Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
Vom Netzwerk:
würden also nicht klagen wollen?«
    Â»Kann ich denn Ansprüche auf einen Namen erheben, indem ich ihn sofort beschmutze?« fragte Noël mit Stolz und Erstaunen.
    Â»Mein Kompliment, Monsieur!« Daburon bewunderte Noël aufrichtig.
    Â»Danke, Herr Richter. Aber für mich ist das selbstverständlich. Wenn wir uns nicht einigen sollten, habe ich mich entschlossen, Albert den Namen Commarin zu lassen. Ich glaube, daß der meine in zehn Jahren nicht weniger Ansehen haben wird als dieser. Auf einer Geldabfindung freilich müßte ich bestehen, schon um das Handikap auszugleichen, das die schlechten finanziellen Verhältnisse mir auferlegt haben. Madame Gerdys Vermögen, das ihr mein Vater geschenkt hat, ist vor allem durch meine Erziehung erschöpft, und Sie wissen selbst, wie lange es dauert, ehe eine Anwaltspraxis auch nur einigen Gewinn abwirft. Madame Gerdy und ich sind gezwungen, zurückgezogen zu leben, und dennoch habe ich seit der Entdeckung der Briefe keinen Haß gegen irgend jemanden in mir genährt, und ich habe auch meine Empörung unterdrückt. Nun, nach dem Tode meiner Amme, sind alle meine Hoffnungen ohnehin geschwunden.«
    Â»Nur nicht so hastig«, warf Daburon ein, »so schlecht steht Ihre Sache gar nicht. Vielleicht brauchen Sie Ihre Rechte nicht abzuschreiben. Das Gericht ist nämlich zu der Überzeugung gekommen, den Mörder von Madame Lerouge zu kennen. Albert de Commarin ist bereits verhaftet!«
    Â»Albert de Commarin!« rief Noël in höchster Verwunderung. »Habe ich mich verhört?«
    Â»Nein, Monsieur.« Daburon stand auf. »Jedenfalls danke ich Ihnen für Ihre Aussage. Sie hat mich ein gutes Stück weitergebracht. Morgen um die gleiche Stunde nehmen wir alles zu Protokoll, das Sie dann beeiden müssen. Noch eines: Ich brauche die Briefe, von denen Sie gesprochen haben.«
    Â»In einer Stunde sind sie in Ihren Händen«, sagte Noël und verabschiedete sich von Daburon.
    Beim Verlassen des Büros des Untersuchungsrichters war Noël so in Gedanken versunken, daß er Vater Tabaret am Ende des Korridors nicht bemerkte.
    Dem Alten konnte man die Freude über die guten Nachrichten, die er brachte, vom Gesicht ablesen. In großen Sätzen steuerte er geradewegs auf Daburons Zimmer zu, und er entschuldigte sich nicht einmal, als er Constant anrempelte.
    Â»Es ist geschafft!« rief er, die Klinke noch in der Hand.
    Â»Wir haben ihn!« Seine Gesten brachten selbst den trockenen Constant zum Lachen. Daburon aber stand noch zu sehr unter dem Eindruck von Noëls Aussage, als daß er die Komik des Auftritts hätte würdigen können.
    Â»Ein bißchen mehr Beherrschung, wenn ich bitten darf«, sagte er grämlich. Doch diese Zurechtweisung machte auf Vater Tabaret nicht den geringsten Eindruck. Seine Freude über den Erfolg spülte alles andere hinweg.
    Â»Beherrschung!« sagte er. »Ich bin stolz, daß alles, buchstäblich alles, was ich vorausgesehen habe, eingetroffen ist.« Er berichtete aufgeregt von seiner Untersuchung und vergaß auch nicht die unbedeutendste Kleinigkeit. Vor allem bereitete es ihm Genugtuung, daß sich seine Methoden, die Gevrol lächerlich gemacht hatte, als richtig erwiesen.»Einen Hunderter würde ich zahlen, wenn ich ihn jetzt hier haben könnte, diesen Gevrol!«
    Â»Beruhigen Sie sich, lieber Tabaret.« sagte der Richter, nachdem Tabaret eine Atempause hatte einlegen müssen. »Wir sollten sachlich vorgehen.«
    Â»Ist doch alles klar wie Kloßbrühe.« Der Alte war noch immer außer sich. »Legen Sie Albert de Commarin nur die Lederfasern vor, die wir unter den Fingernägeln der Leiche gefunden haben, und dann zeigen Sie ihm seine eigenen Handschuhe. Ich wette meinen Hals, daß er dann gesteht.«
    Erst als die Erregung Tabarets einigermaßen abgeklungen war, kam Daburon dazu, ihm einige Fragen über die Einzelheiten der Verhaftung zu stellen.
    Als Tabaret ihm berichtete, daß Albert beim Lesen des Haftbefehls gemurmelt hätte: »Ich bin verloren!«, sagte er: »Das belastet ihn schwer.«
    Â»Und ob ihn das belastet!« sagte Tabaret. »Und das verhängnisvolle Geständnis ist ihm nur entschlüpft, weil er noch ganz verschlafen war. Wenn er sich von seinem ersten Schreck erholt hat, wird er natürlich eine Erklärung für diesen Ausruf parat halten. Vielleicht sollte ich noch

Weitere Kostenlose Bücher