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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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haben ihn also gecleart. Er hat das Entnazifizierungsverfahren unbeschadet überstanden, sonst hätte er keine Lizenz erhalten.«
    »Nach allem, was mir der Vermieter des Reimershofes erzählen konnte, war es wohl so, dass dieser Schramm die Nazis mehr fürchten musste als die Engländer.«
    »Schramm kann nicht Jude sein, sonst wäre sein Geldhaus arisiert worden.«
    »Alte Hamburger Bankiersfamilie. Sieht so aus, als mochte er die braunen Kerle einfach nicht.«
    Der Oberinspektor streicht sich nachdenklich über den Mund. »Ein wohlhabender Mann«, murmelt er.
    »Womöglich ein Kunstkenner«, ergänzt Ruge.
    »Und womöglich jemand, der genau jene Werke schätzt, die der Führer und der Klumpfuß Goebbels verabscheuten. Der die Kunst wegschließt, damit sie den Schergen vom Propagandaministerium nicht in die Finger fällt. Der sie in einem unauffälligen Büro in einem unauffälligen Kontorhaus versteckt, bis wieder bessere Zeiten anbrechen. Der aber nicht mit englischen Fliegerbomben gerechnet hat. Und der sich vielleicht freut, wenn man ihm nun ein paar gerettete Objekte präsentiert.«
    »Fahren wir in die Fährstraße?«, fragt Ruge hoffnungsvoll.
    Stave blickt auf seine Uhr. »Ich muss erst mit dem Staatsanwalt über den Fall reden. Doktor Ehrlich arbeitet oft bis in den späten Abend, aber ich will mein Glück nicht strapazieren. Morgen besuchen wir den Bankier. Sie und ich.«
    Der Hauptpolizist schlägt die Hacken zusammen und dreht sich zur Tür.
    »Ruge? Hat sich eigentlich noch ein Beamter beim Vermieter des Reimershofes umgehört?«
    »Wer?«
    »Jemand von der Mordkommission? Womöglich Dönnecke selbst?«
    »Niemand, Herr Oberinspektor. Der Vermieter wusste nicht einmal, dass man in seinem Trümmerhaus einen Toten gefunden hat.«
    »Und Sie haben ihn nicht zufällig auch nach der Leiche befragt?«
    »Sollte ich das?«
    »Wir sehen uns morgen.«
    Selbst für den kurzen Weg zur Staatsanwaltschaft muss sich Stave den Regenmantel überwerfen. Und auf meinem Hut wird noch Moos wachsen, sagt er sich verdrossen. Der graue Sommer zermürbt die Lebensfreude, im Dauerregen erodieren selbst elementarste Regeln der Höflichkeit. Mordwetter. Zum Glück nicht mehr mein Geschäft, sagt er sich.
    Doktor Albert Ehrlich bedenkt ihn über den Rand seiner Hornbrille hinweg mit einem langen Blick. »Sie sind schmaler geworden, Herr Oberinspektor. Noch schmaler.« Der Staatsanwalt fährt mit der Rechten über seinen eigenen Bauch, über dem der Hosenbund spannt. »Ein bürgerlicher Hüftring ist die Zierde des gesetzten Mannes. Ich arbeite mich mit englischem Gebäck an meinen Vorkriegszustand heran.«
    »Danke, dass Ihr erster Satz nicht meiner Versetzung gilt«, erwidert der Kripo-Beamte.
    »Sie sollten Ihre Antwort auf einen Pappkarton schreiben und bei passender Gelegenheit vorzeigen. Das schont die Stimmbänder. Also: Warum haben Sie genug von den Mördern? Wir waren ein gutes Gespann.«
    »Das sind wir hoffentlich immer noch. Oder haben Sie sich nun ausschließlich auf Mörder und Nazis spezialisiert?«
    »Letztere bilden eine Untergruppe der Ersteren, eine sehr große Gruppe. In der Tat: Die Hehler und Schieber überlasse ich gerne meinen englischen Schnellrichter-Kollegen.«
    »Ich habe zwei Fälle«, erklärt Stave. »Der eine interessiert die Engländer, die Ihre und meine, sagen wir, Förderer sind. Der andere wird Sie interessieren.«
    »Persönlich?«
    »Es geht um Kunst.«
    Ehrlich dreht sich im Stuhl um, betrachtet die Lithografie von Ernst Barlach an der Wand. Der Totentanz. Eines der wenigen Werke seiner von den Nazis geplünderten Expressionistensammlung, das er wiedererlangt hat. »Vielleicht tut auch mir ein wenig Abwechslung gut. Erzählen Sie«, fordert ihn der Staatsanwalt auf.
    Stave berichtet zunächst von den seltsamen Geldscheinen, die auf dem Schwarzmarkt am Goldbekplatz aufgetaucht sind, und zeigt ihm die beiden Blüten. Ehrlich betrachtet sie nur kurz und schüttelt den Kopf. »Ich kann verstehen, warum sich unser gemeinsamer Freund MacDonald darüber Sorgen macht. Grüngelbe Fünf-Pfennig-Scheine – das ist nicht nur dreist, das ist geradezu peinlich. Jeder Fälscher, der ein wenig Berufsehre hat, nimmt sich doch Zehner oder Hunderter vor. Das ist ja schon beinahe eine Verhöhnung der Bemühungen unserer Besatzer.«
    »Sie meinen, da verspottet jemand die Briten, indem er groteske Geldnoten unter das Volk wirft? So eine Art Sabotage?«
    »Was sonst? Für eine einzige Zigarette müssen Sie auf

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