahren tot, aber wie gesagt, bloß eine vage Vermutung.
Todesursache vermutlich Schädel-Hirn-Trauma. Selbstverständlich kann ich andere Ursachen nicht ganz ausschließen, vorausgesetzt, der Unbekannte starb tatsächlich bei einem Bombenangriff: Die Druckluft der Explosion zerstört die Lunge. Er ist erstickt. So etwas. Sicher ist aber, dass er eine schwere Kopfverletzung erlitten hat. Sieht so aus, als hätte ihm ein L-förmiges Objekt, ungefähr faustgroß, den Schädel von oben eingeschlagen.«
»Trümmerstücke des einstürzenden Hauses?«
»Eher nicht. Zementbrocken oder Balken fügen den Opfern großflächigere Verletzungen zu, oft sind die Schädelknochen regelrecht zersplittert. Das hier sieht eigentlich eher wie ein Schlag aus, mit einem harten Gegenstand, einmal. Kein Hammer, kein Rohr, kein Schlagstock, dann wären die Brüche anders geformt. Im Innern des Schädels findet sich übrigens auch nichts, was diese Verletzung hervorgerufen haben könnte, etwa ein Bombensplitter oder dergleichen. Wirkt also eher wie ein Schlag von außen mit einem Objekt, das dann auch außerhalb des Schädels verblieben ist.«
»Mord mit einem L-förmigen Gegenstand?«, fragt der Oberinspektor gespannt.
»Hätte man den Toten anderswo gefunden, würde ich sofort zustimmen. Aber in einem zerbombten Haus …«, Czrisinis Körper wird in einem Hustenanfall geschüttelt wie eine Weide im Wind. »In einem zerbombten Haus will ich nicht ausschließen, dass dies doch eine Explosionsfolge gewesen ist. Wer von uns weiß schon genau, was in einem Gebäude abläuft, während es einstürzt?«
Stave muss an Margarethe denken. Er klammert sich, wie er meint: unauffällig, am Tisch fest, bis der Schwindel vorüber ist. »Gibt es Bilder?«, will er wissen. Seine Stimme klingt seltsam tonlos.
Der Rechtsmediziner scheint das nicht zu bemerken. Er starrt aus dem Fenster in die Dunkelheit – so lange, dass der Kripo-Mann schließlich glaubt, er habe ihn vergessen. »Ja, doch«, murmelt Czrisini plötzlich, als habe er in die Wirklichkeit zurückgefunden. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen einen Abzug überlassen sollte.«
»Wird das Bild jemals bei mir entdeckt werden, dann schiebe ich es auf Kienle.«
Czrisini lächelt schwach und kramt in einer Ablage, bis er ein DIN-A4-großes Foto aus einem Umschlag zieht: Schädelknochen, umspannt von verwester Haut, Haarreste. Mitten auf dem Kopf eine alte Wunde, ein schwarz verkrustetes Loch.
»Sehen Sie«, murmelt der Rechtsmediziner und deutet auf die Verletzung.
»Sieht aus, als habe ihm jemand ein ›L‹ verkehrt herum auf den Kopf gestempelt«, murmelt Stave.
»Ein ziemlich großes ›L‹, das ziemlich tief eingestempelt wurde«, kommentiert Czrisini. »Wäre das Gehirn nicht verwest, dann würde ich dort wohl massive Blutungen feststellen.«
»Tödliche Blutungen?«
»Darauf können Sie ein paar Reichsmarklappen wetten.«
»Sonst noch etwas?«
»Auf diese Fakten können Sie auch noch setzen: Der
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