Der Falke des Pharao
durfte keine Besorgnis zeigen. Jede Unterbrechung seiner Untersuchungen über den Mord im Tempel des Anubis würde die Aufmerksamkeit derjenigen, die böse Absichten hegten, erregen. Solche Aufmerksamkeit setzte nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das des Königs aufs Spiel. Der Hohepriester des Amun war wachsam, außerordentlich wachsam und achtete auf jede Schwäche des jungen Pharao. Der Botschafter der Hethiter würde jegliche Störung sofort erkennen und nach der Ursache suchen.
So gingen er und die verbleibenden Leibwächter zu den königlichen Werkstätten. Problemlos passierten sie die Wachposten am Tor. Lange Reihen von Werkstätten erstreckten sich vor ihm, ihre Sonnensegel schützen die gebeugten Köpfe der Juweliere, Bildhauer, Goldschmiede und Weber. Er warf einen kurzen Blick auf eine Werkstätte, in der verschiedene Männer und Frauen Lapislazuli, Karnel und Achat für die königlichen Juwelen bearbeiteten. An der Kreuzung zweier Pfade brachte ein Zug von Arbeitern Waren in einen Riedverschlag, wo Schreiber die Waren überprüften, ihre Menge festhielten und die Verteilung an die Künstler regelten.
Der Leibwächter machte vor einer Werkstatt halt, die die Größe von Merens Haus hatte. Meren hätte auch so gewußt, um welches Haus es sich handelte, denn ein Duft von erhitztem Fett und Gewürzen stieg daraus empor. Vor ihm lag ein weiter, offener Hof, der von einer niedrigen Mauer begrenzt war. Im Inneren stand eine Reihe kuppelförmiger Öfen. Gegenüber befanden sich offene Feuerstellen und Kohlenpfannen, die von einigen Frauen bewacht wurden. Zwei Knaben schürten das Feuer in den Öfen, während ein dritter einen schweren Topf Harz in einen von ihnen schüttete. Meren folgte dem Wachmann in die Werkstatt. Er betrat einen Raum, der in seiner Größe einer kleinen Audienzhalle entsprach.
Er blickte auf die Regale mit den unzähligen Töpfen, Phiolen und durch Stöpsel verschlossenen Krügen, er sah, wie der Wachmann mit einem anderen Mann sprach, dessen Körper Ähnlichkeit mit den eiförmigen Krügen auf den Regalen aufwies. Der Mann stellte eilig eine Gewürzkiste auf einen Tisch, der die gesamte Länge des Zimmers einnahm. Er watschelte zu Meren hinüber und fiel keuchend auf die Knie. Er stellte sich als Bakef vor, der erste Parfumeur des Königs und berührte den Boden mit der Stirn. Als er seine Ehrerbietung Ausdruck verliehen hatte, mußte der Wachmann ihm helfen aufzustehen.
»Es ist mir eine Ehre, Euch zu dienen und zu gehorchen, mächtiger Fürst.« Seine Rede war ein einziges Ächzen und Keuchen.
Auf Merens Frage über die Salbe Qeres hatte Bakef keine direkte Antwort parat. Er wedelte mit seinen teigigen, bleichen Händen.
»Qeres, Qeres.«
Meren streckte seine Hand aus, und einer seiner Leibwächter reichte ihm das Stück Stoff vom Rock des Hormin. Er warf den Fetzen Bakef zu. Der Parfumeur fing ihn auf und hielt ihn an die Nase. Kleine Schweißtropfen hatten sich bereits auf seiner Nasenspitze gebildet. Er schnüffelte nochmals.
»Ah!«
Bakef schwenkte den Fetzen hin und her, wandte sich nachdenklich ab und schob seinen Bauch watschelnd zu einem Regal. Er holte einen Kasten heraus und zog ein Bündel Papyrusblätter hervor, die durch hölzerne Stäbe zusammengehalten wurden. Er begann in der Mitte und blätterte Seite für Seite weiter. Nach ein paar Minuten deutete er mit einem dicken Finger auf ein paar Hieroglyphen. Meren beobachtete, wie die Augen des Mannes zu leuchten begannen. Seine fetten Wangen erröteten, als er sich reckte und eine staubige Papyrusrolle von einem Stapel auf dem obersten Regalbrett herunterholte. Er las das hölzerne Zeichen, das an der Rolle angebracht war und nickte. Er nieste, als er den Staub von der Rolle herunterbürstete und wischte die Hände an seinem Rock ab, bevor er das Papier ausbreitete und befestigte.
Meren sah geduldig zu, seine Aufmerksamkeit ruhte ohnehin nur halb auf dem Parfumeur, gleichzeitig dachte er über eine Strategie nach, wie man mit der Großen Königlichen Frau in Zukunft umgehen sollte. Er wandte Bakef wieder seine volle Aufmerksamkeit zu, als dieser plötzlich aufgeregt in die Hände klatschte und sie sich rieb. Bakef schien vor lauter Erregung seinen edlen Gast vergessen zu haben, denn er drehte sich um und trottete durch eine bewachte Tür, die hinten aus der Werkstatt hinausführte.
Meren folgte ihm in eine dunkle Halle. An jeder Seite befanden sich fünf Türen. Bakef ging voran, schnappte sich eine Kerze
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