Der Fall von Katara
aber ziemlich alt“, folgerte Erek.
„Ich muss doch sehr bitten! Ich bin nicht alt. Ich bin unter den Flottenanführern sogar das Nesthäkchen. MTA-485-Triplex ist schon dreizehn Klores-Jahre alt und noch kein bisschen weiser“, meinte MSG-176-Simplex scherzhaft. Erek schaute den anderen Mayoren zu seiner linken an, konnte aber keinen Altersunterschied feststellen.
„Wie bitte? Was muss ich hier mitbekommen? Ich weiß, dass ich der Weiseste von uns allen bin?“, entflammte plötzlich MTA-485-Triplex, der Ereks telepathischen Dialog mit dem Kommodore schon längere Zeit verfolgt hatte und immer sehr empfindlich reagierte, wenn man schlecht über ihn dachte.
„Du hast aber beim letzten Intelligenztest nicht so gut abgeschnitten“, sagte MSG-176-Simplex, um ihn weiter anzufeuern.
„Weil ich fünfzig Jahre lang eingefroren war und frisch nach dem Auftauen zum Test musste“, erhitzte sich MTA-485-Triplex unnötig.
„Der Test war ein Monat nach deinem Auftauen“, erinnerte sich MSG-176-Simplex.
„Du brauchst aber auch immer einen Monat, bis du nach dem Auftauen wieder in die Gänge gekommen bist, oder nicht?“, meinte MTA-485-Triplex.
„ Ich brauche aber nur einen Terra-Monat, und du brauchst einen Klores-Monat zum Wachwerden“, bemerkte MSG-176-Simplex spöttisch.
„Diese blöden Intelligenztests sagen doch nichts über die Weisheit aus“, dachte MTA-485-Triplex, innerlich lodernd.
„Für mich sind das alles Ausreden. Wer hat sich diese komischen Intelligenztests überhaupt ausgedacht? Das warst du doch?“, dachte MSG-176-Simplex zurück.
Die leuchtend roten Augen von MTA-485-Triplex flackerten stroboskopisch schnell auf. Das war ein klares Indiz dafür, dass er kurz vor dem Explodieren war. Er wurde bis aufs Äußerste gereizt und hatte das Gefühl, als würde sein Körper in den vierten Aggregatszustand übergehen. MTA-485-Triplex griff in seine Hosentasche und holte ein Beruhigungsbonbon für besonders schwere Fälle heraus. Mit zitternden Handschuhen und blinkenden Augen versuchte er, das verklebte Bonbonpapier aufzuwickeln.
„Ich wollte doch nur ein bisschen Spaß machen“, entschuldigte sich MSG-176-Simplex.
„Diesen naiven Humor kann ich aber nicht nachvollziehen“, entgegnete MTA-485-Triplex.
„Na gut. Ich höre jetzt auf damit“, versprach MSG-176-Simplex ihm und machte zu Erek ein Handzeichen mit der Bedeutung, dass MTA-485-Triplex sehr reizbar wäre und man vorsichtig mit dem sein sollte, was man im vorderen Hirnbereich dachte.
„Das habe ich ganz genau gesehen. Ich bin noch nicht blind“, echauffierte sich MTA-485-Triplex mit hochrotem Gesicht, während ihm das Beruhigungsbonbon auf den Boden fiel und in tausend Zuckerstücke zerbrach.
„Puh! Hoffentlich sind wir endlich da. Ganz schön heiß hier. Kann es sein, dass die Klimaanlage kaputt ist?“, überlegte sich Zardosch. Er saß direkt neben MTA-485-Triplex und spürte dessen starke Körperwärme. Zardosch bekam von alledem nichts mit, weil er mit MAX-389-Polyplex über eine Abwehrstrategie nachgedacht hatte. Die Hyper-TSBs hatten einen Unwichtigkeitsfilter integriert, der automatisch uninteressante Gedanken der anderen „Gedankenteilnehmer“ oder auch nicht-essentielle Hintergrundgedanken auf ein Minimum reduzieren konnte. Die Hyper-TSBs waren auch unbeschreiblich leicht zu bedienen und hatten mehrere hochkomplizierte Filtersysteme eingebaut. So konnte sich Zardosch ungestört mit seinem Sitznachbarn unterhalten, ohne die Gedanken der anderen mitbekommen zu müssen. Darüber war er so begeistert, dass er die neue Tele-Sonnenbrille am liebsten nicht mehr zurückgeben wollte. Sogar unter der Erde funktionierten die Hyper-TSBs einwandfrei, weil ständig aktuelle Daten des militärischen Abschirmdienstes in der Statusanzeige erschienen, obwohl der Schwerlastaufzug sehr gut abgeschirmt war.
Die neuen Spezialbrillen der Mayoren waren ein Meisterwerk der Technik. Ihr Gewicht musste jedoch noch etwas reduziert werden. Zardosch versuchte nun, sich zu orientieren. Nach dem Verkehrsplan zu urteilen, der in die Statusanzeige eingeblendet wurde, sollten sie in ungefähr zehn Minuten ihr Ziel erreicht haben. Es kreisten etliche von diesen Gratis-Schwebeaufzügen in Nigidu herum. Sie waren ein Segen für die Bevölkerung, weil die zerstückelten Verkehrswege in dieser geheimen Stadt nichts anderes als ein nervenaufreibendes Puzzle darstellten. Man musste sich durchaus ein bisschen konzentrieren, wenn man nicht ganz woanders
Weitere Kostenlose Bücher