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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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»so etwas mache ich nicht mehr. Das mit den Marken war ein Fehler. Ich hatte Hunger. Trotzdem eine Dummheit.«
    »Woher wissen Sie, dass es gefälschte Scheine sind?«, fragt Stave sanft.
    »Pfennigscheine in diesen Farben? Was soll das denn sonst sein? Deshalb sind sie also eigentlich hier. Der Bronzekopf interessiert Sie einen Dreck.«
    Der Kripo-Beamte geht darauf nicht ein. »Wo waren Sie am vergangenen Montag?«
    »In Travemünde. Mein Auftraggeber hat mir im Obergeschoss ein Zimmer hergerichtet, solange ich hier arbeite. Morgen werde ich abreisen. Aber die letzten zwei Wochen war ich an der Ostsee.«
    »Gibt es dafür Zeugen?«
    »Den Bäcker im Ort. Die Putzfrau, die einmal die Woche hier vorbeikommt. Der Nachbar, der muss mich durch die Fenster bei der Arbeit gesehen haben. Er ist«, Weber zögert, »ein sehr guter Freund.«
    »Wir werden das überprüfen«, erwidert Stave und macht sich eine Notiz. Wütend unterstreicht er die Worte. Wenn das stimmt, dann war Weber nicht auf dem Goldbekplatz, als dort die Fünf- und Zehn-Pfennig-Scheine aufgetaucht sind. Wäre auch zu einfach gewesen.
    »Sehen Sie sich die Scheine ruhig genauer an«, fordert er Weber auf. »Sie sind Künstler. Vielleicht erkennen Sie darin eine Art Handschrift. Könnte das irgendjemand, den Sie kennen, fabriziert haben?«
    »Ich bin nicht mehr in diesem Geschäft«, protestiert Weber, nimmt die Scheine trotzdem in die Hand. Er betrachtet sie, hält sie gegen das Licht, streicht über das Papier, schüttelt schließlich den Kopf. »Das würde ich nicht einmal schaffen, wenn ich es wollte. Und auch sonst niemand, den ich kenne. Ich habe damals die Marken auf Karton gefälscht, mit Tusche und Feder. Das hier ist auf Spezialpapier gedruckt.«
    »Von einer Notenpresse?«, hakt Stave nach.
    »Möglicherweise. Möglicherweise auch nicht. Auf jeden Fall von einer Druckerei. Sehen Sie.« Er hält den Zehn-Pfennig-Schein gegen das Licht, deutet auf den Rand. »Die feinen Linien des Rautenmusters, dazu die blaue Farbe. Das passt nicht ganz. Farbe und Linien sind um ein, zwei Millimeter verrutscht, das Rautenmuster ragt eine Winzigkeit in den Rahmen der blauen Farbe hinein. Ein Fehldruck. Oder eine nicht ganz perfekte Fälschung. Aber vielleicht ist das gar nicht wichtig, denn der ganze Schein ist vollkommen unsinnig.«
    »Warum?«
    »Weil man in den Zonen kaum noch Farben und Papier bekommt, wie Ihnen jeder Künstler bestätigen kann«, erwidert Weber und klingt leicht verzweifelt. »Jeder Fälscher übrigens auch. Allein dieser Fetzen Papier und die blaue Farbe darauf kosten mehr als zehn Pfennig. Wer druckt einen Geldschein, dessen Herstellung teurer ist als dessen Wert? Wer würde Geldscheine drucken, mit denen er arm wird? Mich haben meine Lebensmittelmarken damals viel gekostet: Karton, Farbe, Federn. Aber am Ende habe ich mehr dafür bekommen, als mich das Material gekostet hat.«
    »Unter anderem sechs Monate Gefängnis«, wirft Stave ein.
    »Wenn Sie sich an Geldscheine wagen«, fährt Weber unbeirrt fort, »dann sind vielleicht Zehn-Mark-Lappen die Mühe wert, besser wohl noch Hunderter. Aber Pfennige? Noch dazu Scheine, die niemand kennt? Fälscher können rechnen.«
    Der Oberinspektor denkt an das erste Treffen mit MacDonald, als der ihm die Scheine präsentierte und sagte, dass ihr Auftauchen womöglich das Vertrauen in die neue Währung untergraben könnte. Vielleicht ist das gar kein Nebeneffekt dieser seltsamen Blüten – sondern ihr Hauptzweck? Vielleicht geht es ihrem Hersteller gar nicht um Gewinn, sondern bloß um das Verbreiten von Unsicherheit und Chaos? Den Kripo-Mann beschleicht das Gefühl, in einer völlig falschen Richtung gesucht zu haben.
    »Sie haben uns weitergeholfen«, sagt Stave und faltet die beiden Scheine wieder zusammen. Er fühlt sich plötzlich müde.
    MacDonald hat der Befragung schweigend gelauscht. Nun schaut er aus dem Fenster, dann atmet er tief durch. Auch er ist enttäuscht, zwingt sich aber ein charmantes Lächeln ins Gesicht.
    »Ich habe noch ein Anliegen«, beginnt er.
    In der nächsten Viertelstunde verhandelt er mit Weber über ein Porträt von Erna Berg. Der Künstler wird freundlicher, aufgeregter, gestikuliert, läuft im leeren Zimmer auf und ab. Ein Bronzekopf? Unmöglich! Kein Material in der ganzen Zone dafür, nicht einmal, wenn ein britischer Offizier nachfragt. Ein Bild?
    »Wenn mir die Dame Modell sitzt«, sagt Weber.
    »Dafür bleibt vielleicht nicht genügend Zeit«, erwidert MacDonald.

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