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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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den Grundstein zu diesem Verbrechen gelegt.«
    Daburon hatte erwartet, ein hochmütiger Mann würde vor ihm stehen, einer, der sich herrisch benehmen würde, und so war er entschlossen gewesen, den Hochmut zu brechen. Er hatte ja im Umgang mit der Marquise d’Arlanges den stumpfsinnigen Stolz des Adels erfahren müssen. Doch angesichts dieser Ruine von einem Mann, der sich reumütig zeigte, kam ihn Mitleid an.
    Â»Ich will, daß Sie alles zu Protokoll nehmen«, beharrte der Graf. »Verstehen Sie? Alles. Lassen Sie nichts aus. Schonen Sie mich nicht. Jetzt ist alles gleichgültig. Ich, Graf Rheteau de Commarin, werde vor die Schranken des Gerichts zitiert, zur Schadenfreude von ganz Paris, und mein Name wird durch den Schmutz gezerrt. Die Ehre ist dahin. Die ganze Welt soll wissen: Ich bin der eigentliche Schuldige. Schreiben Sie es auf, Herr Richter. Schreiben Sie aber auch, wie schwer ich schon immer an meiner Schuld getragen habe.« Wieder schwieg Graf Commarin, versuchte, sich zu sammeln, ehe er, fast leidenschaftslos, fortfuhr: »Meine Eltern haben mich gezwungen – ich war damals so alt, wie Albert jetzt ist – ein ungeliebtes Mädchen aus vornehmem Haus zu heiraten. War es da ein Wunder, daß ich sie unglücklich machte? Mein Herz gehörte Valerie, einer Freundin, die ich schon seit Jahren innig liebte. Sie verkörperte für mich alles: Schönheit, Reinheit und einen großen Reichtum an Gefühlen. Noch heute wird mir warm ums Herz, wenn ich ihren Namen ausspreche.
    Ich konnte mich nicht von ihr trennen, als ich heiratete, und sie hätte ohne meine Liebe nicht leben können. Als dann meine Frau und Valerie fast auf denselben Tag Mutter wurden, erwachte in mir ein schlimmer Gedanke. Ich wollte meinen Sohn aus der Ehe mit der ungeliebten Frau seinem Halbbruder opfern, den mir die einzig Geliebte geschenkt hatte und der doch für immer im Schatten stehen würde. Valerie wies zuerst meinen Vorschlag voller Abscheu zurück. Sie war Mutter und wollte ihr Kind auf keinen Fall verlieren. In der vergangenen Nacht habe ich die Briefe, die sie mir damals schrieb, noch einmal gelesen. Warum nur habe ich damals nicht auf ihre Einwände gehört? Ich muß wahnsinnig gewesen sein! Ich drohte ihr sogar, sie zu verlassen, wenn sie nicht auf meinen Plan eingehen wollte. Das bestimmte sie schließlich, nachzugeben. Mein Kammerdiener und Claudine Lerouge haben dann die Vertauschung der Kinder vorgenommen. Das ist alles.«
    Daburon, der mit Widerstand des alten Grafen und auch mit Lügen gerechnet hatte, freute sich über dieses klare Geständnis, nicht zuletzt deshalb, weil nun der Anerkennung des sympathischen Noël Gerdy nichts mehr im Weg stand.
    Â»Also erkennen Sie an, daß Noël Gerdy der Sohn aus Ihrer Ehe mit der Gräfin de Commarin und allein berechtigt ist, Ihren Namen zu tragen?« fragte er.
    Â»Ich liebte das Kind um Valeries willen mehr als das eheliche. Die Vorstellung, es immer um mich zu haben, erfüllte mich mit solcher Freude, daß ich darüber alle Vorbehalte vergaß. Er würde meinen Namen tragen, er würde mein Vermögen erben. Das machte mich glücklich. Den anderen Knaben habe ich kaum angesehen. Daß ich ihn mehr als zweimal umarmt hätte, daran kann ich mich nicht erinnern. Valerie hat mir deshalb oft Vorwürfe gemacht. Allein: Mein Glück war nicht vollkommen. Denn ich mußte zusehen, wie die Gräfin de Commarin dem, den sie für ihren Sohn hielt, all ihre Liebe schenkte. Immer hielt sie ihn auf ihrem Schoß. Ich litt unsagbar, wenn ich zusehen mußte, wie sie das Kind meiner Liebe küßte und mit Zärtlichkeiten überhäufte, und ich tat alles, um den Knaben von ihr fernzuhalten. Die arme Frau begriff nicht, warum ich ihr den Sohn, meinen Sohn, entzog. Der Kummer raffte sie hinweg, und sie trug ihn ohne Klagen. Als sie starb, verzieh sie mir.«
    Daburon hütete sich, den Grafen zu unterbrechen und zu mehr Sachlichkeit anzuhalten. Das Fieber allein, unter dessen Einfluß er redete, gab ihm die Kraft, das wußte Daburon, und Rheteau de Commarin würde vielleicht nach einer Unterbrechung zu erschöpft sein, um seine Geschichte zu einem Ende zu bringen.
    Â»Sie verzieh mir«, wiederholte der Graf, »und ich weinte ihr keine Träne nach. Ich sah in ihr nur den Grund für meine Sorgen und Gewissensbisse. Doch ich wurde hart bestraft. Die ersten Hinweise,

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