Der Fall Charles Dexter Ward
Sterblichen in Verbindung, doch Charles Ward erbleichte, als er erkannte, was Mirandola schaudernd als den äußersten Schrecken unter den Beschwörungen der Schwarzen Magie enthüllt hatte.
Ein unverkennbar menschlicher Ruf oder ein tiefer Schrei aus vielen Kehlen schien diesem bösartigen Wunder von Curwens Bauernhof her zu antworten, und zugleich mischte sich dem unbekannten Gestank noch ein weiterer, ebenso unerträglicher Geruch bei. Ein Jammern, ganz unähnlich dem Schrei, brach jetzt aus, das in ein langgezogenes, krampfartiges Geheul von wechselnder Tonhöhe überging. Hin und wieder schien es beinahe artikuliert, doch keiner der Ohrenzeugen vermochte ein bestimmtes Wort zu unterscheiden; und an einem Punkt hatte man den Eindruck, als wollte es im nächsten Augenblick in hysterisches, diabolisches Gelächter umschlagen. Dann drang ein Schrei äußerster, entsetzlichster Furcht und schieren Wahnsinns aus zahlreichen menschlichen Kehlen, ein Schrei, der laut und deutlich zu hören war, obwohl er aus unterirdischen Tiefen heraufdringen mußte; danach herrschte nur noch Stille und Finsternis. Spiralen beißenden Rauches stiegen auf und verdunkelten die Sterne, obwohl keine Flammen sich zeigten und am folgenden Tage nichts davon zu sehen war, daß eines der Gebäude zerstört oder beschädigt worden wäre.
Gegen Morgen pochten zwei völlig verstörte Boten in Kleidern, die von monströsen, unbestimmbaren Gerüchen gesättigt waren, an die Tür der Fenners und baten um ein Fäßchen Rum, bei dessen Bezahlung sie sich weiß Gott nicht lumpen ließen. Einer von ihnen sagte den Fenners, die Affäre Joseph Curwen sei vorbei, und die Ereignisse der Nacht dürften nie wieder erwähnt werden. So anmaßend dieser Befehl erschien, das Aussehen des Mannes, der ihn aussprach, ließ keinen Groll aufkommen und verlieh seinen Worten eine schreckliche Autorität; so kam es, daß nur diese heimlichen Briefe von Luke Fenner, die zu vernichten er seinen Verwandten in Connecticut beschwor, geblieben sind, um zu vermelden, was gehört und gesehen wurde. Nur dadurch, daß der Verwandte der Bitte nicht entsprach, blieben die Briefe schließlich doch erhalten und wurde die ganze Angelegenheit davor bewahrt, barmherziger Vergessenheit anheimzufallen. Charles Ward brachte noch eine weitere Einzelheit in Erfahrung, als er sich die Mühe machte, die Bewohner von Pawtuxet einen nach dem anderen über die Überlieferung ihrer Vorfahren zu befragen. Der alte Charles Slocum, der in diesem Dorf wohnte, wußte zu berichten, seinem Großvater sei ein merkwürdiges Gerücht in Erinnerung gewesen über einen verkohlten, verstümmelten Leichnam, der eine Woche nach der Nachricht vom Tode Joseph Curwens auf einem Acker gefunden worden sei. Was das Geredeüber diesen Fund nicht verstummen ließ, war die Tatsache, daß dieser Körper, soweit man dies angesichts seines verkohlten und verstümmelten Zustands noch feststellen konnte, weder menschlich noch auch der Kadaver irgendeines Tieres gewesen sein könne, das die Leute in Pawtuxet jemals zu Gesicht bekommen hatten.
Nicht einer der Männer, die an diesem furchtbaren Überfall teilgenommen hatten, ließ sich jemals dazu bewegen, ein Sterbenswörtchen darüber verlauten zu lassen, und jede kleinste Einzelheit in den verschwommenen Angaben, die sich erhalten haben, stammt von Leuten, die nicht bei jenem letzten Gefecht dabeigewesen waren. Die Sorgfalt, mit der diese Kämpfer alles vernichteten, was auch nur den geringsten Hinweis auf die ganze Angelegenheit enthielt, hat etwas Erschreckendes.
Acht Seeleute waren getötet worden, aber obwohl ihre Leichen nicht geborgen wurden, gaben sich ihre Familien mit der Auskunft zufrieden, es habe ein Zusammenstoß mit Zollbeamten stattgefunden. Dieselbe Erklärung wurde für die zahlreichen Verwundungen angeführt, die allesamt ausschließlich von Dr. Jabez Bowen verbunden und behandelt wurden, der an dem Kampf teilgenommen hatte. Am schwersten war der unsägliche Gestank zu erklären, der allen Kämpfern anhaftete, eine Tatsache, über die wochenlang diskutiert wurde. Von den prominenten Bürgern waren Kapitän Whipple und Moses Brown am stärksten verwundet, und Briefe ihrer Frauen bezeugen, welche Verwirrung die Männer durch ihre Zurückhaltung und Wachsamkeit im Zusammenhang mit den Verbänden stifteten. In seelischer Hinsicht war jeder einzelne Kämpfer gealtert, ernüchtert und erschüttert. Glücklicherweise waren sie allesamt robuste Männer der Tat und
Weitere Kostenlose Bücher