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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Boden hatten sinken lassen. Er hatte keine hochrauschende Begeisterung mehr gesehen, aber grimmige Entschlossenheit. Er hatte auch viele stumpfe Blicke gesehen oder geschlagene. Der Kasernenhof in Port Varaneum kam ihm in den Sinn und wie ihn die versammelten Soldaten dort angeblickt hatten. Er dachte an den Auftrag, den er ihnen gegenüber damals gespürt hatte und sah Blut und Grauen, zerhauene Leichen und die Gesichter von Toten vor sich. Zu viele Gesichter von Menschen, die jetzt zu den Toten zählten.
    Er durfte nicht an diesem Punkt aufhören. Er blickte noch einmal über die Menge und fuhr fort. „Niemand wird verachtet oder als Feigling angesehen, der sich entschließt, nach Norgond zu gehen. Niemand, der bis hierher dabei war, kann ein Feigling sein. Niemand, der das alles durchgestanden hat. Bringt euch in Sicherheit, wenn ihr glaubt, schon mehr als genug getan zu haben und für euch keinen Grund mehr seht weiterzukämpfen. Ihr habt Recht. Ich will keinen blinden Gehorsam, ich will eine Entscheidung. Ich habe meine getroffen, ihr müsst eure für euch alleine treffen. Und jeder von euch, egal wie er sich entscheidet, hat meinen Respekt und meine Hochachtung, dass er den schweren Weg bis hierher gegangen ist. Ihr alle habt mehr gegeben, als man von euch verlangen durfte.“
    Die Blicke der grimmig Entschlossenen blieben grimmig entschlossen. Einige der Blicke, die verstohlen zu Boden gegangen waren, hatten sich jetzt auf ihn gerichtet, mit Erstaunen und mit einem anderen Ausdruck darin.
    Jemand begann gegen seinen Schild zu klopfen, nicht wütend oder kampfeslustig. In einem trägen, starrsinnigen Rhythmus, in den andere einfielen, der sich langsam durch die Menge fortsetzte. Der sich auch zu denen fortsetzte, denen anzusehen war, dass sie nicht mit ihm gehen würden.  
    Er zog sein Langmesser, schlug ebenfalls den Knauf in ihrem Takt gegen seinen Brustpanzer. Der Zusammenklang ihres Schlagens von Metall auf Metall hallte durch den Innenraum der Ruinen wie ein schleppend, gravitätischer Trommelrhythmus.
    Für die Sechzehnte Division der idirischen Armee. Für die Toten.

Eine andere Art von Krieg

    Die Toten kamen nachts zu ihm. Wenn er nicht schlafen konnte. Oder wenn er glaubte nicht zu schlafen. Sie taten normale Dinge, die er sie tausendmal hatte tun sehen; er sah sie in Situationen, in denen er sie so oft gesehen hatte. Nur schärften sie ihr Schwert, bauten ihr Zelt auf, saßen am Lagerfeuer mit blutverschmiertem Gesicht, blau verfärbt um die Augenhöhlen, mit klaffenden Wunden im vom Tode gebleichten Fleisch. Oder ihnen fehlten Gliedmaßen, blutige Fetzen hingen von ihnen herab.
    „Ich kann mich nicht beklagen. Ich habe mir dieses Leben ausgesucht“, sagte eine armlose Czand, deren Gesicht vom Schmerz gezeichnet blau angelaufen war, während sie zu ihm unter die Decke kroch. „Hau ab“, brüllte sie dann plötzlich mit kreischender, sich überschlagender Stimme, „mach dich davon, das ist es nicht wert!!!“
    Aus dem Schlaf hochfahrend blickte er hinauf in die Schatten von vor dem Nachthimmel schwankenden Baumwipfeln. Er zog die abgeworfene Decke erneut um sich und wälzte sich unruhig bis zum Morgen. Er musste dennoch geschlafen haben, denn er erwachte mit der Morgendämmerung.
    Er quälte sich hoch, sah um ihn herum schon andere sich regen. Kraft für einen neuen Tag? Wo sollte er die hernehmen? Wenn alles in ihm tot und kalt war. Er sah das, was sie tun mussten ein. Er wollte es tun. Aber ihm fehlte die Kraft, das innere Feuer. Er hoffte, dass die Kraft irgendwann in ihm auftauchen würde, dann wenn er sie brauchte.

    Das ausgedörrte Buschwerk ging unter den gelegten Feuern schnell in Flammen auf. Zuerst knisterten die Flämmchen durch das tote Strauchwerk und Laub, das sich am Boden des Unterholzes gesammelt hatte, dann sprangen sie auf das Astgewirr der Büsche über und bald flammte eine beachtliche Flammenwand empor und leckte die Stämme der Laubbäume empor.
    Auric sah Haren befriedigt vor dem Hitzeschwall zurücktreten und zu seinem Bruder hinüberblicken, der ein Stück weiter ein ähnliches Feuer entzündet hatte. Weiter den Waldrand entlang, kamen mehr Leute, die Brände gelegt hatten, aus dem Waldesinnern gerannt, unter ihnen die beiden Skopai, welche die beiden Drillinge nach dem Tod ihres Bruders auf ihrem Weg in den Norden begleitet hatten. Wie durch ein Wunder hatten alle vier die beiden Tage der Schlacht überlebt und waren bei den Ruinen von Sayurkaimen-Khrang zu den

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