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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Armee in das Herzland des idirischen Reiches vordrangen.
    Er wunderte sich, wie kalt und ungerührt er ihren Untergang herannahen sah. Es ist alles nur noch leer, eine geborstene Hülle. Seit dem Tod von Czand. Nein, es war nicht ihr Tod, der ihn heimsuchte – nicht dessen Tatsache –, der mit Grausen alles andere verschattete wie ein gewaltig aufsteigender Schlackenmond. Nicht seit ihrem Tod. Seit ihrem Sterben. Ihr Schreien hallte immer wieder plötzlich sekundenlang und unerwartet in seinem Kopf auf, das Bild ihres vor Schmerzen verzerrten Gesichts erschien vor seinem Geist. Was außer Grauen und Schmerz in Auric übrig geblieben war, war eine kalte Wut und ein leeres gähnendes Loch, wo vorher seine anderen wahrnehmbaren Gefühle und seine Gnade gewesen war.
    Jetzt saß ihm die kalte, verzehrende Wut im Nacken, die zuweilen anschwoll, ihn ganz erfüllte, alles andere auslöschte. Rache für Czand. Ein Tag des Mordens und Sterbens. Seine Hand fasste wieder nach dem Valkaersring an der Kette um seinen Hals.

    Der Armbrustschütze, den sie Spinne nannten, wurde von einer umhersuchenden, knisternd die Kuppe empor züngelnden Peitsche konzentrierter Blitzgewalt erfasst. Sekundenlang stand er gebadet in grell blau zuckende Flammen, die Glieder zitternd und ruckend, geschüttelt von den elementaren Kräften. Dann erlosch die Blitzpeitsche und sein toter Körper sank zu Boden. Rauch stieg von verbrannter Kleidung auf, von seinem versengten Fleisch, aus Ohren und aus Augenhöhlen.
    Der Magier in seinen Flammenwällen war schon fast zwischen der Kette der Kuppen, auf denen die Schützen standen, hindurch. Wer ihr so nahe kam wie Vortig auf seinem Erdbuckel, konnte erkennen, dass die Gestalt etwas Feminines hatte, und das war es auch, was er später Auric sagte. „Sie muss wohl jemand aus dem Tross gewesen sein.“ Keine Soldatin hätte irgendwo neben ihrer regulären Panzerung eine zweite Rüstung verstecken können. Und diese sah eindeutig anders aus als das Panzerzeug der Soldaten. Er sah dies, während er sein Ziel anpeilte. „Mir standen alle Haare im Nacken zu Berge. Und mir war, als hätte man mir statt Blut Eiswasser durch die Adern gepumpt. Jeden Moment konnte mich ja genau so ein Blitz erwischen, wie vorher Spinne.“ Trotzdem zielte er sorgsam und ließ den Bolzen fliegen.
    Hinter dem Vorhang aus Flammen, sah er die Gestalt des Magiers – der Magierin – zucken, erst vor, dann zurück. Ihr Kopf knickte leicht, sie wankte, dann fiel sie.  
    Kurz hintereinander hatten sie zwei Geschosse erwischt. Durch den Hals. Erst von der einen Seite, dann von der anderen. Vortigs Bolzen und Pfahls Pfeil. Durch den schmalen Spalt zwischen Helm und Brünne, durch den schmalen Spalt, den ihre Rüstung frei ließ.
    Wie bei einer Zündzange, die den Stein trifft, flammte ihr Feuer kurz und steil nach oben und erlosch dann. Sie bleib in einer glimmenden, rauchenden Kraterspur zurück, einer weiteren verbrannten Narbe über ein Feld, das am Morgen des vergangenen Tages eine üppige Sommerwiese gewesen war.

    Die erste der grauhäutigen, haarlosen Kreaturen knickte die letzten Reste der Pfahlbarrieren weg, warf die Trümmer zur Seite wie zerbrochenes Holzspielzeug, brüllte die Frontreihe ihrer Feinde ins Auge fassend laut auf und ließ dabei seine breiten, meißelgleichen Zähne sehen, schwang ihren Streitkolben in die Luft und stürmte vor.  
    Ihr Streitkolben donnerte im weiten Schwung die Schilde der Attackierten entlang, dellte ihre Mauer ein, drängte die zurückprallenden Schildträger zu einem brüllenden Knäuel zusammen und zurück in die folgenden Reihen. Weitere Duerga brachen aus den zerstörten Verschanzungen heraus und fielen über die Schlachtreihen der Sechzehnten her.

    Die Kampfkreaturen der Nichtmenschen hatten sich in Angriffswellen aus dem aufgestellten Heer gelöst, jetzt rückten dessen vordere Abteilungen selber vor. Eine Gestalt in Rüstung und rotem Mantel, in harschem Kontrast zum Blau des idirischen Heeres, war seine berittene Begleitung zurücklassend von seinem Pferd abgestiegen und hatte sich an die Spitze der valgarischen Stammesrotten gesetzt. Der Verräter führte die Truppen der Nichtmenschen gegen sein ehemaliges Heer. Kudai hatte seinen neuen Herren seine Loyalität zu beweisen.  
    Er streckte die Arme aus, und der Mantel fiel von seinen Schultern. Er schrie etwas Unverständliches in die sich wärmende Luft des Sommertages. Die menschlichen Verbündeten der Nichtmenschenallianz stürmten

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