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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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hatte, nur weniger schwungvoll und leidenschaftlich, sondern sachlich und mit äußerster Beherrschung, so als spreche er vom Schicksal eines Dritten und nicht von der eigenen leidvollen Erfahrung.
    Ganz sachlich legte er auch dar, daß er auf den Grafen und Madame Gerdy nicht rechnen könne, wenn es gelte, seine durch die Briefe gewonnene Vermutung durch Beweise zu untermauern, da beide ein Interesse daran haben mußten, die Wahrheit zu verheimlichen. Einzig die Amme, Madame Lerouge, die ihm immer zugetan gewesen sei und die sicherlich am Ende ihres Lebens glücklich gewesen wäre, ihr Gewissen zu erleichtern, hätte Aussagen von objektivem Wert machen können. Nun, da sie tot sei, wären die Briefe nur noch wertloses Papier.
    Ausführlicher, als er das Tabaret gegenüber getan hatte, berichtete er über seine Auseinandersetzung mit Madame Gerdy vor ihrem Zusammenbruch, die zunächst die Vertauschung der Kinder heftig abgestritten habe, dann aber, nachdem er nicht lockergelassen hatte, zusammengebrochen sei und ein Geständnis abgelegt habe. Dieses Geständnis aber hätte sie sogleich danach widerrufen und ihm erklärt, ihrem Sohn unter allen Umständen Namen und Vermögen erhalten zu wollen, und müßte sie auch das Blaue vom Himmel herunter lügen. Nach der Auseinandersetzung, so meinte Noël, hätten sich auch die ersten Anzeichen der Krankheit bemerkbar gemacht, die Madame Gerdy nun für immer niedergeworfen hatte.
    Noël setzte den Untersuchungsrichter auch von seinem Besuch bei Albert de Commarin ins Bild. Daß er sich dabei in einige nebensächliche Widersprüche verwickelte, nahm Daburon kaum zur Kenntnis, zumal er sehr davon angetan war, daß Noël nichts Ungünstiges über den jungen Grafen aussagte und im Gegenteil darauf verwies, welch einen günstigen Eindruck er von diesem gewonnen hatte. Der Unmut, mit dem Albert zunächst seine Eröffnungen aufgenommen habe, sei nur zu verständlich und ändere im übrigen nichts an dem Charakter dieses noblen und gutherzigen Mannes, der bereit sei, sein, Noëls Recht zu respektieren.
    Daburon saß reglos da, scheinbar unbeteiligt, und doch ging ihm kein Wort Noëls verloren. Als Noël seinen Bericht beendet hatte, sagte er nur: »Und Sie haben mir erklärt, daß niemand an dem Tode der Witwe Lerouge interessiert gewesen sei.« Und als Noël darauf schwieg, fuhr er fort: »Ist Ihnen denn nicht klar, daß der junge Graf durch Ihre Einlassungen in schweren Verdacht gerät? Madame Gerdy kann nicht vernommen werden, der alte Graf wird alles ableugnen, Ihre Briefe sind wertlos, wenn Madame Lerouge nicht mehr lebt ...« Absichtlich ließ er den Satz unvollendet.
    Daburon kamen leichte Zweifel, ob Noël ehrlich war in seiner Haltung oder ob er nur den Edelmütigen spielte.
    War es denkbar, daß ein gewitzter Anwalt wie sein Gegenüber nie den Verdacht gehabt hatte, daß Albert am Tod der Lerouge das größte Interesse haben müßte?
    Â»Ich weiß, worauf Sie anspielen«, sagte Noël unbefangen. »Aber warum hätte Albert sich fürchten oder um seine Stellung zittern sollen? Ich habe ihm nicht gedroht, habe ihm nur die Tatsache unterbreitet und ihm die Entscheidung überlassen.«
    Â»Hat er um Bedenkzeit gebeten?«
    Â»Ja. Ich habe ihm auch zu verstehen gegeben, ein gemeinsamer Besuch bei Madame Lerouge könne alle Zweifel zerstreuen. In dem Punkt scheint er mich aber nicht ganz verstanden zu haben. Er war übrigens mit der alten Frau gut bekannt, hat sie oft mit seinem Vater besucht. Inzwischen habe ich auch erfahren, daß der Graf sie reichlich mit Geld unterstützte.«
    Â»Und das hat Ihnen nicht zu denken gegeben?«
    Â»Warum?«
    Â»Und warum, glauben Sie, wollte Albert de Commarin Sie nicht zu Madame Lerouge begleiten?«
    Â»Er wollte zunächst mit seinem Vater über alles sprechen. Der war nämlich auf Reisen.«
    Nun hatte Daburon nicht mehr den leisesten Zweifel an der Gutgläubigkeit des Zeugen, und sein Zutrauen wurde noch unterstützt, als Noël sagte: »Mir war es angenehm, daß Albert zunächst mit seinem Vater sprechen wollte. Solch delikate Angelegenheiten bereinigt man am besten in der Familie. Außerdem wollte ich nichts als eine freundschaftliche Regelung. Glauben Sie mir, Herr Richter, ich würde in dieser Sache nur äußerst ungern vor Gericht gehen.«
    Â»Sie

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