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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Toten. Was er 1938 gemacht hat, war nach den Gesetzen des Dritten Reichs illegal. Heute gilt das als ehrenhaft. Treue zu einem jüdischen Mitarbeiter. Einsatz für verfemte Kunst. Ich verstehe nicht, wieso er sich dazu nicht bekennt. Ganz abgesehen davon, dass er ein Kunstwerk aufgibt, das er wahrscheinlich für viel Geld gekauft hat.«
    »Schramm kann es sich leisten, auf Geld zu verzichten.«
    »Kennen Sie einen Bankier, der freiwillig auf einen Pfennig verzichtet? Dafür muss es einen wichtigen Grund geben – vielleicht ist Rolf Rosenthal nicht beim Bombenangriff gestorben. Seine seltsam geformte Schädelverletzung, wie ein Schlag von oben. Kratzspuren an ungewöhnlichen Stellen unter den Schuhsohlen. Das ist mir alles ein Rätsel.«
    »Sie sehen aber aus, als wären Sie gerade ziemlich zufrieden mit sich.«
    »Es ging mir schon mal schlechter«, gibt der Oberinspektor zu.
    Kurz darauf kurvt Stave auf seinem Rad zwischen den Schlaglöchern auf der Esplanade und dem Gorch-Fock-Wall herum. Nur ein paar hundert Meter, doch seine Hose klebt an den Beinen, Nässe sickert in die Schuhe. Muss mir noch einen Regenschutz besorgen, denkt er und fragt sich, was er in der Tauschzentrale noch anbieten könnte für einen wasserdichten Umhang. Und ob es bald überhaupt noch Tauschzentralen geben wird, nach dem Tag X. Ein Lastwagen überholt ihn, ein asthmatisches Vorkriegsmodell, kaum schneller als er. Blaue Wolken quellen aus dem Auspuff und wabern in der regenschweren Luft wie zäher Nebel über der Straße. Der Gestank nach Benzin und Schmierfett. Der Karl-Muck-Platz, geradeaus könnte er geradewegs bis ins Foyer der Kripozentrale radeln und die Blicke der Kollegen genießen. Er biegt jedoch rechts ab, zur Staatsanwaltschaft.
    »Wie ich höre, machen Sie jetzt Prominentenbesuche?«, begrüßt ihn Ehrlich. Die Augen hinter der dicken Hornbrille blitzen spöttisch, aber Stave entgeht nicht, dass sie an den Rändern rot entzündet sind vor Müdigkeit.
    »Eine archäologische Expedition zu den Ruinen einer einstigen Ufa-Größe.«
    »Haben Sie einen Schatz geborgen?«
    »Ich habe eine klumpfüßige Mumie identifiziert.« Der Oberinspektor berichtet von der Befragung und von seinen Schlussfolgerungen.
    »Wie bedauerlich, dass Sie nicht mehr bei der Mordkommission sind«, bemerkt Ehrlich. »Wir haben übrigens bald noch einen weiteren Termin. Wahrscheinlich noch im Juli. Das Gericht wird Sie als Zeugen vorladen.«
    »Der Maat von der ›Tirpitz‹, der mich niedergeschossen hat«, murmelt Stave.
    »Und der seine Familie auf dem Gewissen hat. Wir haben sein Geständnis. Aber Sie wissen, wie das ist: Wir werden trotzdem die wichtigsten Aussagen hören. Könnte sein, dass diese Aussagen vor Gericht etwas peinlich werden für die Kriminalpolizei.«
    Stave schließt die Augen. »Die Abreibung. Ich habe davon gehört. Gesehen habe ich nichts, ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon andere Sorgen.« Er klopft sich leicht auf die Brust.
    »Vielleicht wird der Verteidiger den Kollegen Dönnecke in den Zeugenstand rufen.«
    »Es wird seinem Mandanten trotzdem nichts nutzen. Der Maat wird unter dem Fallbeil enden.«
    »Gelegentlich trifft es die Richtigen.«
    Stave müsste nun eigentlich gehen, doch irgendwie will er sich nicht aus dem unbequemen Stuhl hochstemmen. Auch Ehrlich sieht nicht so aus, als habe er dringende andere Termine.
    »Führen Sie auch die Anklage gegen Harlan?«, fragt der Kripo-Mann.
    »Wegen Aufstachelung zum Rassenhass? Nein, das macht ein Kollege. Er macht das gut, aber ich bedauere ihn trotzdem.«
    »Weil er keine Chance hat?«
    »Sieht so aus. Üble Filme an sich sind noch kein Verbrechen, jedenfalls nicht so ohne weiteres. Und außerdem beruft sich Harlan darauf, dass Goebbels ihn dazu gezwungen hat.«
    »Das tun die alten Nazi-Größen alle.«
    »Und sie kommen ja auch fast alle damit durch. Wer nicht gerade selbst die Finger am Abzug oder am Gashahn hatte, also nicht nachweislich Blut an den Händen hat, der muss sich keine allzu großen Sorgen machen. Es findet sich immer ein Vorgesetzter, der vor 1945 diesen und jenen Befehl gegeben hat, den man befolgen musste.« Der Staatsanwalt nimmt einen Schluck von seinem Tee. »Bislang sind mehr als 300   000 Hamburger vor den Fachausschuss geladen worden – und fast alle haben einen Persilschein bekommen. Und wenn wirklich mal jemand nicht gecleart wird, dann gibt es noch andere Wege. Einen geschickten Autounfall zum Beispiel.«
    Stave nickt. Karl Kaufmann, der ehemalige

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