Der Fall der Feste
unter ihren Blicken kein Zeichen des Wankens zu zeigen. Er hatte sich in die Aufstellung der vor den Rat Zitierten eingereiht, und Bruc und Siganche hatten ihm zwischen sich Platz gemacht. Die Gesamtheit der Enthravanen stand in einem Halbrund versammelt, eng beieinander, ihre zeremoniellen Gewänder wie eine graue Mauer, geschlossen und starr, unergründlich und unanfechtbar wie die Kanzel der Gerechtigkeit selber. Hinter ihnen ragten die Gestalten der Silaé auf, wie drei Säulen aus Licht, die Mienen ihrer fremdartigen, nichtmenschlichen Gesichter blank und frei von allen deutbaren Emotionen. Darachel sah den Blick seiner Enthravan-Mentorin Vinakhuan auf sich gerichtet.
Wenn er den Kopf ein wenig zur Seite wandte, konnte er Lhuarcan sehen, dessen Blick von den Enthravanen immer wieder abglitt und sich den Fokus verlierend zu Boden senkte.
„Es ist festzustellen“, sprach Enthravan Cinawe-Gauchainen, „was genau ihr bei dem, was ihr Forschungen nennt, getan habt, und inwiefern ihr damit Schaden angerichtet habt, am Gewebe der Welt als auch am Prozess unserer Aszension.“
„Es hat keinen Schaden gegeben.“ Es war Nadragírs Stimme, die in dem hohen Versammlungsrund den Enthravanen entgegenhallte. Darachel sah ihn mit entschlossenem Gesichtsausdruck einen halben Schritt vortreten, und ein Gefühl freudiger Verwunderung durchfuhr ihn. Der forsche, aufrechte Nadragír. „Wir haben direkt zu Anfang unserer Forschungen entdeckt, dass jedes erzeugte Phänomen Gegenkräfte hat, und wir haben dem bei unserem weiteren Vorgehen Rechnung getragen. Wir haben Ableitungsbanne für die Nebeneffekte entwickelt, und haben sie stets so eingesetzt, dass die Gegenkräfte entschärft werden.“
„Forschungen? Reden wir nicht von Forschungen.“ Die Stimme Cenn-Vekanens brach scharf aus der Reihe der versammelten Enthravanen hervor. „Das ist nichts weiter als ein verantwortungsloser Euphemismus mit dem Zweck, die Wahrheit zu verschleiern. Reden wir von Manipulationen. Und wenn diese Bereiche für euch so neu sind, wie könnt ihr euch dann sicher sein, dass ihr tatsächlich all die Auswirkungen, die eure Manipulationen in den feineren Reichen haben, erkennen und abschätzen könnt?“ Darachel musste anerkennen, dass Cenn-Vekanen sich gut in der Gewalt hatte. Bei seiner verbalen Attacke behielt er dennoch den Ausdruck emotionsloser Unparteilichkeit bei. Er wirkte zwar hart, sicherlich, aber nicht herausfordernd.
„Solche Manipulationen beeinflussen das Weltgefüge, das ist unbestreitbar.“ Cianwe-Gauchainen ergriff wieder das Wort. „Eines der Beispiele dafür, die wir kennen, sind die Kyprophraige. Wir wissen aus Berichten über die Verbannten, dass die Kyprophraige ein ganzes Netz von weit entfernten Welten bewohnt haben, mit ihren Kräften und Manipulationen auf die Substanz ihrer Welten zurückgriffen und sie so sehr geschädigt haben, dass sie von dort fliehen mussten.“
„Das ist eine der Auslegungen.“ Darachel konnte nicht umhin, dem Enthravanen zu widersprechen. Er hatte im Zuge dessen, was Auric ihm berichtete, ein wenig in der Bibliothek über die Kyprophraige nachgeforscht und Bemerkenswertes gefunden. „Die Schriften sagen, dass dies auf einen bewussten Akt zurückgeht. Dass der Zusammenbruch einer ihrer Welten nicht durch unbemerkte und unkontrollierte Nebeneffekte hervorgerufen wurde. Es heißt vielmehr, dass die Kyprophraige gezielt eine Welt in ihrer innersten Struktur zum Kollabieren gebracht haben, damit die Zerstörungswelle für die Trümmerfasern dieser Welt die Domänenwälle durchbricht, so dass sie durch diese Risse in andere Welten gelangen konnten. Dass sie dadurch ihr Netz von Fugenfaden geschaffen haben, das unter anderem ihre eigenen Welten miteinander verband.“
„Ob die Kyprophraige die Schäden an ihren Welten bewusst oder unbewusst angerichtet haben, tut hier nichts zur Sache“, unterbrach Cenn-Vekanen schroff seine Ausführungen. „Wesentlich ist allein die Tatsache, dass solche Manipulationen das Weltgefüge schädigen.“
„Wir müssen noch nicht einmal von einer Schädigung ausgehen“, fügte Cinawe-Gauchainen hinzu. „Reden wir von einer widernatürlichen Beeinflussung. Es steht zu vermuten, dass als erstes Auswirkungen auf die ghan -Gewebe zu spüren sein werden.“
„Wie ihr euch in der Zeit eurer Experimente verändert habt, scheint diese Vermutung zu stützen“, warf Cenn-Vekanen ein. Hier ist ein Einfluss zu spüren, der dem Geist unserer Entwicklung
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