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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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sieht den Offizier erstaunt an. »Sie interessieren sich für Kunst?«
    »Ich bin kein Barbar. Der Bronzekopf, den Sie mir aus den Polizeiakten gezeigt haben, gefällt mir. Ich hätte gerne einen ähnlichen für mein Wohnzimmer, irgendwann in Schottland. Mit Ernas Zügen. Und wenn wir keine Bronze auftreiben können, dann bestelle ich ein gemaltes Porträt.«
    »Vielleicht kann man die Hülse einer Flakgranate einschmelzen und daraus ein Kunstwerk gießen?«
    »Jetzt klingen Sie wie ein Pazifist. Aber etwas Solides aus Metall wäre mir schon lieber als eine Arbeit auf Papier. Und für Erna wäre es eine passende Erinnerung an Hamburg.«
    Staves Rechte verkrampft sich kurz am Haltegriff auf dem Armaturenbrett. »Sie reisen bald ab?«
    »Noch diesen Monat. Es zerreißt Erna das Herz. Einerseits will sie fort mit mir, andererseits wird sie ihren Sohn zurücklassen müssen. Der ist doch erst acht Jahre alt.«
    »Er lebt bei seinem Vater?«
    »Das Gericht hat ihm das Sorgerecht zugesprochen. Obwohl er«, der Lieutenant zögert, sucht nach dem richtigen Begriff, »ziemlich jähzornig ist.«
    »Er schlägt ihn?«
    »Der Kleine kann ihm meistens davonlaufen. Der Mann ist einbeinig.«
    »Ist der Kerl arbeitslos?«
    MacDonald lacht freudlos auf. »Ein Krüppel in diesen Zeiten? Selbstverständlich ist er arbeitslos. Aber eben kein Ehebrecher. Die Scheidung ist Ernas Schuld, sie verliert das Sorgerecht, so steht es im Gesetz. Irgendwie bezahlt jeder einen Preis, der aus diesem Trümmerhaufen herauswill.« Der Lieutenant starrt angestrengt geradeaus.
    »Und was zahlen Sie?«
    »Zunächst einmal das, was Weber von mir verlangt.«
    »Kunst ist teuer.«
    »Das ist relativ. Mal sehen, ob die Augen unseres Künstlers aufleuchten, wenn ich nicht mit Reichsmarkbündeln, sondern mit Pfundnoten wedle. Vielleicht habe ich ja den richtigen Riecher: Wenn alles wieder besser wird, könnte einer wie Weber zum internationalen Star werden. Galerien in London, New York, Paris. Ich werde das Werk wieder verkaufen, streiche dabei immense Gewinne ein und quittiere den Dienst.«
    »Sie würden ein Porträt von Erna verkaufen?«
    MacDonald schüttelt den Kopf. »Sie haben recht: Ich sollte in Travemünde gleich zwei Sachen bestellen. Eine Skulptur für das Wohnzimmer und eine für den Banksafe.«
    »Das klingt, als hätten Sie die Idee von einem gewissen Hamburger Bankier. Und Ihre schöne Geldanlage funktioniert nur, wenn Weber nicht der Produzent der gefälschten Pfennigscheine ist, die Ihre Vorgesetzten so beunruhigen.«
    »Wenn er das ist, dann wird er bald viel Zeit zum Malen haben. Jahre. Allerdings wird es dann nichts mit den Reisen zu Vernissagen in anderen Ländern.«
    »Sie halten ihn für den Fälscher?«
    »Nach allem, was Sie mir über Weber berichtet haben, klingt das ziemlich absurd. Aber er scheint unsere einzige Spur in diesem Fall zu sein.«
    »Nicht nur in diesem.« Der Oberinspektor erzählt ausführlich von Schramm, der den Bronzekopf 1938 in seiner Villa aufgestellt hatte, sich heute jedoch daran nicht mehr erinnern will.
    »Ob die Fälle zusammenhängen?«
    »Was sollen diese seltsamen Geldscheine mit dem wiederaufgetauchten Bronzekopf zu tun haben?«
    »Schramm ist Bankier.«
    Stave blickt den Engländer skeptisch an. »Das ist eine sehr vage Verbindung. Zu vage, um das Cuddel Breuer oder gar dem Staatsanwalt zu präsentieren.«
    »Aber Sie haben auch schon daran gedacht, nicht wahr?«
    »Sie kennen mich zu gut«, gibt der Oberinspektor zu. »Kunst, Geld, ein Bankier – das klingt irgendwie passend. Aber mehr habe ich nicht in der Hand.«
    »Noch nicht. Wir sind bald da.«
    Sie fahren in eine Ostseeidylle, als hätte es nie einen Krieg gegeben: Häuser für die Sommerfrische, Terrassen, bunte Fensterläden, gepflegte Vorgärten, Hotels, das Zimmer mit Meeresblick für 500   Reichsmark die Nacht, Frühstück mit Marmelade und echtem Bohnenkaffee inklusive. Die Luft schmeckt nach Salz und Gras und dem Ruß aus dem Schornstein einer großen Schwedenfähre, die gerade im Hafen anlegt.
    »Schön, dass die Kameraden der Royal Air Force wenigstens diese Stadt vergessen haben«, kommentiert der Lieutenant. Stave schweigt dazu. Die beiden Männer passieren das Spielcasino – eleganter Jugendstil, vor kurzem wieder eröffnet.
    »Liegt es nur am Regen«, wundert sich MacDonald, »dass ich hier kaum jemanden sehe? Das Casino ist leer, die Terrassen verlassen. Ich hatte immer gehört, Travemünde sei das Paradies der erfolgreichen

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