Der Fall der Feste
haltend schleppte er sich nach draußen.
Draußen vor dem Eingang der Höhle warf der nahende Tag einen grauen Schein über den Horizont. Unter ihm, jenseits des Halbrundes, wo der Hang steil abfiel, ließ ein mit dem Morgen aufkommender Wind die Wipfel der Tannen rauschen. Hinter ihrem dunkel stoppeligen Feld breitete sich die ganze Weite des Landes aus. Wie ein schwerer dunkler Turm stieg in der Mitte der Ebene in der Dämmerung Rauch zum Himmel empor, sein Fundament glühte noch vom Brand der Flammen, seine Spitze verschwand im Schwarz der Decke aus Nacht und Wolken.
Weitere Pfeiler der Zerstörung ragten gegen das flache Zinngrau des Horizontes auf, Zeugen der gewaltigen Vernichtungskräfte, die auch dort gewütet hatten. Einzelne zerrissene Schwaden von Rauch umkreisten sie wie Schwärme von Raben. Gleich den Einschlagkratern von Brandgeschossen wiesen die Zeichen der Verheerung in einer Spur in die Tiefe des Landes hinein, hinter den Bogen von Flachland, Hügeln und Gebirgen und darüber hinaus in weite, dem Blick verhüllte Länder.
Die Gestalten wuchsen über die Kuppe des Hangs, wie Hauer aus einem gebleckten Raubtiermaul. Sie überragten ihn wie Säulen, und wie Fänge schnappten sie zu. Er sah ihre fremdartigen Gesichter, ganz und gar nicht menschlich, blau schimmernde Augen wie Lampen in der Dämmerung. Ihre Panzerungen perlmuttbleich, ihre Schwerter lang und gerade wie Speere. Silchaurensprosse. Getriebene. Knochenschädel. Ihre Klingen kamen über ihn, und er konnte sie kaum abwehren. Ein Stich in die Seite, eine Feuerspur über sein Bein. Hinter ihnen sah er eine weitere Reihe von Angreifern aus dem Zwielicht auftauchen. Ninrekrieger. Drosaikvarda. Auch einen Menschen sah er unter ihnen. Der Ninre in der Höhle war nur ihr Vorbote gewesen, der in Ungeduld und Selbstüberschätzung geglaubt hatte, ihn allein erledigen zu können. Hier war der Rest seiner Schar, eine Truppe aus dem Zusammenschluss ihrer Feinde, die ihn, als den letzten seiner Art, jagen sollte.
Und er war in ihre Falle gegangen.
Er hieb mit dem Schwert um sich, parierte ihre Klingen, doch sein Stahl konnte nicht überall sein. Huschen von mondbleichen Klingen, ein Gestrüpp aus stahlscharfen Bahnen; er verfing sich darin.
Umherfliegende Kettenglieder, scharf konturiert, wie in einem eingefrorenen Moment herausgearbeitet, ein schwarzes Gespritze dazwischen.
Von irgendwo kam ein schriller Schrei, der ihm in unerfindlicher Weise entsetzlich an die Nerven ging. Weil er sich scharf durch alles andere hindurchfräste. Weil er plötzlich merkte, dass er von ihm selber kam. Ein Husten zerhackte ihm die Kehle, und ein Schwall Blut würgte sich über seine Lippen und troff ihm über die Brust. Ein Wesen mit unnatürlich blauen Augen in einem knochig langgezogenen, haarlosen Schädel trieb ihm eine Klinge in den Leib. Seine Frau und sein Sohn, sie waren in Sicherheit.
Ihr werdet sie niemals finden. Das ist jeden Preis wert. Ich werde sie niemals mehr sehen …
Von allen Seiten stachen sie auf ihn ein. Er hatte sich endgültige im Klingengestrüpp verirrt.
Sie trieben ihm die langen, bleichen, geraden Schwerter in den Leib. Und sie kamen blutig wieder heraus.
Dunkelheit senkte sich über ihn.
Auric erwachte keuchend und nach Luft schnappend.
Er wand sich aus Laken, die zerwühlt um seinen von kaltem Schweiß bedeckten Körper gedreht waren, und setzte sich auf. Er blickte umher.
Um ihn war Helligkeit, Schlankheit, Weite. Vertraute Verwirrtheit. Bekannte Fremdartigkeit.
Verschlungene Friese an den Wänden spielten ihr gewohntes Vexierspiel mit dem Licht und seiner Wahrnehmung.
Er war in Himmelsriff.
Er war umgeben von Wesen aus der fremden Rasse der Ninraé. Er war in Sicherheit.
Die Feste des Feindes
Die Kinphaurenfeste lag in einem steilen Gebirgstal nicht weit nördlich der Passstraße.
Das Tal bot einen seltsam düsteren und kahlen Anblick. Nadelwald zog sich an seinen schroffen westlichen Hängen empor, andere Partien, ganze Bergflanken bestanden nur aus nacktem, glatten Fels. Sie wirkten wie abgeschliffen, wie aus der Masse des Berges gehöhlt. Während sie sich der Feste näherten, fühlte Auric sich an jenes ruinendurchsetzte vergessene Kinphaurenland erinnert, durch das sie während seiner Zeit im Haus Trevante mit dem Senphoren gereist waren, an Täler, die an eingebrochene, geschmolzene Schlackengruben im Bauch des Gebirges gemahnten. Dieses Tal hier erschien wie eine in das Gebirge
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