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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Kommandos zu geben.
    »Das ist kein Fall für die Kriminalpolizei«, erwidert Stave.
    »Freut mich zu hören.« Harlan lässt seinen Körper auf einen Stuhl fallen, der leise knarzt. »Ich möchte wieder arbeiten. Meine Frau hat ein Engagement.« Er nickt Kristina Söderbaum zu.
    »Ich spiele in einem amerikanischen Thriller«, erklärt sie. »›Gaslicht‹, in der ›Auslese‹, einem neuen Ensemble. Es ist erfrischend, wieder einmal Theater zu machen.«
    »Ich berste auch vor Energie. Vor Ideen. Neue Filme wären gut für dieses Land, in dieser Situation. Aber man lässt mich nicht.«
    »Der eine oder andere erinnert sich noch an Ihre früheren Filme«, kommentiert der Kripo-Beamte.
    Harlan schüttelt die Rechte, als verscheuche er eine Fliege. »Das war Zwang. Ich konnte nicht anders. Haben Sie je den Goebbels erlebt, meine Herren? Wie der ans Set kam, wie der in den Drehbüchern herumschmierte? Noch nach dem Schnitt an diesem und jenem herummäkelte? Und immer diese Drohung. Wenn du nicht spurst, dann …«
    »Sie werden das alles vor Gericht erklären können.«
    »Jüdische Nebenkläger! Ich habe keinen von denen je zuvor gesehen! Wissen Sie, dass sich persönlich noch nie ein Jude bei mir beschwert hat?«
    »Es sind ja auch nicht mehr so viele übrig«, erwidert MacDonald leise.
    Der Regisseur blickt ihn einen Moment an, nickt. »Was wollen Sie von mir?«, fragt er vorsichtig.
    Stave zieht das Foto des bronzenen Frauenkopfes aus seiner Manteltasche. »Kennen Sie die?«
    Harlan blickt darauf, lächelt. »Die Anni Mewes. Ganz gute Schauspielerin, vor meiner Zeit. Stummfilm. Ihre Stimme war aber nicht gut genug für den Tonfilm. Klang wie eine Küchenmagd.«
    »Sie ist trotzdem in einem Ihrer Filme aufgetreten – in dieser Form.«
    »Als Bronzekopf? Ja … ich erinnere mich. Ich brauchte Requisiten für diesen Film. 1938. Moderne Kunst. Ich verstehe davon nicht besonders viel. Ich musste mir Sachen aus den Depots des Propagandaministeriums aussuchen, Goebbels bestand darauf. Persönlich. Also bin ich dorthin gegangen und habe einfach auf ein paar Skulpturen gezeigt. Das, das, das. Und da habe ich das Porträt der Mewes wiedererkannt. Ich hatte es irgendwann mal gesehen, sie selbst schon seit Jahren nicht. Das habe ich auch noch genommen und später im Film so platziert, dass man es gut sah. Eine kleine Hommage an eine Künstlerin. Eigentlich sogar ein Akt des Widerstands.«
    Stave blickt starr auf seine Hände, ertappt sich dabei, wie seine Finger so fest ineinandergreifen, dass die Knöchel weiß schimmern. Versucht sich zu entspannen. »Und danach?«
    »Wonach?«
    »Nachdem Sie den Film abgedreht hatten. Was geschah dann mit den Werken?«
    »Zurück ins Depot.«
    Der Oberinspektor zwingt sich ein hinterhältiges Grinsen ins Gesicht. »Es ist erstaunlich, dass sich ein Regisseur wie Sie, der sich in so vielen Filmen um so viele Dinge kümmern musste, genau an diese eine Requisite erinnern kann, die er vor zehn Jahren in wenigen Szenen irgendwo in den Hintergrund gestellt hat.«
    Harlan zögert, wirft seiner Frau einen raschen Blick zu. »Der Kopf der Mewes kam nicht zurück ins Depot. Darum erinnere ich mich. Den Kopf wollte jemand kaufen.«
    Der Kripo-Beamte beugt sich vor, wagt kaum zu atmen. »Wer?«
    »Das weiß ich allerdings nicht mehr.«
    »Ich schon.« Kristina Söderbaum lächelt. »Damals war das verboten. Aber ich denke, wir können heute offen darüber sprechen. Am letzten Drehtag hat uns ein Herr im Studio besucht, der sich, sehr diskret, nach den Kunstwerken der Requisite erkundigt hat. Das war sehr ungewöhnlich. Ich weiß nicht, woher er davon erfahren hatte. Er wollte welche erstehen. Er hatte Geld. Die meisten waren jedoch schon wieder abtransportiert worden. Den Kopf brauchten wir aber noch für die letzte Szene, also war der noch da. Den haben wir dem Herrn angeboten und er hat uns einen guten Preis gemacht. Im Propagandaministerium ist es offenbar niemandem aufgefallen, dass ein Kunstwerk weniger ins Depot zurückging. Das war Goebbels und seinen Leuten wahrscheinlich egal.« Sie errötet.
    »Wer war der Mann, der das Werk kaufen wollte?«
    »Ein Herr Rosenthal. Ein Jude.« Sie haucht das letzte Wort fast.
    »Ich sagte ja, ich habe mir nichts vorzuwerfen«, ruft Harlan, fast ein wenig triumphierend. »Jetzt fällt mir die Geschichte auch wieder ein.«
    »Rosenthal? Hat er gesagt, wer er ist? Ein Sammler? Ein Galerist?«
    »Das war in den Dreißigern«, erklärt der Regisseur ungeduldig.

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