Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
hingehen und wo ich mich wirklich zu Hause fühlen
konnte. Ich kann gar nicht in Worte fassen, was sie mir an Liebe und
Freundschaft gegeben haben.
Es
war im Juni 1987. Im Nachbarort eröffnete eine neue Diskothek und ich ging mit
einer entfernten Bekannten dort hin. Ich trank eine Menge Alkohol und hatte
schon gewaltig einen über den Durst. Auf einmal sah ich Tim Schmitt. Er war mir
eine Weile vorher schon auf dem Sportplatz bei einem Fußballspiel aufgefallen
und ich hatte Rocky damals nach dem Namen gefragt.
„Hey,
Tim!“, rief ich. Er drehte sich um und torkelte auf mich zu. Er war genauso
besoffen wie ich. Den Rest des Abends hingen wir aneinander und quatschten uns
gegenseitig voll. Irgendwann beschlossen wir ein Taxi zu nehmen und ich fuhr
mit zu ihm nach Hause. Er wohnte nebst zwei von seinen insgesamt vier
Geschwistern noch bzw. wieder in seinem Elternhaus. Er hatte sich vor einiger
Zeit von seiner langjährigen Freundin und späteren verlobten Eva getrennt und war
nach dieser Bruchlandung wieder zu Hause gestrandet.
Wir
lagen nebeneinander im Bett, aber zum Sex waren wir zu besoffen und schliefen
einfach ein. Am nächsten Morgen ging ich mit ihm in die Küche. Er verschwand
auf dem Klo und ich stand allein mit seinem Vater und seiner Mutter dort. Es
war mir total peinlich und dann kamen auch noch die Brüder dazu. Ich wusste gar
nicht, was ich sagen sollte. Und geredet haben die anderen auch nicht viel.
Von
dem Moment an waren wir zusammen. Wir sahen uns täglich und wenn er zu mir kam,
waren wir meistens bei seiner schon verheirateten Schwester und ihrem Mann.
Meinen Vater konnte auch er nicht gut ertragen. Ich siedelte immer zu ihm und
irgendwann war ich kaum noch daheim. Woran es lag, wusste ich nicht, aber es
war immer etwas in der Luft, wenn wir mit seinen Geschwistern und deren
Freunden oder Ehepartnern zusammen waren. Und wir waren oft zusammen. Sehr oft.
Diese Familie war ein Clan und es gab sie nur im Rudel.
Ich
fand das toll. Ich kannte so was nicht. Eine richtige Familie, Zusammenhalt, Familienpartys
und alles, was dazugehört. Ich fühlte mich wohl und fing an mich auszumüllen
und mitzuteilen. Aber irgendwie hatte ich kein Händchen für eine gesunde
Zwischenmenschlichkeit und so kam ich immer wieder plump wie ein Elefant im Porzellanladen
rüber. Die Freundin von Tims jüngstem Bruder war eine Giftspritze und hetzte
die anderen gegen mich auf. Es gelang ihr gut, Tim bekam von all dem nichts mit
und selbst als ich ihm sagte, dass irgendwas nicht stimmt, verstand er mich
nicht.
An
einem Abend im Winter beschloss der Geschwisterclan, einen Diaabend zu machen.
Dort bekam ich dann – rein zufällig – viele Bilder von Tims Ex-Freundin vorgeführt
und ich bemerkte das leichte Grinsen in meine Richtung über das eine oder
andere Gesicht huschen. Sie war hübsch, unendlich hübsch! Und ich fühlte mich
klein, fett und nicht akzeptiert! Dabei gab es nicht einen Tag in den letzten
Jahren, an dem ich mich wohl in meiner Haut gefühlt hätte und keine Diät, die
ich nicht ausprobiert hätte. Ich würde es wohl nie schaffen, so in dieser
Familie akzeptiert zu sein wie sie ...
Ich
buhlte um die Gunst der Familie, doch außer bei Tims Mutter, die immer sehr
loyal und nett war, stieß ich nur auf Ablehnung. Zu jedem Anlass wollte ich mit
irgendjemandem reden, um Akzeptanz zu bekommen, aber ich machte mich dadurch
nur noch lächerlicher. Einer von Tims Brüdern langte bei mir auch mal kräftig
zu mit den Worten: „Man, hast du geile Titten!“
Dann
kam der Tag, an dem wir beschlossen, zusammenzuziehen. Wir waren seit einem
knappen Jahr zusammen und zogen in eine kleine Wohnung im gleichen Ort. Leider schnüffelten
die Vermieter ständig bei uns herum, indem sie sich per Zweitschlüssel Zugang
zur Wohnung verschafften.
Meine
Mutter hatte damals einen Mann aus Berlin kennengelernt und war Hals über Kopf
zu ihm gezogen, so konnten wir ihre Wohnung im Nachbarort übernehmen.
Nachdem
wir uns Silvester 1988 verlobt hatten, stand auch sehr schnell das Thema
Hochzeit im Raum.
Ich
hatte kurz vor dem Umzug in die Wohnung meiner Mutter einen Job hingeworfen,
den ich erst seit einem Vierteljahr zuvor über Rocky bekommen hatte. Seine
mittlerweile Ex-Freundin arbeitete schon lange Jahre in diesem Betrieb und
machte mir das Leben dort zur Hölle. Sie mobbte mich an allen Ecken und Enden
und ich hatte diesem Druck nicht standhalten können.
Im
April 1989 läuteten die Hochzeitsglocken und wir kauften auf
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