Der Fänger
aus.
Igor Sartow trat auf sie zu.
Endlich erkannte Wanda Rice die Wahrheit über diesen Mann. Er war bösartig, er ging allein seinen Trieben nach, und was ihm in den Kopf kam, das führte er durch.
Er schleuderte sie auf die Couch, und sie wusste, dass sie die letzte Chance zur Flucht verpasst hatte.
Sie lag auf dem Rücken, schaute nach vorn und gleichzeitig in die Höhe. Er hatte sie fast erreicht. Er kam ihr vor wie gewachsen, beinahe schon wie ein Riese. Natürlich war er das nicht, doch die Angst verzerrte die Dinge.
»Was ist?«, flüsterte er.
Sie schwieg.
»Zieh dich aus, verdammt!«, brüllte er da. »Oder soll ich dir erst die Kleider vom Leib fetzen?«
Durch die Nase holte Wanda Luft. Sie wusste, was ihr bevorstand. Dieser Mann würde zu einem Tier werden. Sie hatte ihn nie danach gefragt, ob die Mädchen alle wirklich freiwillig mitgekommen waren.
Als sie sah, dass sein Körper von einem Zittern erfasst wurde, gab sie nach und kniete sich hin. Für einen Moment schaute sie hoch. Der Mann stand schräg vor ihrem Bett. Er schaute auf sie nieder, und sie konzentrierte sich auf sein Gesicht, während sie sich automatenhaft den helle Pullover über den Kopf streifte.
In seinem Gesicht zuckte es. Die Haut bewegte sich. Aber irgendetwas stimmte nicht. Die beiden Gesichtshälften, so hatte sie den Eindruck, schienen keine Verbindung miteinander zu haben.
Wanda zog auch die Hose aus. Mit einem kurzen Tritt schleuderte sie die Jeans zur Seite. Jetzt trug sie nur noch einen hellen Slip und einen ebenfalls hellen BH. Sie sah die Gier in den Augen des Russen.
»Weg damit!«, verlangte er.
Wanda gehorchte. Sie öffnete den Verschluss des BHs. Dabei versuchte sie, ihre Gedanken auszuschalten. Sie wollte kein Mensch mehr sein, sondern einfach nur zu einem toten Gegenstand werden, der keine Gefühle besaß. Sie würde versuchen, alles über sich ergehen zu lassen. An etwas anderes denken, nur nicht an das verdammte Grauen, das in Form des Mannes über sie kommen würde.
Der BH rutschte weg und gab ihre Brüste frei. Mit einer Reflexbewegung legte sie ihre Hände darauf, um sich zu schützen. Sie kniete noch immer.
Noch immer glotzte Sartow sie an. Aus seiner Kehle drang dabei ein leises Knurren. Wieder zuckte sein Körper. Die Schultern hoben sich, sackten wieder zurück. Mit einem Mal streckte er die Hände, die er bisher aus dem Rücken verschränkt gehalten hatte, vor, sodass Wanda Rice sie sah.
Sie konnte nicht anders, sie musste auf die Hände starren.
Hände?
Nein, das waren sie nicht mehr. Zwar gab es Finger, doch die Nägel waren stark gewachsen und bildeten dicke Klauen. Die Haut, leicht schuppig wie bei einem Reptil, schillerte grünlich...
***
Wir waren unterwegs zur STAR LOOK Agentur.
Suko hatte erreicht, dass halb Scotland Yard nach Boris suchte.
Die einzige Spur konnte zu einer der Privatkliniken führen, die zwar in den letzten Jahren nicht gerade wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, von denen es aber einige in London gab. Jetzt kam es darauf an, dass die Kollegen es schafften, diesem Vornamen eine Institution zuzuordnen.
Wir waren beide der Meinung, dass man die Agentur als Zentrale bezeichnen konnte. Wie verdächtig dabei deren Chefin Wanda Rice war, konnten wir nicht einschätzen. Aber möglicherweise würde sich das ändern, wenn wir ihr einige Fragen stellten. Jedenfalls waren wir davon überzeugt, dass sie mehr über Igor Sartow wusste, als sie bislang zugegeben hatte.
Wer war Igor Sartow? Wer, zum Henker, verbarg sich wirklich dahinter.
»Du weißt es auch nicht, John, oder?«, fragte Suko plötzlich.
»Was weiß ich nicht?«
»Sartow.«
Ich musste lachen. »Nein, ich kann dir nicht sagen, wer oder was sich hinter dieser Fassade verbirgt.«
»Zumindest jemand, der sich vor deinem Kreuz fürchtet. Deshalb steht er für mich auf der anderen Seite. Ich frage mich die ganze Zeit, ob er in den Diensten der Hölle steht. Du weißt selbst, zu welchen Tricks der Teufel greift. Er schiebt die Harmlosen vor und lauert wie eine Spinne im Netz. Bisher haben wir drei tote Frauen. Gestorben ohne Sinn und...«
»Moment, Suko«, unterbrach ich ihn. »Da steckt schon etwas dahinter: Sie wollten die Organe eines gesunden Menschen!«
»Und die Seelen für den Teufel?«
»Kann sein. Er ist scharf darauf. So war es schon immer, und so wird es bleiben.«
Ich merkte Suko an, dass er mit meiner Schlussfolgerung nicht ganz einverstanden war, aber was ihm genau durch den Kopf ging, damit
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