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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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seines Hauses widerhallte.

Kapitel 10
    Meren erwachte, ohne die Augen zu öffnen. Durch seine Augenlider schimmerte noch kein Licht. Es mußte immer noch dunkel sein. Er blieb regungslos liegen, atmete gleichmäßig und wartete. Das Klicken der Ringe, mit denen die Vorhänge die sein Bett umgaben, am Rahmen befestigt waren, hatte ihn sofort geweckt. Er hatte einen leichten Schlaf, denn er war es seit Jahren gewohnt, auch während der Feldzüge gegen die Barbaren Schlaf zu finden oder in dem Bewußtsein zu Bett zu gehen, jeden Augenblick von einem eifersüchtigen Höfling angegriffen werden zu können.
    Da war es wieder – dieser hauchzarte Luftzug. Er rollte sich auf die gegenüberliegende Seite des Bettes wie ein Krokodil, das mit seiner Beute kämpft, landete auf allen Vieren und zog blitzschnell einen Dolch unter dem Kissen hervor. Dann schoß er auf die Füße und suchte in der Dunkelheit nach einem Eindringling.
    »Gut gemacht«, sagte eine bewundernde, junge Stimme. »Karoya, leg das Schwert weg und zieh dich zurück. Er ist jetzt wach. Du hattest recht, als du mir den Rat gabst, auf der Hut zu sein.«
    Meren senkte seinen Dolch und spähte in der Dunkelheit in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Eure Majestät?«
    Hinter sich hörte er ein Klicken und sah den Docht einer Kerze aufflammen. Die Dunkelheit wich, als der riesige nubische Leibwächter des Königs ihm eine Lampe reichte. Der Leibwächter zog sich zurück, und Meren starrte mit offenem Mund auf den lebenden Gott von Ägypten, der grinsend auf seinem Bett saß. Meren warf den Dolch auf die Tücher, kniete nieder und beugte das Haupt.
    »Bitte, könnt Ihr die Etikette nicht außer acht lassen?« fragte Tutenchamun.
    »Ich glaube nicht, Euer Majestät.«
    »Es ist mein Wunsch.«
    Meren hob den Kopf und blickte den König an. Tutenchamun hatte seine wagemutige Haltung verloren, auf seinem Gesicht lag nun wieder der traurige, müde Ausdruck, den Meren mittlerweile so gut kannte. Er hätte klüger sein sollen. Er lächelte den König an, erhob sich und setzte sich auf die Bettkante.
    »Wenn Ihr mein Sohn wäret, würde ich Euch dafür verprügeln, daß Ihr Euer Leben auf solch närrische Weise gefährdet habt. Ich hätte Euch töten können.«
    Das strahlende Lächeln des Königs belohnte ihn für diese Verletzung der Etikette.
    »Ich wurde verflucht damit, die Ernte dieses Jahres für das gesamte Königreich schätzen zu müssen. Ich habe wochenlang endlos mit Zahlen gekämpft.« Tutenchamun seufzte und massierte seine Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. »Der Hohepriester des Amun betrügt mich wie eh und je, und erwartet trotzdem, daß ich ihm Obelisken aus Elektrum errichten lasse und ihm unbegrenzten Zugang zu meinen Kornkammern gewähre. Ihr jedoch besaßt die Freiheit, mutmaßliche Mörder zu besuchen und Euch unter Händlern und Kaufleuten auf dem Markt zu bewegen. Als Gegenleistung für diese Freiheit müßt Ihr mir alles über den Mord erzählen, der im Tempel des Anubis geschah.«
    Der König unterstrich seine Worte mit einem spielerischen Schlag auf Merens Schulter. Meren grinste zurück, seine Augen suchten beständig Tutenchamuns Gesicht. Die Augen des Königs waren groß, und wenn er sich unbeobachtet fühlte, spiegelten sie seine Gefühle wider wie ein Bronzespiegel das Licht. Er konnte in ihnen nun Spuren eines in Ketten gelegten Löwens oder eines lebenshungrigen Affen, den man in einer Pyramide eingeschlossen hatte erkennen. Ohne zu protestieren erzählte er dem König das, was er bisher herausgefunden hatte. Tutenchamun hörte begierig zu und schüttelte verwundert seinen Kopf.
    »Und ich glaubte, daß meine Familie vom Bösen verflucht sei.«
    Meren sagte: »Hormin und seine Familie sind nicht wie die meisten von uns, Majestät. Dennoch muß ich noch herausfinden, wer von ihnen verdächtiger ist als die anderen. Die Frau, die Söhne, die Konkubine, die Kollegen – jeder von ihnen hatte Grund, Hormin zu töten. Und dann sind da noch die Grabarbeiter.«
    »Der Hohepriester des Anubis hat um eine Audienz gebeten«, sagte der König. »Zweifellos wird er sich darüber beklagen, daß Ihr nicht genug Eifer an den Tag legt, den Mörder zu finden und die Dämonen wieder zu beruhigen, die durch dieses Verbrechen aufgescheucht wurden.«
    »Er ist besorgt, Majestät. Solch eine Geschichte hat sich noch nie im Tempel des Anubis zugetragen.«
    Der König hielt inne und warf Meren einen Seitenblick zu. »Hm, da ist noch etwas. Es sind –

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