Der Falke des Pharao
stark.«
Tutenchamun steckte seinen Dolch wieder in das Futteral. Sein goldenes Gelenkband und die Armbänder klirrten, so leidenschaftlich waren seine Bewegungen. Er wandte Meren sein gequältes Gesicht zu.
»Sie haßt mich«, sagte er. »Sie haßt mich, wenn ich sie berühre – und sie hat mein Volk in Gefahr gebracht. Ich könnte ihr vergeben, daß sie mich haßt, aber das andere könnte ich ihr nicht vergeben.«
»Ihr solltet ihr beides nicht vergeben. Was habt Ihr unternommen?«
»Nichts.« Der König machte eine resignierte Handbewegung. »Ich wollte sie finden und töten, aber ich tat, wie Ihr es mich lehrtet und wartete, während ich ein Gebet sprach, dann ließ ich Euch kommen.«
»Und Ay?«
»Sie ist seine Enkelin. Er liebt Ankhesenamun. Ich habe nicht den Mut, es ihm zu erzählen.«
Er registrierte, was zwischen den Zeilen stand; daß der König den Verrat der Königin entdeckt hatte, nicht der Wesier, nicht sein Falke. Es war erstaunlich, wie gut Tutenchamun Merens Lektion im Ränkespiel gelernt hatte. Dann dachte er an den alten Diener. Er nannte sich Tiglith, ein syrischer Sklave, der die königlichen Kinder schon länger betreute als Meren lebte. Tiglith diente im Palast der Königin.
»Majestät, Ihr müßt Eure Audienz fortsetzen.«
»Ich weiß.« Der Zorn in den Augen des Königs strafte die Ruhe seiner Stimme Lügen.
»Alle Diener der Königin müssen ersetzt werden, aber wir müssen es vermeiden, Unruhe in den goldenen Bienenstock des Hofes zu bringen.«
»Ich werde ihr einen neuen Palast schenken.«
Meren lächelte grimmig. »Den in der Nähe des Tempels der Isis in Memphis?«
»Ja«, sagte der König. »Der Hohepriester dort verabscheut sie. Die ganze Stadt haßt sie. Und Ihr, mein Freund, werdet die Sklaven und Diener auswählen, die sie mitnehmen wird. Eure Leute sollen sich sofort an die Arbeit machen.«
Meren schritt erneut neben dem König her, als dieser vor dem Thron auf und abging.
»Ein solches Arrangement braucht seine Zeit, Majestät, und sie muß bewacht werden. Darf ich mich entfernen, um – für das Wohlergehen Ihrer Majestät zu sorgen, bis sie nach Memphis geht?«
Der König nickte, dann blieb er plötzlich stehen und wandte sich Meren zu. »Ihr solltet wissen, daß ich Tiglith einige Befehle erteilt habe. In den nächsten Tagen wird Ankhesenamun sich immer matter fühlen und kaum genug Schlaf bekommen.«
»Eure Majestät besitzt die Weisheit des Toth.« Meren zögerte, aber der König hatte die Stirn gerunzelt und alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Also fuhr er fort. »Vielleicht könnte man das Gerücht verbreiten, daß Ankhesenamun glaubt, ein Kind zu erwarten und Eurer Majestät daraufhin sofort eine Nachricht zukommen ließ. Ihr wart so überglücklich, daß Ihr gezwungen wart, jeden zu entlassen aus Angst, Eure Würde zu verlieren. Und jetzt werdet Ihr die Große Königliche Frau mit den besten Ärzten, den sorgfältigsten Dienern versorgen, damit sie und ihr Kind so umsorgt werden, wie es sich für die Gattin eines Lebenden Gottes ziemt.«
»Ich bin solch ein aufmerksamer Gatte.«
»Und mich muß man dabei sehen, wie ich meinen gewohnten Geschäften nachgehe.«
Das lenkte die Gedanken des Königs ab, und seine Stimme nahm ihren normalen Klang an. »Ihr habt Neuigkeiten mitgebracht?«
»Ein weiterer Mord, Goldener Gott. Der Sohn, Djaper wurde gestern abend oder in der letzten Nacht vergiftet.«
Er gab dem König eine Zusammenfassung der Ereignisse und erhielt die Erlaubnis, die königlichen Werkstätten aufzusuchen. Dann verließ er Tutenchamun, damit dieser sich mit Ay unterhalten konnte, schritt offen aus dem Audienzsaal hinaus und machte viel Aufhebens davon, einen königlichen Leibwächter zu bekommen, der ihm den Zugang zu den Werkstätten in der Nähe des Palastes gewähren würde. Als der Nubier ihm voranschritt, schlossen sich seine eigenen Männer ihm an. Sie gingen an einer Reihe von Türmen vorbei und wandten sich nach Süden, einem von einer Mauer umgebenen Gebäudekomplex in der Nähe des Nil zu. Als sie sich weit genug vom königlichen Palast mit seinen Scharen von Höflingen und Beamten entfernt hatten, sprach er leise mit Abu, der mit zwei Kriegern zurückblieb und sich gemächlich in Richtung Merens Haus begab, um dort die Vorbereitungen zur Bewachung und Umsiedelung der Königin zu treffen.
Mehr konnte Meren im Augenblick nicht tun, und so konzentrierte er sich darauf, seine ursprünglichen Pläne weiter zu verfolgen. Er
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