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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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schätzte ihre Chancen ab. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie ungefähr gleich stark waren. Ein Wagnis. Aber was für eine Gelegenheit.
    Ein Teil von ihm wollte sein Reittier wenden, um rasch seinem Trupp zu folgen, um mit Jag, Davernian, Ni-Konnacht und Vortig zu besprechen, wie es wohl zu bewerkstelligen sei.  
    Aber ein anderer Teil von ihm hielt ihn wie gelähmt. Und dieser Teil war der dominierende. Seine Gedanken und Pläne, den Führer dieser Nichtmenschenallianz erledigen zu können, waren wie Wellen und Brechungen an einer Wasseroberfläche, doch der andere Teil, jener, der ihn in seinem Bann hielt, war wie die schwere, unerforschliche Tiefe eines Meeres. Er zwang ihn, wie angewurzelt zu verharren und seinen Blick nicht von der Gestalt an der Spitze des Trupps zu nehmen.
    Diese Gestalt war in die exquisiteste Rüstung gehüllt, die er je gesehen hatte. Dabei war sie mit keinerlei Verzierungen oder Ornamenten versehen; es war das perfekte Ineinandergreifen ihrer Teile, die fremdartig geschwungenen Linien ihrer Konturen, die sie aus dem, was Auric bisher gesehen hatte, hervorhob. Hochrangige Beamtenoffiziere der idirischen Armee trugen ihre reich verzierten Paraderüstungen, die dem effekthaschenden Prunk der Historiengemälde Konkurrenz machen konnten, Rüstungen, in die man Kämpfer, aus denen mythische Gestalten geworden waren, hüllte, lange nachdem sie tot waren. Dies jedoch, was der Anführer der Kinphauren trug, war der Panzer einer Kampfkreatur. Er fragte sich, aus welchem Material sie wohl gefertigt war. War dies eine echte Drachenhautrüstung? Oder eine Verbindung aus Metall und gehärtetem Feuerechsenleder?
    Der Helm war ebenfalls ein seltsames Gebilde. Er diente nicht allein dem Schutz, er machte aus seinem Träger ein seltsames Geschöpf, das an ein riesiges Insekt gemahnte. Der Helm, er drehte sich. Kinphaidranauk war jetzt unter ihm, genau an der Stelle, an der er, wenn er noch näher herankäme, hinter der Kante des Abhangs seinem Blick entschwinden würde. Der Kopf im Helm wandte sich. Er bekam das Gesicht zu sehen. Noch immer war er wie gelähmt und auf der Stelle erstarrt. Das Gesicht war knochenbleich, so als würde es, wenn er es anfasste, sich hart und glatt anfühlen. Es war das Gesicht einer Frau.
    Kinphaidranauk sah ihn an.
    Sie wendete in der Rüstung ihren Kopf, drehte ihren Hals wie es nur einer Puppe möglich sein sollte. Ihr Blick bohrte sich in seinen, und ihn durchfuhr ein Schlag. Er traf ihn in die Brust wie ein Schmiedehammer, kalt wie ein Windstoß aus dem Herzen des Nordeises her. Er taumelte und wankte.
    Er taumelte und wankte in einer Leere hängend, an die sein Bewusstsein plötzlich versetzt war. Er war allein dort im Nichts, plötzlich hineingeworfen unter ihrem Blick, der den seinen traf.
    Er saß im Sattel seines Pferdes und war wie erstarrt.
    Kinphaidranauk zügelte scharf ihr Pferd und kam zum Halt. Sie nahm den Blick von ihm, drehte den Oberkörper im Sattel und schrie etwas auf kinphaurisch zu ihren Leuten hin.
    Die Lähmung fiel von Auric ab. Ein Schock der Panik traf ihn, er zwang mit Schenkel und Zügel sein Pferd zu einer Wende, so dass es heftig aufschnaubte.
    Die Gestalt im Torweg, die Vision: Sie war es. Damals bei der Feste im Norden, als er die Graustelzer verfolgt hatte und allein im Angesicht der Nichtmenschenfeste gestanden hatte. Sie war es.
    Alles Denken war aus seinem Kopf geflohen, und nur noch ein überwältigendes Rauschen wühlte darin, wie ein Druck gewaltiger tosender Wassermassen. Etwas fasste ihn kalt die Wirbelsäule ins Hirn hinauf. Weg hier! Nur weg hier!  
    Sein Pferd stürmte den Hang hinauf, wo er Jag sah, der hinter dem letzten zwischen Tannenstämmen verschwundenen Soldaten auf ihn wartend zurück geblieben war.  
    „He, Schwarzer, was ist …?“, hob er an, erstarrte ebenfalls bei Aurics Anblick.
    Das Gesicht des Freundes und seine Worte brachten Auric einigermaßen zum Bewusstsein zurück. So weit, dass er „Weg von hier!“, rufen konnte und sein Pferd zügelte, dass es anhielt und wild stampfend auf der Stelle im Kreis wendete.  
    Als er so einen Blick zurück bekam, sah er Kinphaidranauk über dem Rand der Böschung auftauchen. Das war verrückt. Wie kam sie den steilen Hang hoch? Sowohl ihr Oberkörper als auch Kopf und Hals des Pferdes stiegen höher in Sicht, und er sah jetzt, dass ihr Reittier langsam und unerbittlich des felsigen Steilhang nach oben stieg.  
    Das ist unmöglich. Das kann kein Pferd tun.
    Das Pferd mit

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