Der Fall der Feste
die Ritzen gegraben und überwucherten das jetzige Dach wie ein wilder Garten. Zwei Eichen, die gegen die aufstrebende Rückwand Fuß gefasst hatten und die starken Finger ihrer Wurzeln um das Stockwerkdach gruben, bildeten mit einem hausgroßen Erker der Mauertrümmer so etwas wie eine Grotte. Davernian, Ni-Konnacht sowie vier weitere Kämpfer, die sie als Ersatz für die gefallenen Mitglieder von Aurics Leibwache herangezogen hatten, standen im Hintergrund, nahe der Öffnung zu dieser Höhlung.
Der Boden des Innenraums, der durch die Ruinenballung entstand, war unregelmäßig und höckerig, da sich die Grasnabe über alte Mauerreste und Fundamente gelegt hatte. Dort scharten sich die Zuhörer, aber sie drängten sich auch auf den Dächern anderer Gebäudefragmente, verteilten sich auf zu zackigen Hängen erodierten ehemaligen Treppenfluchten oder hatten die schartigen, moos- und grasbewachsenen Überreste von Wallanlagen erklettert und saßen auf den Kanten der Mauern.
Viele der Versammelten trugen Verbände, wenige noch die vollständige idirische Uniform. Es waren einige Gruppen von Kinvarda zu sehen. Die Nachricht von dem Treffpunkt bei Sayurkaimen-Khrang hatte sich unter ihnen verbreitet, und viele derer, die sich in einem Feldzug gegen Suevaren-Raubzüge unparteiisch hatten verhalten wollen, waren unter der Bedrohung eines anrückenden Nichtmenschenheeres hierher gekommen.
Auric blickte über die Menge die erhobenen Hände entlang.
„Gut“, sagte er. „Also gibt es hier viele, die wissen wovon ich rede.“ Er musste ihnen einfach klar darstellen, was er vorhatte. Er wollte keine weiteren Schwarzer-Schwarzer-Rufe hören. Davon hatte er schon zu viele gehört. Er wollte sie nicht aufstacheln, er wollte, dass jeder für sich eine Entscheidung traf, eine schwere Entscheidung.
„Damals waren Einheiten der Sechzehnten Teil eines Armeekontingents, das von Beamtenoffizieren wie eine konventionelle Armee geführt wurde. Wir hatten es als Gegner mit Freischärlern zu tun, Aufständischenhaufen, die wir auf diese Art nie zu packen bekamen, die sich uns immer wieder entzogen. Heute ist das Nichtmenschenheer in der gleichen Position wie wir damals. Ein großes Heer will Norgond durchqueren. Das ist eine Aufgabe, die wenig Freiraum für strategische Experimente lässt. Sie kommen wegen ihrer Größe langsam voran. Sie brauchen Versorgung. Sie werden sich auseinander gezogen fortbewegen. Kleine Gruppen von Kämpfern können ihnen großen Schaden zufügen, indem sie immer wieder angreifen und sich dann rasch wieder zurückziehen. Nachschubrouten stören, ihre Versorgung. Spähertrupps aufspüren und erledigen, isolierte Abteilungen angreifen. Und sich immer wieder zurückziehen, ohne dass man sie packen, ohne dass man sie zu einer Schlacht zwingen kann. Schlangen, die zustoßen, sich dann zurückziehen.
Das können wir tun. Wir sind keine reguläre Armee mehr. Wir können kämpfen wie Guerillas.
Guerillas können nicht zu ihrem Kampf gezwungen werden. Wer aus dieser Hölle, aus der wir kommen, sein Leben gerettet hat und sich jetzt nur noch in Sicherheit bringen will, der hat mein Verständnis. Wer aus dieser Hölle kommt, hat alles gegeben, was man von ihm verlangen kann. Es wird einen Treck nach Norgond geben, dem er sich mit den Verwundeten anschließen kann. Wie bei einer regulären Armee, die besiegt worden ist.
Wer sich aber damit nicht abfindet, besiegt worden zu sein, wer nicht will, dass diese Spitzohren mit ihren Vasallen über unsere Länder herfallen, der soll sich mit mir in die Wälder schlagen. Wir sind aus allen möglichen Ländern gekommen und haben für Idirium gekämpft. Wir sind idirische Bürger geworden und haben gesehen, wie das Leben in unserer Heimat war und wie man in Idirium leben kann. Das alles ist jetzt gefährdet.
Wir können sie nicht besiegen. Aber wir können ihnen schaden. Wir können in ihr Fleisch stechen und ihnen Wunden zufügen. Nicht wie eine Armee. Wie ein Haufen von Freiheitskämpfern.
Wir waren die Sechzehnte Division der Idirischen Armee, die Barbarenbataillone. Was davon übrig geblieben ist, macht sich auf den Rückzug nach Norgond.
Die Sechzehnte aber lebt weiter und schlägt sich in die Wälder. Sie ist der Alptraum ihrer Feinde und tötet Spitzohren und ihre Knechte, wo immer sie sie trifft.“
Damit hätte er enden sollen, er wusste es. Aber während er redete und seinen Blick über die Menge gleiten ließ, hatte er viele gesehen, die ihren Blick zu
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