Der Fall der Feste
ihn in sein Blickfeld treten. Er sah ein hoch aufragendes irres, rasendes Rucken von Gliedern, Spritzen von Blut, das Sausen eines blitzenden bluttriefenden Halbmonds, ein Zuschnappen und Reißen. Dann ein Stocken in diesem Wirbel von zu vielen, zu langen, zu fremdartigen Gliedern. Pfeile schlugen in den grotesken Körper ein. Die bizarr langgestreckten Arme wischten durch die Luft, als wollten sie versuchen, lästige Insekten zu verscheuchen. Der Kyprophraig versuchte Schmerz und Irritation abzuschütteln, wieder in den irren Rhythmus seines Mordtaktes hineinzukommen. Aurics Seite nutzte diese Ablenkung: ihre Klingen bissen ins Fleisch des Kyprophraigen. Die Kreatur brüllte mit dampfendem Atem. Ein weiterer Pfeil traf seinen Stummelschädel, ließ ihn zurückrucken, als habe er einen Schlag mit einer Holzplanke abbekommen. Die Richtung seines Wütens änderte sich. Er versuchte jetzt aus dem Kampfgetümmel herauszukommen.
Vortig, Pfahl und Spinxer hatten sich in der weisen Einsicht, dass sie in Nahkampf von weniger Nutzen seien, am Rand des Kampfgewühls gehalten, waren mit gespannten Waffen um die Ausläufer des Gefechts herumgeirrt. Sie hatten gesehen, wie der Kyprophraig in das Handgemenge eingedrungen war und ihre eigenen Leute gemordet hatte. So gefährlich der Kyprophraig auch war, so war er doch endlich etwas, das ihnen ein klares Ziel bot. Er ragte, während er furchtbar wütete, durch seine Größe über die Menge der Kämpfenden hinaus. Er bot eine gute Zielscheibe, wo es ansonsten unmöglich war, bei einem Schuss sicherzugehen, dass man den Feind und nicht jemanden der eigenen Seite traf.
Obwohl die Pfeile den Kyprophraigen an Stellen des Körpers trafen, wo es für einen Menschen verhängnisvoll gewesen wäre, schienen sie ihm nicht allzu sehr zu schaden oder ihn zu beeinträchtigen. Die Treffer schienen ihn zu schmerzen und zu verärgern, doch zeigte er keine Anzeichen einer schwerwiegenden Verwundung, die ihn in seinem Mordzug aufgehalten oder verlangsamt hätte. Er schien allerdings die Situation, in der er sich dadurch befand, dass er so ein klares Ziel bot, als Gefahr erkannt zu haben und versuchte sich durch das Getümmel der Kämpfenden einen Weg heraus zu bahnen. Verbündete und Feinde wichen vor ihm zurück, und wer von Aurics Leuten nicht schnell genug entkommen konnte, wurde von seiner Sichelwaffe zerteilt oder von Armen und Maul zerfleischt.
Auric registrierte das Chaos der durch den Kyprophraigen verursachten Verheerungen und seine Wende am Rande seines Bewusstseins, während er sich weiterhin seiner Gegner erwehrte. Er hörte auch die Worte, die aus dem Kyprophraigenmaul in den ummauerten Raum der Halle gebrüllt wurden: kinphaurische Laute, nach allem, was er von dieser Sprache gehört hatte. Klar und artikuliert, wie er es bei einer so monströsen Kreatur nicht vermutet hätte. Ein anderes Brüllen antwortete ihm. Es schien ebenfalls kinphaurische Laute zu formen, doch gefärbt von einer Ungeschlachtheit, wie sie ein tierischer Stimmkörper bot. Weniger geläufig, weniger elegant als der Stimmapparat des Kyprophraigen sie hervorgebracht hatte. Das Brüllen kam aus den Randbereichen der Halle. Es wandelte sich von diesen differenzierten Lauten zu einem bloßen Wutgeschrei. Ein Kampfruf dessen Hall sich änderte, als käme er aus einem engeren Raum heraus in eine größere Weite. Es klang, als würde sich der Homunkulus aus dem Kampf in der Peripherie der Halle heraus dem Ort ihres Gefechts mit den kinphaurischen Truppen nähern.
Ein Kinphaure stürzte mit einem erbittert geführten hohen Hieb gegen Auric vor. Er fing ihn mit seinem Stahl auf, lenkte ihn scharrend seine Klinge hinab zur Parierstange hin. Nutzte die Schwungkraft der fremden Klinge, sie in einem Dreh weg zu wuchten, den Arm, der sie führte, mit ihr. Der Kinphaure fauchte wütend, lenkte seine Klinge blitzschnell zurück zu einem harten Schlag gegen Aurics Mitte. Auric machte einen raschen Vorwärtsschritt, wich dem Hieb aus, indem er ihn unterlief, drosch dem Kinphauren den Knauf seines Schwertes hart zwischen Nasenschutz und Wangenklappe, kam ihm dabei so nah, dass er in das unnatürliche Frostblau seiner Augen schauen konnte, so stechend blass, dass sich die Iris in ihrer Helligkeit kaum vom Weiß des Auges abhob, so nah, dass – als das Jochbein des Elfen mit einem Knirschen nachgab – er das aus dem zerschmetterten bleichen Gesicht aufspritzende Blut abbekam, es fühlte wie ein Platzen von Regentropfen auf Nase
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