Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)
musste eine Entscheidung fällen, und zwar innerhalb einer begrenzten Zeitspanne. Die Krux ist die: Wenn man falschen Alarm schlägt, dann steht man da wie der letzte Depp. Oder, was noch schlimmer ist, man steht da wie der letzte Depp, der sinnlos mit öffentlichen Geldern um sich schmeißt.
Stellt man wiederum »Unfall« fest, und später kommt heraus, dass es doch etwas anderes war, dann sollte man eine gute Erklärung parat haben.
Ich konnte Ruiz jetzt schon hören. »Weißt du, was das Wort Ermittler bedeutet? Es bedeutet, dass man Dinge ermittelt. Warum sonst werden Detektive oft als Schnüffler bezeichnet, hm? Weil sie ihre Nase in Dinge stecken, um zu ermitteln, wie es wirklich war.« Und so weiter und so fort.
Während ich diesen Gedanken hinterherhing, hatte Hines sich aus dem Staub gemacht, zusammen mit den beiden Rettungssanis. Neben mir waren in dem Büroraum auf der Galerie noch Sergeant Tripani und Rourke, der Kollege, der als Erster vor Ort gewesen war, übrig geblieben. Und Mr Parker, der, könnte er sprechen, vielleicht sagen würde: »Woher um alles in der Welt soll ich denn wissen, was passiert ist? Ich sitze einfach so an meinem Schreibtisch, kümmere mich um meinen eigenen Kram, und im nächsten Moment bin ich Formfleisch.«
Ich kannte Sergeant Tripanis Meinung zu der ganzen Angelegenheit ja schon, aber für den Fall, dass er seine Meinung vielleicht geändert hatte, fragte ich ihn noch einmal. »Und, Lou?«
Er zuckte mit den Schultern, starrte auf den Toten und sagte: »Ich weiß genau, wonach es aussieht.« Da ich ihn noch immer abwartend anblickte, bequemte er sich dazu, etwas weiter auszuholen. »Ein unvermeidbarer Unfall, der jeden Moment hätte passieren können.«
Ich nickte, allerdings nicht als Bestätigung. Er hatte mich noch immer nicht überzeugt. Ich besah mir das Bücherregal, das schräg gegen die holzgetäfelte Wand gelehnt worden war, so dass es seine merkwürdige Vorwärtsbewegung von der Wand weg nicht wiederholen würde.
»Ruhende Objekte neigen dazu, weiter zu ruhen, aber bewegte Objekte neigen dazu, in Bewegung zu bleiben«, kommentierte ich mit einem Verweis auf ein Zitat von Sir Isaac Newton.
Darauf hatte Sergeant Tripani wiederum keinen Kommentar parat und fragte lediglich: »Brauchen Sie mich hier während Ihrer Entscheidungsfindung?«
»Nein. Aber ich muss mit den Kollegen Rourke und Simmons sprechen und auch mit dem Mitarbeiter, der den Toten entdeckt hat.«
»Okay.«
»Wissen wir, wer die nächsten Angehörigen sind? Sind die schon benachrichtigt worden?«
»Die Ehefrau ist kontaktiert worden«, antwortete er. »Scott, der Sekretär, hat sie angerufen, nachdem er den Toten gefunden und uns gerufen hatte. Hat wohl eine Nachricht auf dem Handy und dem Anrufbeantworter zu Hause hinterlassen und gesagt, dass es einen Unfall gab. Als Rourke und Simmons hier erschienen, haben sie das Gleiche getan und Mrs Parker gebeten, so schnell wie möglich zurückzurufen und/oder unverzüglich in den Laden zu kommen.«
»Wo wohnt sie?«
»Laut Scott auf der 23. Straße Ost.«
»Habt ihr eine Streife zu der Adresse geschickt?«, wollte ich wissen.
»Haben wir. Keine Antwort auf das Klingeln, und in dem Gebäude gibt es keinen Pförtner.«
»Arbeitet sie irgendwo?«
»Sie arbeitet von zu Hause, das haben wir ebenfalls von Scott.«
»Und was?«
»Habe ich nicht gefragt.«
Ich überlegte, warum Mrs Parker weder ihr Festnetz und noch nicht einmal ihr Handy beantwortet und sich auf diese ganz offensichtlich dringenden Nachrichten hin nicht zurückgemeldet hatte. Und warum ging sie nicht an die Tür? Schlief sie? Stand ewig unter der Dusche? Hörte ihre Nachrichten grundsätzlich nicht ab? Ich bin zwar nicht verheiratet, aber ich habe meine Verabredungen, und meine Erfahrungen mit der Damenwelt und ihrem Verhältnis zu Telefonnachrichten sind gemischt. Mehr werde ich zu diesem Thema nicht sagen.
Sergeant Tripani war schon auf dem Weg zur Wendeltreppe, drehte sich aber noch einmal um und sagte: »Wenn Sie irgendetwas finden, das nicht nach Unfall aussieht …«
»Dann geht das nächste Frühstück auf Sie.«
»Abgemacht.«
»Kann mir Ihr Fahrer Eier und Schinken und Brötchen besorgen?«
»Sicher. Wollen Sie auch etwas gegen erhöhtes Cholesterin?«
»Kaffee. Schwarz. Er soll mir den Beleg mitbringen.«
Lou Tripani stieg die Wendeltreppe hinunter, und ich wandte mich an den Kollegen Rourke. »Was glauben Sie denn?«
»Bei allem Respekt für die Meinung anderer,
Weitere Kostenlose Bücher