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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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der lebende Gott, Tutenchamun, möge ihm ein langes Leben, Gesundheit und Stärke zuteil werden.«
    »Und Eure Antwort?« fragte Kysen.
    Um die Lippen des Malers zuckte es, aber keineswegs amüsiert. »Ich sagte ihm, er solle jemand anders anheuern und möge ansonsten zur Hölle fahren.«
    Kysen war sich sicher, daß er einiges verschwieg. Zu Beginn seiner Erzählung war der Maler entspannt gewesen, doch jetzt war sein Körper angespannt, und er preßte die Lippen zusammen. Er konnte Useramun dazu zwingen, mehr zu sagen. Aber würde es die Wahrheit sein? Erneut erregte der Maler seine Aufmerksamkeit durch ein sanftes und unpassendes Glucksen.
    »Ihr wollt wissen, wo ich vor zwei Nächten war?«, fragte Useramun ruhig. »Wie Thesh und der arme Woser war ich hier. Wir waren alle hier, schöner Diener des Falken des Pharao. Sogar Geb.«
    Zum ersten Mal, seit er begonnen hatte zu sprechen, sah Useramun seinen Gehilfen an. Der Knabe hatte sich in eine dunkle Ecke zurückgezogen, um seinem Herrn und dessen Gästen jederzeit dienen zu können. Geb lief dermaßen rot an, daß Kysen trotz der Dunkelheit die Farbe seiner Wangen sehen konnte. Er machte eine gehorsame Verbeugung, berührte mit seiner Stirn den Boden und murmelte etwas von frischem Bier, das er ihnen bringen würde. Auf Useramuns Nicken verschwand er durch eine Tür, die in den hinteren Teil des Hauses führte. Kysen erhob sich und bedeutete dem Maler und Thesh mit einer Handbewegung zu bleiben.
    »Ihr bleibt hier.«
    Bevor einer der beiden Männer protestieren konnte, folgte er Geb aus dem Zimmer. Er durchquerte eine weitere Kammer und stolperte beinahe über ein großes, niedriges Holzbett mit vergoldeten Schnitzereien. Das schwach schimmernde Gold überraschte ihn, ebenso wie die Größe des Bettes und die Ornamente, die Beine waren wie Löwenpranken geformt. Er hörte das Klappern von Steingut und betrat die Küche. Geb hob gerade einen Bierkrug aus dem Regal. Als Kysen sich näherte, lockerte sich sein Griff, und der Krug fiel auf das Regalbrett zurück. Der Knabe biß sich auf die Unterlippe und beugte dann vor Kysen das Haupt.
    »Ist das, was dein Herr sagt, die Wahrheit?«
    Der Junge nickte wortlos, schnell, als ob er hoffte, daß seine Zustimmung ihm Kysens weitere Aufmerksamkeit ersparen würde. Kysen betrachtete den Knaben nachdenklich. Er hatte ein gefälliges Äußeres, sein Gesicht war rund, sein Körper zerbrechlich, was auf sein zartes Alter zurückzuführen war.
    »Wie alt bist du?«
    »Fünfzehn, Herr.«
    »Fünfzehn?«
    »In ein paar Monaten.«
    »Bist du sicher, daß dem Meister vor zwei Nächten hier war, Geb?«
    »Ja, er war hier.«
    »Wie kannst du dessen sicher sein?« fragte Kysen, obwohl er die Antwort kannte.
    Geb befeuchtete seine Lippen und antwortete: »Wir waren zusammen.« Sein Blick haftete auf dem Boden, aber er deutete mit dem Kopf auf die Schlafkammer. »Da drin. Die ganze Nacht, und genauso in der folgenden Nacht.«
    Kysen fluchte im stillen vor sich hin und flüsterte zurück. »Wenn du möchtest, kann ich dich nach Memphis schicken, oder nach Hehopohs. Ich kenne den Meister der Künstler des Ra.«
    »Bitte, Herr, nein.«
    »Du möchtest bei ihm bleiben?«
    Er nickte nur.
    »Wenn du deine Entscheidung bereuen solltest – «
    Geb hob den Kopf. In seinen Augen leuchtete ein inneres Feuer auf. »Ihr habt seine Arbeit gesehen. Sie ist unvergleichlich, unvergleichlich. Große Männer buhlen um seine Gunst. Selbst der Pharao hat Gefallen daran, denn er hat angeordnet, daß niemand außer ihm die Wände seines Grabes anrühren darf. Und er hat mich auserwählt, mich, um ihm zu folgen. Ich möchte ihn nicht verlassen, Herr.«
    »Würdest du eine falsche Aussage für ihn machen?«
    Geb wandte sich ab und griff wieder nach dem Bierkrug. Er hielt ihn an die Brust gepreßt und blickte in Richtung Schlafkammer. »Ihr versteht es falsch, Herr. Obwohl es Euch nicht so scheinen mag: Was sich in diesem Raum ereignet, ist freiwillige Hingabe, nicht Unterjochung. Ich mag vielleicht nur ein Gehilfe sein, aber ich bin hier Herr meines Willens.«
    »Und wenn er bedroht würde, dieser fähigste und beliebteste aller Künstler, würdest du ihn nicht verteidigen?«
    Kysen beobachtete, wie der Knabe die Konsequenzen einer ehrlichen Antwort abwägte.
    »Ja, ich würde ihn verteidigen«, sagte Geb, »denn er kann mich vieles lehren, und ich will alles von ihm lernen.«
    Geb verbeugte sich vor ihm. Kysen dachte daran, ihm zu drohen, aber dieser Junge

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