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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Aurics Fleisch, gruben, wühlten, suchten. Er spürte Blut über seinen Rücken fließen. Etwas pulsierte kalt auf Aurics Brust, die rote Faust in seinem Innern pochte wie die Korona eines Herzschlags gegen die Grenzen seines Körpers hoch und gab ihm Kraft.  
    Der Kyprophraig wand sich, fauchte, zischte, warf sich die Wände des Gangs entlang immer weiter vorwärts in die Düsternis hinein. Auric grunzte bei jedem Aufprall vor Schmerz, doch er ließ nicht los.
    Eine der Scheren erwischte den Rand von Aurics Helm, riss daran, verdrehte ihn auf seinem Kopf, dass er ihm Wange und Nase quetschte, griff noch einmal zu, riss den Helm diesmal ganz von seinem Kopf. Auric zog seinen Kopf tiefer zwischen die Schulter, weg von den Scheren und Klauen. Die Spitzen der Halsgreifer kratzten und schabten über seine Kopfhaut. Blut lief herab, rann ihm über die Stirn in die Augen. Im Versuch, weg von den Greifwerkzeugen zu kommen, drückte sein Gesicht sich in das ölige, ekle Fleisch des Kyprophraigen. Etwas knisterte, doch er ließ nicht los, er wusste, der Kyprophraig konnte keinen Blitz entlassen, ohne sich selbst zu vernichten.
    Sie trudelten und taumelten in einem irrwitzig miteinander verklammerten Tanz durch die Dunkelheit, die Gangwände rasten an Auric vorbei, schlingerten, schwankten. In dem Strudel aus Schmerz und wirbelnder Bewegung sah Auric am Leib des Kyprophraigen vorbei im Stein der Wände des Ganges Gesichter sich öffnen wie Augen. Er traute seinen Augen nicht, Das war der Schmerz, das war der Blutverlust, das war Delirium. Langgezogene Gesichter, kalte Gesichter, verstörende Gesichter. Sie öffneten sich in kreisrunden Fassungen und sie sahen ihn an. Er hörte eine Frage, durch das Wühlen des Schmerzes. Er dachte zuerst, sie käme von den Gesichtern her, doch dem war nicht so. Der Kyprophraig warf sie wieder gegen eine Wand, und durch den Aufprall gruben sich die Klauen noch tiefer in ihn. Er brüllte vor Schmerz und sah dabei gleichzeitig direkt neben ihm eines dieser Gesichter sich öffnen und starrte aus nächster Nähe in die steinernen, kalten Augen. Ihre Reglosigkeit durchbohrte ihn, anders als aus Stein Geformtes es kann, fremdartiger, grausamer. Das Steingesicht wurde aus seinem Blickfeld gerissen, der Kyprophraig wirbelte weiter. Auric keuchte, würgte in einem Anfall von Schmerz unter den erneut zustoßenden Krallen. Etwas Kaltes tropfte ihm über Lippen und Kinn.
    Wie in einer Brandung kämpften zwei Kräfte gegeneinander: der Schmerz der auf ihn eindonnerte, und der Herzschlag der roten Faust in seinem Inneren, der mit seiner Kraft dem Widerstand bot wie das feste Fundament einer Steilküste.
    Der Kyprophraig warf sich weiter durch den Gang in einem Irrsinnstanz, Auric klammerte sich weiter an ihn. Das musste enden, so oder so. Mit einem satten Schlürfen, zog er die eine Klinge heraus, riss sie höher, trieb sie in den wulstigen Nacken der Kreatur, riss die andere frei, rammte sie parallel zur ersten in die Wulste ein, dort wo sich der Kopfstummel zum Torso hin verbreiterte, in Höhe der scherenzappelnden Halskrause. Der Kyprophraig kreischte, schnellte sich gegen die Gangwand, Auric fand mit den Klingen Widerstand, bohrte, schabte, sägte, trieb sie tiefer. Ich geb‘ nicht auf, ich krieg dich, du Biest. Ich schick dich in die Hölle, und wenn ich dich dorthin begleiten muss.
    Das Schreien des Kyprophraigen wandelte sich in ein dünnes Pfeifen. Kurze gestammelte Fetzen in einer fremden Sprache sprudelten aus seinem Maul hervor, dazwischen ein rasselndes Geräusch wie trockenes Würgen. Ein Bein knickte unter dem Kyprophraigen weg, doch er fing sich, wuchtete seine eigene Masse und die Aurics noch einmal vorwärts. Ein widerlich scharfer Geruch von Fäkalien erfüllte die Luft, ließ Auric würgen. Auric blickte am Leib des Kyprophraigen entlang abwärts und sah, dass die Därme des Kyprophraigen sich auf den Steinboden entleerten. Mit rasendem Ingrimm stemmte er all seine Kraft in die Messerklingen, dass es knirschte.
    Der Laut, den der Kyprophraig von sich gab, glich dem Quietschen einer gigantischen Ratte, der man den Hals umdreht. Ein Ruck ging durch den bizarren Körper, an den Auric geklammert war. Die Beine des Kyprophraigen knickten ein, er stolperte, er ging zu Boden. Auric prallte auf Stein, schlitterte ein Stück weiter, wurde unter dem erschlaffenden Körper des Kyprophraigen begraben.

    Stille.
    Nur das Geräusch seines Atems.
    Er hatte für einen Moment die Augen geschlossen.
    Er

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