Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
war mir das kaum bewusst und ich schob es auf einen
Zufall. Der Ort ist nicht sehr groß und wir wohnten nicht weit auseinander, sodass
es auch hätte möglich sein können, dass sie diesen Weg schon immer gelaufen war
und ich nun zufällig in eines der anliegenden Häuser gezogen bin. Doch als wir
umzogen – an ein völlig anderes Ende der Ortschaft – und ich sie nun regelmäßig
an meiner neuen Wohnung vorbeilaufen sah, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl,
von ihr verfolgt zu werden. Mehrere Male stellte ich sie in diesen Jahren zur
Rede, ohne dass sie je zugab, bewusst zu handeln. Im Gegenteil erklärte sie
mir, dass sie keine bestimmte Route hätte und ihren Hund überall spazieren
führen würde und dass ich kein Recht hätte, ihr Straße X oder Y zu verbieten,
nur weil ich dort wohnen würde.
Ich
fühlte mich schuldig und dachte, ich würde unter unberechtigtem Verfolgungswahn
leiden. Doch es riss nicht ab. Selbst in der dritten Wohnung war ich nicht
davor sicher, ihr vor dem Haus „zufällig“ begegnen zu müssen. Ich versuchte es
zu ignorieren und sprach sogar mit ihrer Schwägerin mal darüber – meiner
damalig besten Freundin, mit der ich noch immer einen herzlichen Kontakt habe.
Von ihr drangen mir erstmals regelrechte Schauergeschichten über Daniela und
ihr Verhalten zu Ohren. Die Familie meiner Freundin und Daniela mit Tim und
Nena hatten gemeinsam ein Haus gekauft und lebten dort wohl oder übel unter
einem Dach. Meine turbulente und engagierte Freundin, die wie ein quirliger
Regen durchs Leben marschiert und immer in Bewegung ist, hat sich aufgrund
Danielas Passivität, was die Erhaltung und Pflege von Haus, Hof und Garten anging,
darum bemüht, alles mehr oder weniger im Alleingang zu erledigen und putzte
sogar regelmäßig das gemeinsame Treppenhaus, da ihre Schwägerin keine
Ambitionen dazu hatte. Parallel dazu fühlte Daniela sich durch dieses
„Übergehen“ provoziert und hat eines Tages in einer billigen Racheaktion ein
Paket Mehl ins frisch geputzte Treppenhaus geworfen, das natürlich schön
verkleistert ist.
Solche
und ähnlichen Schikanen waren zwischen den beiden Parteien fast schon an der
Tagesordnung. Hier zu urteilen, wer auf wen besser hätte eingehen sollen, liegt
nicht in meiner Verantwortlichkeit, doch ich muss gestehen, dass ich das
Verhalten und die Reaktion von Tims Schwester gut nachvollziehen kann und
vermutlich ähnlich gehandelt hätte, wäre ich an ihrer Stelle gewesen und hätte
mit Daniela unter einem Dach leben müssen.
Das
Ende der Ehe Tim-Daniela nach vierzehn holprigen Jahren mit unzumutbar vielen
Tiefs (auch für Tim) war ein Spektakel sondergleichen, das ich live miterleben
musste. Und natürlich war auch diesmal eine andere, neue große Liebe im Spiel.
Daniela
hat mir mehr als einmal ihr Herz über den verbohrten Clan ausgeschüttet, der
große Schuld am Scheitern ihrer Ehe getragen haben soll. Schon die Tatsache,
dass sie und ihre Familie sich mit der Schwägerin und deren Familie ein wenig
großes Haus teilen musste, stand unter keinem guten Stern und hätte viele
Kompromisse von beiden Seiten erfordert. Es sind natürlich keine guten
Voraussetzungen, wenn Energie auf Lethargie trifft und der energische Teil
aktiv wird, während der lethargische im Nachhinein zum am Beanstanden ist. Mir
musste Daniela nichts über ihre Schwägerin erzählen, die ich lange genug kenne.
Sie gehört, wie übrigens auch die restlichen Familienmitglieder bis auf eine
Ausnahme, zu den Menschen, mit denen man es sich eigentlich gar nicht verscherzen
kann. Und wenn doch, ist man selbst schuld, denn dann ist der geschossene Bock
einfach zu groß. Es gab nie und gibt bis heute keine Familiendominanz einzelner
Mitglieder. Und natürlich war und ist nicht alles und immer heile Welt, denn
Meinungsverschiedenheiten kommen in den besten Familien vor. Daniela jedoch hat
es immer so ausgelegt, als wäre sie der Satan unter Heiligen und bekäme keine
wirkliche Chance, sich zu etablieren. Ihre Darstellungen von vielen Situationen
klingen durchaus plausibel und nachvollziehbar und selbst ich wurde im Laufe
unsere Gespräche skeptisch, was diverse Meinungen anging. Allerdings stellte
sich das meiste später als pures Verdrehen bzw. Ansichtssache heraus und nichts
ist so heiß gegessen worden, wie Daniela es kochen wollte.
Dass
sie innerhalb der familiären Reihen einen Makel bekam, der sich schon schnell
nicht mehr wegwischen ließ, verdankt sie sich selbst. Nena kam schon
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