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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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der einfache Soldat. Hast du auch Mut gefasst oder möchtest du am liebsten auch wegrennen?“
    Jag zog eine Grimasse, seufzte und rieb sich das Stoppelkinn.
    „Wenn es nicht um die Kinphauren ginge“, sagte er, „würde ich abhauen, keine Frage. Ich habe keine Lust, für Idirium oder irgendwas anderes zu sterben.“  
    Er schwieg einen Moment nachdenklich, fuhr dann fort.  
    „Das hätte ich auch Kudai gesagt, wenn er mich gefragt hätte, ob ich überlaufen wollte. ‚Tut mir leid, sonst jederzeit gerne. Klar, will ich am Leben bleiben und auf der Seite der Sieger stehen. Aber nichts für ungut, Kleiner, diesmal geht es nun mal um diese bleichen Bastarde, und ich weiß wozu die fähig sind.‘ Das hätte ich ihm gesagt. Außerdem …“
    Er verzog das Gesicht, gab Auric von hinten eine Kopfnuss, legte ihm dann die Hand auf die Schulter.
    „He, ich bin Vraigasse! Ich weiß nicht, ob ihr Skrimaren das kennt, aber wir lassen, wenn‘s brenzlig wird, unsere Leute nicht im Stich.“
    Er wusste, was Jag sagte, sollte ihm etwas bedeuten, also gab er sich einen Ruck, stand auf, trat neben ihn, sah noch einmal zu Czands totem Körper herüber.
    „Was wird mit den Toten?“
    „Das musst du mich fragen? Es ist grausam, ich weiß, aber die Lebenden haben anderes zu tun. Sachen, die dafür sorgen, dass sie am Leben bleiben. Nachher wenn‘s vorbei ist, können wir uns um die Toten kümmern.“  
    Wer soll sich um die Toten kümmern? Wer ist dann noch am Leben? Wenn‘s vorbei ist.  
    Jag war auch ins Stocken geraten. „Willst du Czand begraben. Ich meine – jetzt. Ich meine … als Offizierin? Dafür muss Zeit sein. Die Spitzohren sind so siegessicher, die greifen noch nicht an, nicht mitten in der Nacht.“
    Es war doch egal. Das, was Czand gewesen war, war fortgegangen. Jetzt kam noch ein Tag des Mordens und Sterbens, und dann würde er selber auch fortgegangen sein.  
    Tust du mir einen letzten Gefallen? Hau ab, mach dich davon, das ist es nicht wert!
    Er sollte sie alle ziehen lassen. Durch die Talenge, in den Elsternforst. Er sollte zusammen mit ihnen allen verschwinden.  
    Das war es nicht wert.
    „Komm, gehen wir“, sagte er zu Jag, sah dessen besorgten Blick auf sich kleben, als er sich zum Zelteingang wendete.
    Bald werden auch alle Gründe für Besorgnis verschwunden sein.

    Diese Schreie. Er konnte sie einfach nicht aus seinen Ohren bekommen. Dieses entsetzte Brüllen und Kreischen. Er hatte bis zuletzt nicht bemerkt, hatte es nicht glauben können, dass es Czand war, die da schrie. Er hatte einfach ihre Stimme nicht erkannt. Er hatte sich nicht vorstellen können, dass dieses entmenschte Brüllen, das er schon so oft gehört hatte, dieses von einem ins Hirn hochgetriebenen Eiszapfen blanken ungläubigen Entsetzens in schrillste Höhen getriebene gurgelnde Kreischen, jetzt auch sie erreicht hatte. Dieses Brüllen – von dem man glaubte, dass es aus keinem menschlichen Leib kommen konnte –, es sollte tatsächlich von dem Leib kommen, der so oft des nachts neben ihm gelegen hatte, dessen Wärme er gespürt hatte. Von diesem Gesicht, das ihm so vertraut war und das nun bis zur Unkenntlichkeit verzerrt war.
    Wie in einem Taumel des Grausens ging er mit seiner Leibgarde im Schlepptau durch das Lager, sah nicht die Soldaten, die in ihren Vorbereitungen, im letzten und noch einmal allerletzten Prüfen der Waffen aufsahen, um ihn zu grüßen. Mein Gott, so zu sterben …
    Hau ab, mach dich davon, das ist es nicht wert!
    Er schrak auf, und sein Blick zuckte hoch. Beinahe wäre jemand in ihn hineingelaufen.
    Davernians und Ni-Konnachts Armbrüste zuckten ebenfalls hoch. Auric blickte in erschreckte Augen, welche die auf ihn gerichteten Bolzen, dann wieder Auric anstarrten.
    Große, weite Augen in einem schmalen, bleichen Gelehrtengesicht mit säuberlich gestutztem Bart. Der Mann trug einen Feldscherkittel. Sein Erschrecken schien sich bei Aurics Anblick kurz noch zu steigern.
    Hastig murmelte er eine Entschuldigung und machte sich davon. Weiter zu den ungezählten Verwundeten, die seiner Hilfe bedurften. Erschrocken wahrscheinlich, weil er mitten in Gedanken fast in seinen General hineingelaufen wäre, dem das Grauen ins Gesicht geschrieben stand.
    Auric hörte ein ersticktes Wuffen. War das etwa Ku Zwei?
    Er blickte umher, fand ihn zunächst nicht. Dann sah er ihn zwischen zwei Zelten. Er kam auf ihn zu, trug etwas im Maul. Daher das erstickte Wuffen. Was war das zwischen seinen Zähnen. Er kam zu ihm

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