Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)
weniger fallen darauf herein.«
»Und Sie finden den Fälscher?«
»Das ist mein Beruf.«
Flasch blickt erleichtert drein. »Das wird den Herrn Präsidenten freuen.«
»Vielleicht sollte ich mir eine Flasche Bratöl leisten«, sagt der Oberinspektor, nun lauter.
Sein Nachbar schüttelt kaum merklich den Kopf. »Das können Sie höchstens auf eine Fahrradkette schmieren«, antwortet er, seine Stimme bleibt leise. »Das ist Torpedoöl, aus der U-Boot-Werft von Blohm & Voss. Knochenöl mit chemischen Zusätzen, sodass es bei allen Temperaturen flüssig bleibt. Wenn Sie das in Ihre Pfanne kippen, können Sie nach dem Essen Ihre Beine nicht mehr bewegen. Oder sie bekommen Probleme hier oben.« Er tippt sich an die Stirn.
»Danke für den Hinweis«, murmelt Stave und nimmt sich vor, einen Kollegen vom Chefamt S auf diesen Bratöl-Händler anzusetzen. Falls er in der verwaisten Zentrale noch einen Kollegen findet, der bereit ist, eine derartige Aufgabe zu übernehmen.
Tatsächlich wartet ein Beamter im Büro auf ihn – Hauptpolizist Ruge. »Da werden die Kollegen Augen machen, dass ein Schupo bei mir döst«, begrüßt ihn Stave.
»Welche Kollegen?«
»Schon gut. Wenn Sie aufkreuzen, dann gibt es einen neuen Fall. Um was geht es?«
»Um Ihren Fall, Herr Oberinspektor«, verkündet Ruge aufgeregt. Der Kripo-Beamte ist einen Moment erstaunt, weil er glaubt, dass sich die Geschichte mit den falschen Scheinen schon bis zu den einfachen Schupos herumgesprochen hat. »Die Kunstwerke in den Trümmern«, fährt Ruge fort und bemerkt nicht, dass Stave erleichtert ausatmet. »Ich habe mich erkundigt, wer die Räume Reimershof gemietet hatte, bis 1943.«
»Das gehört zu Ihren Aufgaben bei der Schutzpolizei? Wie haben Sie überhaupt davon erfahren?«
»Es waren Kollegen von der Schutzpolizei im Reimershof dabei, Herr Oberinspektor. Leichen finden wir ja öfter mal unter den Trümmern, aber ein Schatz ist selten in den Ruinen verborgen.«
»Das ist kein Schatz, das sind Kunstwerke.«
»Das meine ich ja. Da redet man halt im Kollegenkreis. Und auch über Ihre …« Ruge ringt um das richtige Wort, »… fachliche Veränderung«, endet er lahm.
»Die Beamten tratschen wie Fischweiber, weil ich nicht mehr bei der Mordkommission bin?«
»So kann man das sagen.«
»Und warum erkundigen Sie sich dann ohne Auftrag nach den Mietern des Reimershofes? Das ist mein Fall.«
Der Hauptpolizist hüstelt. »Ich will doch zu den Krimsches wechseln, Herr Oberinspektor. Und da Sommer ist und wenig passiert auf den Straßen, dachte ich, dass ich schon mal anfange mit Nachforschungen.« Ruge holt einen Zettel aus seiner Uniformtasche und faltet ihn umständlich auseinander. »Ich habe den ehemaligen Vermieter aufgetrieben«, erklärt er. »Und dann habe ich noch das Handelsverzeichnis von 1943 studiert. In den obersten beiden Stockwerken des Reimershofes war eine Flussschiffreederei untergebracht. Fast alle Etagen darunter hatte eine Kaffee-Import-Firma angemietet. Das Erdgeschoss hatte ein Bankier belegt.«
»Die obersten beiden Etagen wird die Brandbombe vernichtet haben. Da lagen die Kunstwerke nicht. Bei der Kaffee-Import-Firma werden die Geschäfte ab 1939 nicht mehr gut gelaufen sein.« Der Oberinspektor erinnert sich daran, dass Kaffeebohnen schon bei Kriegsbeginn rationiert worden waren.
»Den Firmeninhaber können wir sowieso nicht mehr befragen. Er ist im Hungerwinter 46/47 gestorben«, ergänzt Ruge.
»Bleibt das Erdgeschoss. War dort eine Bankfiliale untergebracht?« Der Oberinspektor fürchtet schon, er muss eine Hundertschaft Bereitschaftspolizisten losschicken, um die Ruine vor Plünderern zu schützen, die sich durch die Trümmer wühlen würden, sobald sich das herumspräche.
»Nein. Wenn ich die Unterlagen richtig verstehe, hat der Bankier die Räume gemietet, nicht die Bank.«
»Als Privatmann?«
»Vielleicht.«
»Wann?«
»Im Herbst 1937.«
»Mitten in der braunen Zeit. Und wir finden in den Trümmern Kunstwerke, die dem Kunstgeschmack der Nazis garantiert nicht entsprochen haben. Das klingt einfach zu schön, um ein Zufall zu sein.«
Ruge lächelt stolz. »Der Mieter von damals lebt noch: Doktor Alfred Schramm, Fährstraße 80 in Uhlenhorst.«
Stave nickt anerkennend. »Feine Gegend. Hart an der von den Engländern requirierten Zone rund um die Alster. Sieht so aus, als wäre unser Doktor Schramm gut durch den Krieg gekommen.«
»Seine Privatbank ist schon wieder eröffnet worden.«
»Die Engländer
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