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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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man den Eindruck bekam, dass etwas tief im Innern ihres Körpers pumpte.
    Dann – eine fauchende Eruption.
    Der Glutstoß seines Atem entlud sich aus dem weit geöffneten Maul senkrecht in die Höhe, dass die Luft darin vor Hitze flirrte und Staubpartikel verglühten wie ein Regen von Aschefunken. Der Kopf schraubte sich herab, mit dem Blick zu ihnen, auf die erstarrte Szenerie eines in der gemeinsamen Flucht vor der Feuerhölle abgebrochenen Kampfes.
    Das Maul gab ein einziges saugendes, schmatzendes Geräusch von sich, so laut, dass es durch die ganzen unterirdischen Kammern hallte, die langen weidengleichen Arme klappten hoch, streckten sich empor, Finger gespreizt. Blitzgefaser entfachte schlagartig zwischen ihnen, als der Sturm einer anderen Welt in die zwischen ihnen aufgespannten ätherischen Spinnwebsegel fuhr. Geschosse einer blauen Hölle stießen hinein, wüteten einen Sekundenbruchteil gegen die Fasern ihres Gefängnisses.
    Bis der Kyprophraig sie losließ.
    Zwei Blitzkeile donnerten in die verwirrte, chaotische Masse von Menschen und Nichtmenschen.
    Blau-grelles Tosen erfüllte die weite Halle. Mit hämmernder Wucht pflügten zwei Meteore aus grellem Licht durch das Feld schreiender, wimmelnder Wesen. Knochen zerplatzten, Menschen und Nichtmenschen zerbarsten wie Töpferware. Ihre verkohlten Splitter flogen sirrend durch die Luft.
    Auric warf es zu Boden, in einem wilden Gewirr von Körpern, von Freund und Feind. Sein Atem blieb ihm in der Lunge stecken, sein Körper war wie taub. Mein Gott, das war das Ende! Der Wahnsinn hatte den Kyprophraigen erfasst. Auric schlug um sich, rappelte sich hoch, war in einer wilden, fliehenden Masse aus Leibern und Gliedern. Irgendwo im wimmelnden Menschengestrüpp das Gesicht von Nefraku, panikverzerrt wie alle anderen auch. Alles rannte, zu dieser Seite, zu jener, keine davon bot Sicherheit. Weitere Blitzstöße zuckten, jetzt etwas weiter weg. Nicht so gewaltig, nicht so elementar, nach der ungezügelten ersten Entladung höllengeschmiedeter Raserei. Durch eine plötzlich sich öffnende Lücke im panischen Menschenwald erblickte er Spinxer, dann nur noch grelles Licht, wo Spinxer gewesen war, dann ein verkohlter Körper, der zu Boden fiel. Bei allem Wahnsinn, der nicht mehr zwischen Feinden und Verbündeten unterschied, der Kyprophraig holte sich die Schützen, die ihm von fern gefährlich werden konnten, die ihn zuvor schon verletzt hatten.
    Durch den heillosen Tumult durcheinander Rennender sah er den Kyprophraigen näher kommen. Er glich nun tatsächlich einem dem Wahnsinn verfallenen Birkengott, wie es in den Schriften Epokravs des Älteren hieß, rasend und irr, umgeben von Feuern und Blitzen.
    Irgendetwas war mit dem Kyprophraigen geschehen.  
    Die flammenwerfende Vogelskulptur, die außer Kontrolle geraten war; all der Aufruhr, der in diese uralte Feste gefahren war – vielleicht hatte das etwas Verhängnisvolles im Netz all der hier drinnen lauernden Bannwerke und Vorrichtungen ausgelöst, etwas kollidieren lassen im Innern des schlafenden Netzwerks gebundener furchtbarer Geisteswesen, derer sich die Kinphauren bedienten. War der Kyprophraig hinter der Flammenwand vielleicht in einen Ausbruch solcher Gewalten geraten? Hatte der Ausbruch des Kyprophraigen, als ihn der Pfeil Spinxers bei seinem Rückzug ins Auge traf, vielleicht etwas derartiges ausgelöst?
    Es würde ein Geheimnis bleiben. Für das jetzt keine Zeit blieb. Jetzt musste er fliehen.
    Doch wohin fliehen? Keine Richtung bot Sicherheit. Irgendwo hinter Kanten und Vorsprünge, hinter Pfeilerreihen? Ein neuer Blitzstoß fegte Körper sengend zur Seite, fuhr in die Decke der Halle, ließ Splitter und Trümmer umher sausen. Die Luft war jetzt von Schwaden bleichen, knisternden Rauches gesättigt, ein scharfer, beißender Geruch ging davon aus, vermengt mit der widerlich süßen Note verbrannten Fleisches. Auric rannte. Stieß Menschen beiseite, Freund und Feind ununterscheidbar im tobenden Chaos.  
    Er lief zwischen Pfeilern hindurch, kam in den Schutz einer Kolonnade. Hier, zwischen Pfeilermassen, wanderten, zuckten Schattenbänder durchflackert vom Schein der Blitze. Eine Horde Fliehender stürzte jenseits der Kolonnade vorbei. Erneutes Aufflackern, die Pfeilerschatten um Auric wanderten – in Richtung der Fluchtachse, welche die soeben Vorbeigestürmten genommen hatten: Der Kyprophraig näherte sich.
    Auric drückte sich gegen die Seite eines der mächtigen Pfeiler, verfolgte am Wandern und

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